Thema: Altdeutschland Bayern Mi.-Nr. 1: Selten oder Massenware ?
bayern klassisch Am: 10.08.2012 18:02:22 Gelesen: 29281# 20@  
Liebe Sammlerfreunde,

danke für das positive Echo auf meinen Beitrag:

Lars hat es schon richtig geschrieben, dass man schon etwas differenzieren muss.

1. Erstausgaben um 1850 sind immer seltener als Ausgaben späterer Zeit, weil die Archive nach 10 oder mehr Jahren geöffnet wurden und 1860 fast keine Sammler zu Gange waren, die von der Öffnung großer Archive hätten profitieren können. Im Klartext: Jedes Jahr wurden zahllose Briefe der Papiermühle überantwortet.

2. Drucksachenmarken wie die schwarze Eins oder der Sachsen Dreier (es gibt noch viele andere, für die das auch zutrifft) wurden oft übergehend verklebt, also zwischen Streifband und Drucksache. Beim Lesen des Inhalts musste die Marke daher zwangsläufig zerstört werden. Bei Bayern hat dies nur selten großflächige Reparaturen nach sich gezogen, bei Sachsen sehen wir hälftig ergänzte Marken häufiger.

Zudem hatten sog. Drucksachenmarken eine niedrige Nominale, waren also schon am Schalter wenig wert. Sammler lieben ja hohe Werte (12, 18, 30 oder gar 70 Kreuzer Werte), die ja auch regelmäßig zu den teuersten Marken ihrer Gebiete gehören. Anders sieht es aus, wenn diese hohen Werte praktisch nur für Auslands- bzw. Überseepost Verwendung fanden. Dann sind auch oft nur geringe Mengen vorhanden, weil viele in den Zielländern weggeworfen oder mit der Zeit unbrauchbar wurden (Hitze, Feuchtigkeit, schlechte Lagerungsmöglichkeiten usw.).

Die relativ höchste Bestandsquote dürften daher gewöhnliche Marken zu 3, 6 oder 9 Kreuzer haben, die im jeweiligen Inland bzw. im Postverein oder nahen Ausland noch am ehesten aufgehoben wurden. Ob aber auch hier eine zweistellige Prozentzahl erreicht wird, glaube ich nicht.

Bei der ARGE Baden wird die recht seltene Nr. 16 seit langer Zeit umfangreich statistisch erfasst, eine Marke, die von der Auflage damals und Häufigkeit heute weit hinter einer Bayern Nr. 1 her hinkt, aber nur ein Bruchteil der ersten Marke Deutschland kostet. Mit ihrer 3 Kr. Nominale war sie hauptsächlich im Inland benutzt worden und hatte keine "Zerreißproben" hinter sich, wie es sie bei den Drucksachenmarken gab.

Auch hier dürfte der Weltbestand, der in mehreren Jahren von engagierten Sammlern gesichtet und ausgewertet wurde, im Bereich von ca. 5% liegen. Rechnen wir hier noch unentdeckte Exemplare in Archiven und Überseesammlungen hinzu, kämen wir vlt. auf 6% im Idealfall.

Allein von daher mutet es wie ein schlechter Witz an im Ernst zu behaupten, dass es bis zu 160.000 schwarze Einser heute noch geben könnte - man hat eher Hunderttausende schon 1850 und später, der Hauptverwendungszeit dieser Marke, zerrissen und achtlos weggeworfen, ohne sich überhaupt Gedanken über Briefmarken zu machen. Die "Reste", die in späterer Zeit aufgefunden wurden, zeigen ja die übliche Qualität dieser Marke klar auf, von der man annehmen kann, dass 80 - 90% der gebrauchten Exemplare Mängel haben.

Im übrigen gibt es deutlich weniger ungebrauchte Einser, als gebrauchte - trotzdem ist eine makellose, passabel gestempelte Marke beliebter und daher deutlich mehr wert, als eine sich hübsch präsentierende mit Gummi. Die Ausnahme davon ist die 3. Platte, von der es kaum ungebrauchte Exemplare gibt.

Vermutlich kann der TE auch nicht zwischen echten, falschen und verfälschten Marken unterscheiden, wenn er Zahlen in der Raum wirft, die bar jeder Realität die wohl beliebteste deutsche Briefmarke diskreditieren soll. Aber selbst wenn man jede Fälschung der schwarzen Eins - und davon gibt es weiß Gott sehr viele - zu den Originalmarken rechnen würde, käme man niemals auf eine sechsstellige Anzahl.

Bitte nicht falsch verstehen: Ich habe nichts gegen Helgoland oder irgend ein anderes Sammelgebiet und besitze selbst Briefe von über 30 Staaten (ohne Bayern) in meinen Sammlungen, die ich sehr liebe und hier auch schon teils vorgestellt habe, aber wer Äpfel mit Birnen vergleicht, der sollte sich zuvor auch mal mit Obst beschäftigt haben und nicht so unqualifiziert daher reden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/4517
https://www.philaseiten.de/beitrag/52970