Thema: Japan: Gefälligkeitsstempel von 1885 ?
ragiko Am: 02.11.2011 13:11:09 Gelesen: 8498# 1@  
Japan begann 1871 mit der Ausgabe von Briefmarken, rund 30 Jahre später als England. Zu dieser Zeit wurden in Europa bereits Briefmarken gesammelt. So scheint es denkbar, dass schon Marken von 1875 am Postschalter auf Wunsch eines Europäers auf China- oder Japanbesuch kurz vor Ablauf der Kurszeit, nämlich 1885, abgestempelt wurden. Bekannt sind solche Marken, die mit einem Lateinschriftstempel in Tokyo (nur das Datum 17.APR.1886 ist nachgewiesen) oder auf der Internationalen Jap. Postagentur (IJPA) Shanghai 1885 entwertet wurden (siehe Abb.).



All diesen offenbar am Schalter abgestempelten Marken ist gemeinsam, dass es sich um sauber abgeschlagene Vollstempel handelt und die Marken, trotz abgewaschener Gummierung, keine Spuren postalischer Verwendung aufweisen. Was läge näher, als hierin sehr frühe Gefälligkeitsstempel zu sehen ?

Allerdings gibt es auch gewichtige Argumente, die gegen diese Theorie sprechen. Zu dieser Zeit war es auch in Europa noch kaum Brauch, irgendwelchen Marken am Schalter Gefälligkeitsstempel zu verpassen. Überdies wurden seinerzeit gebrauchte Marken zwar gesammelt, im Vergleich zu ungebrauchten aber als minderwertig angesehen, weshalb eine Abstempelung ungebrauchter Marken wenig Sinn ergäbe. Und schließlich waren zu der Zeit, die der Stempel angibt, bereits die Marken der nachfolgenden Dauerserie knapp zehn Jahre lang in Gebrauch, so dass die Ausgaben von 1875 vermutlich am Schalter längst nicht mehr verkauft wurden. So geht man heute in Japan davon aus, dass möglicherweise Restbestände der alten Marken mit einem solchen Stempel entwertet wurden, so wie man alte Banknoten durch Lochungen entwertet, um Missbrauch zu verhindern.

Leider wurden durch das große Erdbeben von 1923 auch zahlreiche Dokumente aus dem Archiv der japanischen Post zerstört, so dass man keine Verordnung hinsichtlich der Entwertung restlicher alter Marken findet, aber in Japan nennt man heute diese Postschalterstempel "remainder cancels" (Entwertung von Restbeständen), wobei jedoch auch die Spezialkataloge annotieren, dass über diese Art von Abstempelungen nichts Genaues bekannt ist. Auf jeden Fall dürften die Restbestände nicht sehr groß gewesen sein, denn diese Stempel sind heute nur schwer zu finden und auch in fortgeschrittenen, gut bestückten Altjapan-Sammlungen selten anzutreffen.
 
Quelle: www.philaseiten.de
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