Thema: Numismatik in der Presse (Dauerthema)
Richard Am: 30.08.2009 19:45:06 Gelesen: 6616# 4@  
Silbertaler von 1693 lag in der Ems

Von Klaus Dierkes

Westfälische Nachrichten, Rheine (27.08.09) - Rumpelnd quält sich das schwere Fuhrwerk durch die Furt unterhalb des Falkenhofes. Die beiden Schimmel legen sich schwer ins Zeug, aber allein schaffen sie es nicht. Fluchend springen die Männer vom Bock und stemmen sich hinter den mit Stoffen, Metallwaren und Hausrat aller Art beladenen Wagen. Auch Kaufmann Johann Siepenkötter muss selbst mit in die Speichen greifen, damit Fuhrwerk und Ladung wohlbehalten ans Ufer kommen. Geschafft! Schnaufend klopft der Kaufmann sich den schweren Wollmantel aus. Und erstarrt: Seine Börse! Sie ist weg! Der Lederbeutel mit den Silber- und Kupfermünzen muss ihm irgendwo auf der Emsfurt aus der Tasche gefallen sein... Welch ein Verlust!

300 Jahre später tauchen einige der Münzen, die Kaufmann Johann Siepenkötter damals verloren hat, wieder auf. Gefunden hat sie der Rheinenser Martin Wichmann. Seit über zehn Jahren sucht der Frührentner in der Ems nach alten Münzen, immer im Sommer, wenn Niedrigwasser herrscht. Die Szene mit Kaufmann Siepenkötter ist zwar erfunden. Aber so oder so ähnlich könnte es sich abgespielt haben. Eine der Fundmünzen trägt das Datum 1693. „Das ist eine Silbermünze, ein Zwölftel Reichstaler“, weiß Martin Wichmann. „Der ist schon was Besonderes.“ Eine andere Münze scheint, die Wichmann gefunden hat, scheint noch älter zu sein. „Die ist so dünn wie ein Haar und muss erst mal gereinigt werden“, so der Münzsucher

Nicht ganz so alt ist das österreichische Zwei-Pfennig-Stück aus dem Jahre 1875. Auch einige amerikanische Cent-Stücke hat Wichmann gefunden. „Die haben wahrscheinlich amerikanische Soldaten Ende des Zweiten Weltkriegs in der Ems verloren“, vermutet er. Auch einige deutsche Münzen aus der NS-Zeit hat Wichmann gefunden. „Die sind relativ häufig, aber man muss Glück haben, wenn man eine gut erhaltene findet, weil die Kupfer-Nickel-Legierung schnell oxydiert“, weiß der Münzsammler.

Ein gutes Dutzend Münzen hat Wichmann in nur drei Tagen aus der Ems geholt. Inzwischen umfasst seine Sammlung mehr als 200 Münzen, Uniformknöpfe oder Munitionsreste. Die meisten Stücke sind vom Zahn der Zeit stark angenagt. Inschriften und Daten sind oft erst zu entziffern, wenn die Münzen im Zitronensäurebad gereinigt wurden.

Wo genau er immer wieder fündig wird, will Martin Wichmann nicht verraten. Es könnten ja noch andere auf die Idee kommen... Aber ein Zuckerschlecken ist die Münzsuche in der Ems ohnehin nicht. Stundenlang steht Wichmann im Wasser und tastet mit bloßen Händen unter den Steinen herum. Einen Metalldetektor hat er nicht. „Manchmal liegt da auch Glas herum, da kann man sich böse verletzten“, weiß der Münzsucher aus eigener leidvoller Erfahrung. Und wenn man seine zerschundenen Fingerkuppen sieht, glaubt man ihm aufs Wort. Auch vor einigen Bombentrichtern in der Ems müsse man sich in Acht nehmen.

Dennoch treibt das Schatzsucherfieber Wichmann immer wieder in die Ems. Eines Tages, so hofft er, gelingt ihm vielleicht noch der ganz große Fund. „Eine Goldmünze vielleicht, das wär schon was.“



Einen silbernen Reichstaler aus dem Jahr 1693 hat Martin Wichmann in der Ems gefunden.
(Foto: Klaus Dierkes)

(Quelle: http://www.westfaelische-nachrichten.de/lokales/kreis_steinfurt/rheine/1113529_Silbertaler_von_1693_lag_in_der_Ems.html)
 
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