Thema: Numismatik in der Presse (Vereine)
Richard Am: 12.01.2010 19:29:43 Gelesen: 12969# 5@  
Der wahre Münzfreundschätzt kulturelle Werte - Sehnsucht nach soliden Anlagen lässt Menschen kaum zu Numismatikern werden

Von Ronny Schilder

Stollberger Zeitung, Stollberg/Meinersdorf (06.01.10) - Geld bewegt die Welt. Ob plötzlich in Fernsehspots für den Verkauf von Goldschmuck geworben wird, der Familienkreis über Anlagen in Silber und Aktien debattiert oder ein Verein die Abschaffung des allgemeinen Geldumlaufs empfiehlt - in Krisenzeiten schlägt die Stunde der Propheten und Veränderer.

Erstaunlich, dass man davon in der Münzbranche wenig merkt. Der Meinersdorfer Lothar Pfüller, Chef des Numismatischen Vereins Stollberg, zuckt die Schultern, wenn man ihn nach der augenblicklichen Aufregung fragt. "Uns Münzliebhaber lässt das eher kalt. Es stimmt, dass seit zwei, drei Jahren einige verstärkt in Gold anlegen. Schaut man längerfristig hin, war auch Gold nie wertstabil. Wer ehrlich sammelt und Münzen kauft, sollte für den Notfall darauf achten, seine Stücke verlustlos wieder losschlagen zu können. Dazu braucht man Informationen. Die Münzpreise schwanken stark. Wer mitmischen will, muss sich schlaumachen."

Bei den regelmäßigen Münzbestimmungen des Numismatischen Vereins ist der Zulauf auch in diesen Zeiten eher konstant, sagt Pfüller. "In Olbernhau stehen die Leute immer wieder Schlange, da staunen wir selbst. Woanders kommen dann wenige." Konjunkturen könne er darin nicht erkennen. Vom Ansturm auf Sammlermünzen könne auch keine Rede sein, und es kommen nicht mehr Familienerbstücke zur Begutachtung als sonst. Seit der Wende habe es da eine bleibende Nachfrage gegeben.

Überhaupt veränderte der Umbruch 1989 das Umfeld der Numismatik wie seitdem kein zweites Ereignis. Zu DDR-Zeiten gab es numismatische Abteilungen in jeder Kreisorganisation des Kulturbunds. Davon sind nur wenige übrig geblieben. Der Stollberger Verein, der heute 20 Mitglieder zählt, hatte vor der Wende mehr als 80. "Bessere Münzen gab es damals nur im Intershop - oder im Verein", erzählt Lothar Pfüller. Er selbst hatte dem Hobby schon während seines Chemiestudiums in Halle gefrönt, wo er nebenbei Vorlesungen über antike Münzkunde hörte und in der Bibliothek der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft ein- und ausging. Als die DDR untergegangen und im Prinzip jede Münze am Markt frei erhältlich war, seien auch viele Vereinsmitglieder schlagartig verschwunden gewesen.

Wer sich heute dem Hobby verschreibt, und das sind wenige, ist in der Regel kulturell interessiert und bearbeitet oft hingebungsvoll historische Sammelgebiete: Das Deutsche Kaiserreich, die römische Antike oder Indien zum Beispiel. "Münzen sind insgesamt recht preiswert", klärt Pfüller auf, auch wenn es da natürlich Ausreißer gebe. Ein römisches Goldstück sei unter 1500 bis 2000 Euro nicht zu haben. Pfüller selbst hat sich auf mittelalterliche Münzen Zentralasiens spezialisiert. Sein ältestes Exemplar ist eine über 2000 Jahre alte Münze aus Persien, aus dem Achämenidenreich, dem ersten persischen Großreich, das von dem Griechen Alexander erobert wurde. Der Münzsammler schwärmt von der einzigartigen Kultur der orientalischen Welt, kann wie selbstverständlich auch arabische Inschriften lesen. Für einen wahren Enthusiasten scheint noch die unscheinbarste Münze interessante Perspektiven zu eröffnen.

Der Verein selbst hat sich ein ökonomisches Standbein in der Münzprägung geschaffen. Die Stollberger prägen auf Anfrage Medaillen mit einer selbst gebauten Presse, die in den 1980er Jahren nach einer mittelalterlichen Vorlage entstand. Stolz sind die Stollberger Numismatiker darauf, sogar schon für die Bundesbank geprägt zu haben. Die Stempel lässt der Verein bei einem Spezialisten herstellen, oft bei Helmut König in Zella-Mehlis. Die Prägungen eines Jahres sind in einem Katalog zusammengefasst, der dort verteilt wird, wo viele Leute ihren wirklichen Geldgeschäften nachgehen - in den Sparkassen.



Lothar Pfüller ordnet Medaillen und Abzeichen aus der Region. Der Chef des Numismatischen Vereins Stollberg schätzt auch Münzen vor allem als Ausdruck des kulturellen Lebens der Menschen. (Foto: Andreas Tannert)

(Quelle: http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/REGIONALES/ERZGEBIRGE/STOLLBERG/1655099.php)
 
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