Thema: Numismatik in der Presse (Dauerthema)
Richard Am: 28.06.2009 22:46:38 Gelesen: 6689# 3@  
Münzen für fünf Millionen Euro

Von Jürgen Stock

Rheinische Post, Osnabrück (23.06.09) - In Osnabrück beginnt heute eine spektakuläre Versteigerung alter Münzen. Darunter ist auch der "Münzschatz von Herborn" aus dem Jahr 1622, der 25 Jahre nach dem Fund komplett veräußert wird.

1984 entdeckte Friedhelm Scholl bei Renovierungsarbeiten in seinem Herborner Fachwerkhaus beim Aufstemmen einer Wand einen alten Tonkrug. Darin lagen, zu Klumpen verschmolzen, 1056 Gold- und Silbermünzen. 25 Jahre später bieten seine Erben ab heute einen der spektakulärsten Münzfunde aus dem 17. Jahrhundert auf der größten Münz–auktion in Osnabrück zum Verkauf an. Der Schätzwert des Schatzes beträgt 46 000 Euro.

Gemessen am Gesamtvolumen der Versteigerung von mehr als fünf Millionen Euro ist das nicht viel. Allein der goldene Gnadenpfennig, den der polnische Kaiser Sigismund III. persönlich für eine von ihm verehrte Dame anfertigte, soll mindestens 50 000 Euro bringen. "Aber der Herborner Schatz ist deshalb so außergewöhnlich, weil nur ganz selten einmal ein kompletter Fund zur Versteigerung gelangt", erläutert Andreas Kaiser (36) vom Osnabrücker Auktionshaus Künke.

Den promovierten Historiker, der bis Freitag den Auktionshammer über rund 5000 Lose schwingen wird, fasziniert aber mindestens ebenso die geschichtliche Bedeutung des Fundes. Vermutlich hatte der Hausbesitzer die Münzen im Jahre 1622 versteckt. Er muss wohl kurz darauf gestorben sein, ohne seinen Nachfahren etwas von dem Vermögen erzählt zu haben. Immerhin entsprachen die Münzen einem Gegenwert von 77 Zentnern Weizen oder drei Jahreslöhnen eines Schreinermeisters.

1622 hatte der 30-jährige Krieg nach mehr als vierjähriger Dauer das in der Grafschaft Naussau-Dillenburg gelegene Herborn zwar noch nicht direkt erreicht. Die Kriegswirren hatten jedoch eine allgemeine Krisenstimmung in Mitteleuropa ausgelöst. Zudem verarmten die Menschen durch eine Inflation. In den Geschichtsbüchern hat die Phase von 1618 bis 1623 als "Kipper- und Wipperzeit" ihren Niederschlag gefunden.

Weil die Landesfürsten zur Bezahlung ihrer Söldnerheere und zur Finanzierung ihrer luxuriösen Hofhaltung mehr Gold und Silber benötigten, als die eigenen Minen hergaben oder aus dem Ausland importiert werden konnte, kamen sie auf die Idee, den Münzen billiges Kupfer zuzusetzen. Das taten in kleinerem Maßstab auch viele Münzfälscher, die die Ränder von Münzen beschnitten ("Kipper") oder beim Abwiegen der Münzen betrogen ("Wipper"). "Auch viele der damals in Herborn versteckten Münzen hatten einen niedrigeren Gold- oder Silbergehalt", berichtet Kaiser. Unter den Geldstücken befinden sich Goldgulden, Silbertournosen mit dem Bild Landgraf Philipps des Großmütigen, Heller, Batzen, spanische und französische Kronen. Älteste Münze ist ein Pfennig von 1150.

Bei professionellen Münzsammlern dürfte die Versteigerung des vierten Teils der Sammlung des schwedischen Freiherrn Bonde für noch größeres Aufsehen sorgen. Im vergangenen Jahr wurden in Osnabrück für Stücke aus der Kollektion bei einem Schätzwert von 500 000 Euro 1,7 Millionen Euro erzielt. Zudem haben sich über 30 Bieter aus Russland angesagt. Ihr Interesse gilt dem teuersten Einzelstück: einer 25-Rubel-Münze für 100 000 Euro.

(Quelle: http://nachrichten.rp-online.de/article/panorama/Muenzen-fuer-fuenf-Millionen-Euro/43112)
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/40
https://www.philaseiten.de/beitrag/43287