Thema: Vorphilatelie: Schnörkelbriefe und andere Belege aus der Vorphilazeit
Marcel Am: 01.10.2012 08:46:09 Gelesen: 263198# 144@  
@ philapit [#143]

Hallo philapit,

was es genau ist, kann ich auch nur vermuten, aber ich kann Dir eventuell helfen, Dein Dokument etwas zu entschlüsseln.

Der Stempel mit "Ein Groschen" ist das Wappen der Reichserzmarschälle und Kurfürsten von Sachsen.



Was Deine Siegelmarke betrifft so ist es ein Notar Christian Ambroisus Mi(....). Initialien im Stempel: C A M.

Leider kann ich den Nachnamen nicht richtig lesen, aber auf der Siegelmarke könntest Du noch Glück haben.

Das Siegel zeigt einen Kranich - im Wappen steht er als Symbol der Wachsamkeit.

Häufig ist der Kranich auch in Ost-Thüringen und im Vogtland auf Wappen anzutreffen. Grund hierfür ist, dass er das Wappentier der Vögte von Weida und später des Fürstenhauses Reuß war. Üblicherweise wird der Kranich im Wappen der Reuß jüngerer Linie schreitend dargestellt, hier hat er den rechten Fuß hochgezogen und hält darin einen Stein, eine in der Heraldik typische Darstellungsweise für einen Kranich, wie sie die Reuß älterer Linie auch in Siegeln verwenden (Herrschaft Kranichfeld).

In Kranichfeld waren lange Zeit auch Wappen gebräuchlich, die nur den Kranich mit Stein zeigten.



Hierzu habe ich im Netz auch etwas gefunden - nämlich ein Petschaft eines sächsischen Notars - fast gleich außer den Initialien und den fehlenden Stein.

http://www.saxonia.com/galerie/od.htm



Bürgerliches Familienwappen, "Schreitender Kranich"

Das Adelsgeschlecht Krahn führte ebenso den Kranich in seinem Wappen, sowie viele andere Ortschaften, polnischer Adel ect. ect.

An einer Villa in Gdansk ist dieses hier zu sehen:

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gdansk_Pawlowskiego_willa_detal.jpg?uselang=de



Was Leopold II. angeht, so fällt mir nur dieser hier ein. Leopold II. (* 5. Mai 1747 in Wien; † 1. März 1792 ebenda) war Erzherzog von Österreich aus dem Haus Habsburg-Lothringen, von 1765 bis 1790 (als Peter Leopold) Großherzog der Toskana sowie von 1790 bis 1792 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und König von Böhmen, Kroatien und Ungarn.

Ein weiterer Name ist Hauptmann der kurfürstlichen sächsischen Infanterie Carl Friedrich August von Germar.

Germar ist der Name eines alten thüringischen, reichsritterlichen Adelsgeschlechts mit dem Stammhaus Germar (jetzt Görmar bei Mühlhausen/Thüringen). Die Familie gehörte zu den Schwarzburgern und Stolberger Ministerialen und Vasallen. Im 18. Jahrhundert (Mediatisierung) mussten sich die reichsunmittelbaren Grafen zu Stolberg-Wernigerode dem Königreich Preußen und die Grafen zu Stolberg-Stolberg sowie die Grafen zu Stolberg-Roßla dem Kurfürstentum Sachsen unterordnen. Mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation 1806 verloren die Stolberger ihre Reichsgrafenwürde und wurden 1815 endgültig preußische Standesherren.

Bei dem Siegel auf der Seite steht ungefähr: "vom Notar signiert und beraten in dieser Form der Genehmigung (Anerkennung) ausgefertigt und so geschehen.
Rittergut Mensdorf Jahr des Indiktion-Regimes im Monat ... ausgewählt und spezifiziert."

Rittergut Mensdorf liegt in Nordsachsen in der Nähe von Eilenburg.

Auf der von Dir gezeigten Doppelseite stehen viele Ortschaften, die sich über Frankreich bis hin nach Norditalien erstrecken. Es ist für mich eine notariell beglaubigte Genehmigung - einen Taufbrief halte ich hier für unwahrscheinlich.

Gruß Marcel
 
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