Thema: Haben wir Briefmarkensammler eine Lobby ?
drmoeller_neuss Am: 25.10.2011 12:42:06 Gelesen: 52877# 17@  
Ich versuche es noch einmal - ich glaube, Lars hat aufgegeben.

Vorneweg: ich bin einfaches BDPh-Mitglied und auch nicht mit allem grün, was der Verband so tut.

Zum Thema Briefmarken als Geldanlage:

Es gibt viele Aspekte für und gegen eine bestimmte Geldananlage. Die meisten Anleger schielen auf die Redite. Meines Erachtens ist diese Einseitigkeit gefährlich. Inflationssicherheit und Flexibilität (d.h. wie schnell kann ich meine Geldanlage wieder in Bargeld wandeln) spielen auch eine grosse Rolle. Wie hoch ist das Risiko eines Totalverlustes? Nun bei Bundesschatzbriefen ist es sehr gering. Die werden bei der Bundesschuldenverwaltung online und ohne Spesen verwaltet. Das der Staat pleite geht, ist sehr unwahrscheinlich. Immobilien lassen sich wenigstens gegen Feuer und Erdbeben versichern, nicht aber gegen Mietnomaden. Briefmarken kann man auch gegen Feuer und Diebstahl versichern. Allerdings gibt es noch keine Versicherung gegen Altersschäden wie Bleisulfidschaden oder Pilzbefall.

Und nun zu den Transaktionskosten:

Festgeld und Geldmarktfonds: 0-5%
Aktien und Aktienfonds: 2-7% (Bankspesen)
Immobilien: 5-10% (Steuer, Notar, ggf. Makler)
Briefmarken: 15-30% (Verkaufsprovision)

Von dieser Warte aus schneiden Briefmarken als Kaptitalanlage sehr schlecht ab. Der letzte Aspekt ist der steuerliche. Gewinne aus dem Verkauf von Sammlungen müssen genau wie das unentgeltliche Übertragen (= Erben, schenken) versteuert werden. Nun gibt es selbst für absolut steuerehrliche Menschen bei der Wertschätzung ein Spielraum, und Gutachter müssen grundsätzlich vorsichtig, d.h. niedrig schätzen. Manch ein denkt an dieser Stelle: woher weiss überhaupt das Finanzamt, das mein Enkel die sammlung bekommen wird? Wenn alles im Stillen abläuft, trifft das wohl zu. Dann ist der Fiskus der Dumme. Es gibt übrigens kein Medium, dass wie die Briefmarke so eine hohe Geld/Wertdichte aufweisst. Ein 50 Quadratzentimeter grosses Papier kann einen 500-EUR Schein darstellen oder zusammengestückelt klassische Marken im hundertfachen Wert. Wer in die Notlage gerät, unauffällig grosse Vermögen verschieben zu müssen, ist mit dem Medium "Briefmarke" bestens bedient - vielleicht ist das auch ein Grund, warum klassische Briefmarken immer noch Spitzenpreise erzielen? Ein Schelm, wer böses dabei denkt.

Was kann der Verband machen?

Der BDPh muss neutral bleiben. Er kann nicht Ratschläge erteilen, welche Sammelgebiete lohnend sind und welche nicht (auch der BDPh hat keine Kristallkugel und weiss, was in 20 Jahren gesammelt wird). Der Verband kann nur gegen Fälschungen warnen. Oder einmal auf ein anderes Beispiel: Du spielst zu viel Tennis und bekommst einen Tennisarm. Hätte Dich dann der Tennisverband vor dem Tennisspielen warnen müssen?

Übrigens: Schön gestempelte Eckrandstücke begeistern mich auch. Ich weiss aber auch, dass Sammler in Asien dafür kein Verständnis haben und die Ränder einfach abtrennen, da die Marke dann weniger Platz im Album wegnimmt :-(

Manchmal hat man Glück. Was würde erwin58 von Sieger schreiben, wenn er statt Maximumkarten eine Motivsammlung "Jahr des Kindes" abonniert hätte? Die chinesischen Marken daraus werden inzwischen zu fünfstelligen Eurobeträgen gehandelt. Ich hatte auch das Glück, Ende der 80er in Hongkong ein paar bunte chinesische Blocks kaufen zu können. Dagegen ist der Bund-Jahrgang aus der gleichen Zeit 90% weniger wert. Ich sehe das als Hobby, und Hobbies kosten nun mal überwiegend Geld.

Wie bereits geschrieben, sehe ich die Entgegennahme von Spenden für die allgemeine Verbandsarbeit auch kritisch. Ob solche geflossen sind oder nicht, kann man nur mutmassen, da der BDPh in dieser Frage wie ein Geheimbund agiert. Eine Veröffentlichung der Eckdaten des Haushaltes und der Struktur würde allen Gerüchten den Wind aus den Segeln nehmen. Natürlich gibt es keine rechtliche Verpflichtung dazu. Die Bahn veröffentlicht ja auch keine Statistiken über die Pünktlichkeit ihrer Züge. Das machen dafür andere Organisationen, die sich Problemzüge herauspicken, und damit beweisen, dass alles unpünktlich fährt.

Übrigens haben weniger betuchte Sammler die Gelegenheit, in der "Philatelie" eine kostenlose Tauschanzeige aufzugeben. Und zum Thema Fälschungsbekämpfung macht der BDPh eine ganze Menge. Jedenfalls hat sich Lars hier genügend Feinde geschaffen.
 
Quelle: www.philaseiten.de
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