Thema: Erfahrungen auf Auktionen: Briefmarken im Kreislauf
vozimmer Am: 07.06.2012 10:37:06 Gelesen: 20379# 6@  
Hallo Zusammen,

ein sehr interessanter Artikel und darauf folgende ebenfalls interessante Beiträge, die alle eines zeigen: Betroffenheit und damit einhergehende Subjektivität.

Zum Artikel selbst. Was mach der Autor? Er besichtigt eine umfangreiche Sammlung, er macht für sich eine Wertschätzung und kommt letztendlich zum Schluss, die Sammlung nicht zu bebieten. Was macht sein Sammlerfreund? Der verlässt sich auf die Einschätzung des Autors, überlegt sich ein Geschäftsmodell (wenn auch zugunsten einer Arge), die Vereinzelung, und bebietet die Sammlung.

Was macht der mitbietende Kommissionär? Er macht nichts anderes (wenn er die Sammlung tatsächlich nicht besichtigt hat). Er verlässt er sich auf das Urteil des bietenden und geht davon aus, dass dieser ein Geschäft machen will. Seine Überlegung lautet: Wenn der auf eine Sammlung bietet ist da etwas drin, da ziehe ich mit.

Dann wird auch noch der Einlieferer als der Verlierer dargestellt, obwohl, wenn der Plan des Autors aufgegangen wäre, dieser erheblich weniger Geld für die Sammlung bekommen hätte. Aber das spielt nur am Rande eine Rolle.

Das Grundproblem solcher Betrachtungen ist, dass gerne davon ausgegangen wird, dass Briefmarkenauktionen dazu da sind, dass sich Sammler zu „fairen“ Preisen etwas für die Sammlung einkaufen können. Menschen, die von der Philatelie leben werden in diesem Zusammenhang eher als Parasiten betrachtet, als Menschen, die ohne einer wirklichen Arbeit nachzugehen, die Sammler aussaugen. Dabei ist es egal, ob jemand als Auktionator, Händler, Kommissionär oder Prüfer arbeitet.

Diese Sichtweise ist aber falsch. Eine Briefmarkenauktionen bildet einen Markt. Auf dem Markt tummeln sich verschiedene Akteure und alle haben ein finanzielles Interesse. Die Einlieferer, der Auktionator, der Kommissionär (der meist für einen Sammler kauft), der Berufsphilatelist, der ebay-Händler und auch der Sammler. Letzterer möchte ja für seine Sammlung die Stücke auch möglichst günstig kaufen, das ist ein legitimes finanzielles Interesse.

Natürlich bilden die Sammler die wirtschaftliche Grundlage des Marktes, ohne sie würde der Markt zusammenbrechen. Aber darum haben sie kein alleiniges Recht auf einer Auktion zu kaufen. Am liebsten noch ohne dem Auktionator („der gewinnt ja immer“) einen Erlös zu gönnen.

Um ihre Ziele zu erreichen entwickeln die verschiedenen Marktteilnehmer unterschiedlich erfolgreiche Strategien. Der Autor des Artikels hat im vorliegendem Fall (zumindest für den Kauf auf der benannten Auktion) keine erfolgreiche Strategie entwickelt, er hat sein Ziel, das Superschnäppchen, nicht erreicht. Möglicherweise liegt es daran, dass er ein bekannter Marktteilnehmer ist, er das erste Gebot abgab und damit dem pfiffigen Kommissionär ein Zeichen gab einzusteigen. Schlauer (erfolgreicher) wäre es eventuell gewesen selbst über einen Kommissionär zu bieten und durch eigen Anwesenheit und „nicht bieten“ zu zeigen, dass das Los nicht interessant ist.

Nun noch ein paar Worte zu dem Kommissionär. Hier sollte man beachten, dass das meiste was in dem Artikel steht nur Vermutungen sind. Der Autor wird nicht wirklich wissen, ob der Kommissionär die Sammlung nicht vorher besichtigt hat, oder jemand dies für ihn getan hat. Er wird nicht wissen, ob er sie für eigene Rechnung gekauft und sie selbst später aufgeteilt wo anders eingeliefert hat oder dies im Auftrag gemacht hat, oder oder oder.

Ich selbst biete mittlerweile nur noch über einen Kommissionär und bin mir sicher, dass mir das schon einiges an Geld gespart hat. Das letzte mal, dass ich schriftlich bei einem Auktionshaus geboten habe, bekam ich beide Lose genau zum Höchstgebot zugeschlagen. Komischerweise sind die anderen Lose, die sehr ähnlichen Inhalt hatten einfach liegen geblieben. Das mach stutzig und ich habe meine Strategie geändert. Die 3% vom Zuschlag, die ich jetzt (nur bei erfolgtem Zuschlag) bezahle sind da schnell wieder rausgeholt. Ich spare Zeit und Reisekosten und bin mir sicher, dass ich günstigst kaufe. Da soll der Kommissionär, der für mich tätig ist doch gerne ein gutes Auskommen haben.

Zum Schluss noch eine kurze Überlegung zum Beitrag [#5] von philapit: Er versucht sich bei der Auktion einen Vorteil zu verschaffen, in dem er ein Stück nicht bebietet und die Aufmerksamkeit anderer Marktteilnehmer damit nicht weckt. Der andere Marktteilnehmer wird ihn aber sehr wohl in der Luft überholt haben, z.B. mit einer SMS an die Dame der Kasse schon während der laufenden Auktion. Wenn die dafür eine Schachtel Pralinen erhält ist das doch ok., oder?

Viele Grüße, Volker
 
Quelle: www.philaseiten.de
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