Thema: Rohrpostbelege
cartaphilos Am: 04.11.2011 10:47:15 Gelesen: 1296047# 719@  
Guten Morgen DerLu [#718],

die ungefähren Daten für die zeitliche Zuordnung der Umschläge habe ich der Entwicklung der Typographie entnommen. Die ersten Umschläge zeigen noch eine an der Antiqua orientierte Typographie mit stark ornamental verspielten Anfangsbuchstaben. Hier ist noch klassische Buchdruckertradition zu erkennen, die durch die zur 'Deutschen Schrift' hochstilisierten Fraktur seit den 1890er Jahren abgelöst wird. Es ist die Zeit, in der das Kaiserreich nach der angemessenen kulturellen Selbstrepräsentation sucht, die sich beispielsweise in den Briefmarken seit 1900 dann im Bild der die Kaiserkrone tragenden Germania zeigt.

Erst durch Hitlers sogenannten 'Schrifterlaß' wird die Fraktur als 'deutsche Schrift' wieder in Mißkredit gebracht und Briefmarken wie Ganzsachen und alle anderen Dokumente der Reichspost werden wieder in Antiqua gedruckt.
Für jene Nazifreaks, die hier zufälligerweise landen und glauben, die Fraktur sei die 'einzig wahre doitsche Schrift', im Folgenden der Erlaß vom 3.1.1941, der für die Gestaltung der Briefmarken so einschneidend wurde:

"Stabsleiter, z. Zt. Obersalzberg, den 3.1.41

R u n d s c h r e i b e n (Nicht zur Veröffentlichung)

Zur allgemeinen Beachtung teile ich im Auftrag des Führers mit:

Die sogenannte gotische Schrift als eine deutsche Schrift anzusehen oder zu bezeichnen ist falsch. In Wirklichkeit besteht die sogenannte gotische Schrift aus Schwabacher Judenlettern. Genau wie sie sich später in den Besitz der Zeitungen setzten, setzten sich die in Deutschland ansässigen Juden bei Einführung des Buchdrucks in den Besitz der Buchdruckereien und dadurch kam es in Deutschland zu der starken Einführung der Schwabacher Judenlettern.

Am heutigen Tage hat der Führer in einer Besprechung mit Herrn Reichsleiter Amann und Herrn Buchdruckereibesitzer Adolf Müller entschieden, dass die Antiquaschrift künftig als Normal-Schrift zu bezeichnen sei. Nach und nach sollen sämtliche Druckerzeugnisse auf diese Normal-Schrift umgestellt werden. Sobald dies schulbuchmässig möglich ist, wird in den Dorfschulen und Volksschulen nur mehr die Normal-Schrift gelehrt werden.

Die Verwendung der Schwabacher Judenlettern durch Behörden wird künftig unterbleiben. Ernennungsurkunden für Beamte, Strassenschilder u. dergl. werden künftig nur mehr in Normal-Schrift gefertigt werden.

Im Auftrage des Führers wird Herr Reichsleiter Amann zunächst jene Zeitungen und Zeitschriften, die bereits eine Auslandsverbreitung haben, oder deren Auslandsverbreitung erwünscht ist, auf Normal-Schrift umstellen.

gez. M. Bormann"

So erklärt sich auch, weshalb RP25 in Fraktur, RP26 jedoch in Antiqua gesetzt wurde.

einen schönen Tag noch
 
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