Thema: Geldanlage: Wie sinnvoll ist der Kauf von Goldmünzen ?
Richard Am: 26.03.2009 21:04:57 Gelesen: 4290# 1@  
Im Gespräch: Graham Tuckwell

„Goldmünzen kaufen ist Unsinn“

Frankfurter Allgemeine Zeitung, FAZ (19.02.09) - 2004 hat Graham Tuckwell den ersten Gold-ETC, eine mit dem Edelmetall hinterlegte Schuldverschreibung, an die Börse gebracht. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise verzeichnet diese Produktgattung Rekordzuflüsse.

In dieser Woche strebt der Goldpreis wieder auf die Marke von 1000 Dollar zu. Wird er in der kommenden Zeit noch weiter steigen, oder ist das Ende der Fahnenstange bald erreicht?

Unglücklicherweise sehe ich den Goldpreis noch sehr viel stärker steigen. Ich sage "unglücklicherweise", weil der Goldpreis ein Spiegel dessen ist, was im Moment im Finanzsystem passiert. Schon immer haben Menschen Gold als eine Versicherung in turbulenten Zeiten oder auch als eine Art Notfallwährung gesehen. In Krisenzeiten wie diesen treten diese Aspekte wieder in den Vordergrund.

Welche Faktoren sind es, die eine Investition in Gold für viele Anleger im Moment wieder attraktiv machen?

Im Moment haben die Notenbanken wieder die Notenpresse angeworfen, was zu Inflation führen könnte, wenn die Konjunktur erst wieder anspringt. Edelmetall lässt sich hingegen nicht einfach beliebig vervielfältigen.

Wo sehen Sie den Goldpreis denn mittelfristig?

In ein bis zwei Jahren wird der Goldpreis bei 1500 bis 2000 Dollar stehen.

Dabei war er im Herbst doch wieder auf weniger als 700 Dollar abgesackt ...

Im vergangenen halben Jahr haben wir drei unterschiedliche Schritte im Markt beobachten können: Im Herbst haben die Investoren Gold verkauft, weil sie flüssige Mittel brauchten. Das dauerte aber nur einen Monat. Im zweiten Schritt haben die Anleger Gold gekauft, weil sie ihr Vertrauen in andere Anlageklassen, vor allem in Aktien, verloren hatten. Im Moment werden die Investitionen von der Suche nach einem sicheren Hafen motiviert. Wenn die Wirtschaft wieder anzieht und die Deflationsängste verflogen sind, werden sich die Menschen im nächsten Schritt Gold als Inflationsschutz zulegen. Der Goldpreis bewegt sich in weitaus längeren Zyklen als andere Metalle.

Wie kommt das?

Bei der Bildung des Goldpreises ist die Angebotsseite praktisch zu vernachlässigen, weil sie den Preis nicht so stark beeinflusst. Das Goldangebot ist sehr unelastisch und hat sich im Laufe der Jahre kaum verändert. Das heißt, dass der Preis vor allem von der Nachfrage bestimmt wird. Auf der Nachfrageseite kommen zwei Aspekte zusammen: einmal die industrielle Nachfrage, vor allem die Schmuckindustrie, die in der jüngeren Vergangenheit wegen der Rezession eher negativ war, und die Nachfrage der Finanzinvestoren.

Warum hat der Goldpreis gerade jetzt wieder so zugelegt?

Das amerikanische Konjunkturpaket wurde zum Beispiel von der Börse sehr schlecht aufgenommen. Diese Unsicherheiten haben den Goldpreis auf der anderen Seite nach oben getrieben.

Was hat Ihr Interesse am Gold geweckt?

Mich fasziniert, dass ein Rohstoff wieder Auftrieb bekommt, der lange Zeit fast vergessen war. Von den frühen achtziger Jahren bis Anfang des neuen Jahrtausends hat sich der Goldpreis eher seitwärts oder sogar leicht nach unten bewegt.

Was sind die Vor- und Nachteile einer Investition in Gold?

Der Nachteil von einer Goldinvestition war immer, dass man sich einen Tresor anschaffen oder zumindest anmieten musste, um das Edelmetall zu lagern. Außerdem müssen Anleger, die Gold physisch erwerben, hohe Aufschläge der Banken oder Handelshäuser in Kauf nehmen. Goldmünzen haben außerdem den Nachteil, dass die Prägekosten ziemlich hoch sind, so dass der Preis einer Münze häufig 5 bis 10 Prozent über dem eigentlichen Goldpreis liegt. Durch Exchange Traded Commodities (ETC) sind diese Nachteile unterbunden. Dort spiegelt sich wirklich der Marktpreis des Goldes.

Aber hat man kein Emittentenrisiko? Schließlich sind ETCs letztlich Schuldverschreibungen.

Da kommt es aber immer auf das Produkt an. Bei dem Produkt, das wir zusammen mit dem World Gold Council entworfen haben, haben wir sehr genau darauf geachtet, das Emittentenrisiko auszuschalten.

Aber was passiert, wenn ich einen Ihrer ETCs kaufe und das Unternehmen geht pleite?

Das spielt für den Investor keine Rolle, denn seine erworbenen Papiere sind mit physischem Gold hinterlegt, das ihm in jedem Fall zusteht. Das Unternehmen ermöglicht nur, dass die Papiere an der Börse gehandelt werden können.

Wer kauft vor allem Gold-ETCs?

Sowohl Privatanleger als auch institutionelle Investoren. Wer als Käufer bislang noch keine Rolle spielt, sind die Pensionsfonds. Es ist bemerkenswert, dass die Nachfrage so stark gestiegen ist, obwohl die größten Spieler im Markt das Gold noch gar nicht für sich entdeckt haben. Wir glauben, dass die Pensionsfonds langsam anfangen, in diesen Markt einzusteigen. Das wird den Goldpreis dann erst recht treiben.

Könnte es zu Knappheiten auf dem Goldmarkt kommen?

Nein, zu Lieferengpässen kommt es eigentlich nur beim Kauf von kleinen Goldbarren oder -münzen. Das liegt dann nicht an den Produktionsengpässen in den Minen, sondern an den limitierten Prägekapazitäten, die der Anleger teuer bezahlt. Deswegen ist es meiner Ansicht nach auch Unsinn, sich Goldmünzen in den Keller zu legen. Auf dem Goldmarkt haben wir noch nie Knappheiten gesehen, weil der Preismechanismus hier sehr gut funktioniert. Die Preise steigen einfach so lange, bis die Nachfrage das Angebot trifft.

Das Gespräch führte Judith Lembke.

(Quelle: http://www.faz.net/s/Rub58BA8E456DE64F1890E34F4803239F4D/Doc~E31785B6564854A828BCE5A1C35D3FE61~ATpl~Ecommon~Scontent.html)
 
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