Thema: Rohrpostbelege
cartaphilos Am: 03.10.2011 12:00:22 Gelesen: 1304443# 712@  
@ DerLu [#711]

Danke für diesen Literaturhinweis.

Meine Meinung ist ganz eindeutig: Wenn es bedarfsmäßige Verwendungen dieser Karte gibt, dann, weil es Sammler gab, deren Bedarf darin bestand, diese Karte auch gebraucht in ihrer Sammlung zu besitzen. Bedarfsmäßig ist in diesem Fall in aller Regel und ohne jede Illusion 'sammlerbedarfsmäßig gebraucht'.

Alle mir bekannten Karten weisen nur kurze (Sammler)-Grüße auf, und auch die, die so aussehen, als seien sie zu 'höherem Zweck' mit einer 'echten' Nachricht beschriftet worden, sehen eben nur so aus.

Die soeben bei Mohrmann verkaufte Karte ist nur scheinbar eine Geschäftskorrespondenz: Da haben sich zwei philatelistisch interessierte Versicherungsmenschen eine solche Karte mit einem rohrposttypischen, maschinenschriftlich angebrachten Text zugeschickt, wonach eine Verabredung heute nicht eingehalten werden könne und abgesagt werden müsse und dies zu einer Zeit, als ein Ortsgespräch 5 oder 10 Pfenning kostete und die beiden Geschäftsleute sicherlich auch telefonisch erreichbar waren.

Die Karte vom 26. Oktober 1942 von Charlottenburg 9 nach Charlottenburg 4 ist handschriftlich ausgefüllt und schlägt eine Verabredung am 4. November 1942 vor. Auch das wäre billiger per Ortskarte zu 5 Pf zu erreichen gewesen.

Weshalb nicht mehr Sammler solche Karten haben laufen lassen, hängt wohl mit der allgemeinen Preisentwicklung, dem faktischen Absinken der Reallöhne und einem vielleicht auch nachlassenden Sammlerinteresse angesichts des heftiger werdenden Krieges zusammen. Zudem: diese Karte kostete damals etwa einen durchschnittlichen Stundenlohn. Ein Brot kostete 1942 39 Pfenning, ein Bier ebenso und auch ein Liter Benzin.

55 Pfenning waren also zuviel für Hitler in Rot auf Rohrpostkarte. Und außerdem, was kaum jemand heute noch weiß: Hitler kassierte jedes Jahr einen millionenschweren Scheck von der Deutschen Reichspost für die Genehmigung der Verwendung seines Portraits auf den Briefmarken.
 
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