Thema: Rohrpostbelege
cartaphilos Am: 08.09.2012 06:21:27 Gelesen: 1213159# 792@  
@ Rainer HH [#781] [#782]

Moin Rainer und alle pneumaticos.

Ich gehe davon aus, daß in den deutschen Städten, in denen es Rohrpost gab, diese auch durch entsprechende Abstempelungen nachweisbar ist. Die Beförderung durch Rohrpost kostete in der Gründungszeit der Rohrpost viel Geld für den Postkunden. Daher fühlte sich die Post in der Nachweispflicht, die bezahlte Leistung auch entsprechend erbracht zu haben.

Auch in der Zeit, als die Post Sendungen "von Amts wegen" per Rohrpost beförderte, damit diese noch Zustellungen, Züge oder Flugzeuge erreichten, war der Nachweis der zeitlich angemessenen Beförderung durch die Röhren erforderlich, damit nachgewiesen werden konnte, daß alles getan wurde, das entsprechende Beförderungsmittel auch zu erreichen. Schon intern sicherten sich die verschiedenen Betriebsteile damit ab, daß sie durch das Anbringen eines entsprechenden Stempelabdrucks die zeitgerechte Bearbeitung nachweisen konnten.

Wenn die Post der Öffentlichkeit ein Versprechen hinsichtlich der zu erbringenden Leistung abgab, dann mußten auch Mittel gefunden werden, den Nachweis der Leistung zu erbringen. Früher war dies besonders eindrucksvoll, wenn es gelang, eine Luftpostsendung von Berlin nach Wien beispielsweise, per Rohrpost zum Zentralflughafen zu befördern und noch am selben Tag in Wien zuzustellen. Das machte damals Eindruck und wird von uns noch heute gerne mit einem kräftigen Schluck aus der Rohrpostgeldausgebeflasche honoriert, wenn wir so ein schönes Stück kaufen können.

Wir müssen selbst dann davon ausgehen, daß eine Sendung per Rohrpost befördert wurde, wenn sie nicht per Rohrpost befördert wurde, aber die entsprechenden Stempelabdrucke aufweist. Denn es war früher durchaus vorgesehen, daß, wenn Sendungen auf bestimmten Strecken befördert werden sollten, die jedoch besonders frequentiert waren, auch andere Verkehrsmittel wie die S-Bahn oder die Straßenbahn zum Einsatz kamen. Es handelt sich dabei um reguläre Rohrpostsendungen auf den entsprechenden Verbindungen, die jedoch wenigstens zeitweise ganz oder zum Teil mit einem anderen Verkehrsmitteln realisiert wurden. Ein Blick auf das Berliner Straßenbahnpost-Netz von 1920 zeigt, welche Verbindungen bestanden, die wenigstens bei Rohrpoststörung, sicherlich aber auch bei Überlastung genutzt wurden:



Abb. aus Günter H. Köhler: Post und Tram. Postbeförderung mit Straßenbahnen in Deutschland und im Ausland, Bühl 1998, 192.

Auch eine regelmäßige, planmäßige oder gelegentliche Beförderung von Rohrpostsendungen mit anderen Mitteln, ändert meines Erachtens nichts an ihrem Charakter als Rohrpostsendung.

Die von Rainer gezeigten Belege weisen alle die Merkmale einer Beförderung durch die Rohrpost auf, wobei die Fülle der Belege, die den Stechuhrstempel des BPA Hannover aufweisen, schon recht erstaunlich ist. Rainers Kollektion steht da mustergültig für die Häufung des Hannoveraner Rohrpoststempels.

Es gibt weitere Möglichkeiten, Rohrpostsendungen zu identifizieren: Es kommen schon in der Zeit der Brücke-Gitter-Stempel wenigstens in Charlottenburg und in W8 Stempel zum Einsatz, die den Unterscheidungsbuchstaben "p" für "pneumatisch" aufweisen. Auch der Unterscheidungsbuchstabe "r" für "Rohrpost" kann nachgewiesen werden. Dieses Verfahren ist im deutschsprachigen Raum vor allem auch aus Wien bekannt, wo bei der Rohrpost massenhaft Stempel mit den Unterscheidungsbuchstaben "p" und "r" eingesetzt wurden. In Deutschland tauchen dann diese "entscheidenden Buchstaben" vor allem in den zumeist rückseitig angebrachten Stechuhrstempeln auch in Kombination mit anderen 'aussagekräftigen Buchstaben' wieder auf. Nachweise entsprechender Stechuhrstempel habe ich aus Berlin (in Ostberlin beim HTA mit dem Zusatz "R"), Bonn ("Ro"), Düsseldorf ("Strohrp"), Frankfurt/Main ("Rohrp"), Hamburg ("Ro"), Stuttgart ("Rohrp"), und das ist sicherlich noch nicht alles.

einen schönen guten Morgen allen
 
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