Thema: (?) (54) DDR: Postkontrolle der DDR Zollverwaltung
drmoeller_neuss Am: 09.10.2012 12:28:27 Gelesen: 74947# 15@  
@ Sachsendreier53 [#9]

Zu den beiden Briefen möchte ich doch meine Anmerkungen machen: Während Briefe aus und nach der DDR entweder von der Stasi selbst oder beauftragten Stellen flächendeckend "gefilzt" wurden, trifft das auf Inlandsbriefe innerhalb der DDR nicht zu. Dafür wären auch gar nicht die Kapazitäten vorhanden gewesen. Natürlich gab es genügend DDR-Bürger, die unter der "Aufsicht" der Stasi standen, und für deren Post man sich auch interessierte. Wer politisch unbehelligt war, konnte problemlos Geld im Brief schicken und empfangen. Auch wir Westler haben das so gemacht. Geld aus der BRD in die DDR im Brief schicken, war riskant. Also hat man das den Verwandten zugedachte Bargeld in die DDR mitgenommen und von dort aus geschickt. Die DDR-Post war zuverlässig und Sendungen sind so gut wie nie gestohlen worden.

Auch die beiden Briefe zeugen von der Ehrlichkeit der DDR-Post:

Der Brief an Martin Stude, abgeschickt am 30.12.1985 konnte nicht zugestellt werden. Der Absender wollte wohl ein "Neujährchen" schicken und der Empfänger war unter der angegebenen Anschrift nicht erreichbar (verstorben, verzogen, wer weiss?). Normalerweise gehen solche Briefe an den Absender zurück. Ein solcher war aber nicht angegeben, also musste der Brief amtlich geöffnet werden, was aber auch keine neuen Erkenntnisse brachte. An dieser Stelle wäre eine solche Sendung bei den meisten Postverwaltungen auf dieser Erde "verschwunden". Der oder die DDR-Postangestellte hat stattdessen fein säuberlich den enthaltenen Geldbetrag vermerkt, und sich das sogar noch bezeugen lassen. Wie auch im Bereich der Deutschen Bundespost werden auf diese Art und Weise entnommene Geldbeträge der Postverwaltung zugeführt, wenn sich der Absender und Eigentümer nach Fristablauf nicht mehr klären lässt.

Im übrigen ist der Brief als Ortsbrief innerhalb Halle mit 10 Pfg. ausreichend frankiert. Statt der Ortsbezeichnung hat der Absender "Hier" geschrieben, was in den Zeiten vor der Postautomatisierung und Briefzentren noch funktionierte, wenn auch damals nicht mehr der Vorschrift entsprechend.

Der zweite Brief gibt schon mehr Rätsel auf. Die Anschrift "Hennig, 85-17, Nr. 9, 8020 Dresden" ist schon ungewöhnlich. Vielleicht handelt es sich um ein Studentenwohnheim? Auf jeden Fall konnte die Postzustellung in Dresden damit nichts anfangen und hat das Teil wieder Richtung Heimat zurück befördert. Auch hier fehlt der Absender, also hat man das Absendepostamt mit den weiteren Recherchen betraut. Die Dresdner waren etwas schreibfaul und der Pfeil auf den Poststempel sollte ausdrücken: "zurück an BPA Halle 4005". Dort ist der Brief einen Tag später auch tatsächlich gelandet, wie der Eingangsstempel auf der Rückseite zeigt. In der DDR war E+1 die Regel, manchmal sogar E+0 bei Ortsbriefe, wenn man die in einen Briefkasten mit Frühleerung eingeworfen hatte.

Die Hallenser standen wieder vor dem Problem, den Absender zu ermitteln. Immerhin war der auf dem Briefbogen angegeben und wurde vom Postler in Rot vermerkt. Auch hier wurde nicht einfach das Geld unterschlagen, sondern fein säuberlich vermerkt. Bei dieser Gelegenheit hat aber die Post noch darauf hingewiesen, dass die Sendung gegen die gesetzlichen Bestimmungen der DDR verstösst. Im übrigen hat die Stasi nicht so auffällig gearbeitet und keine Spuren in Form von Aufklebern oder gar Unterschriften auf dem Poststück hinterlassen. Hier wurde diskret mit Wasserdampf gearbeitet. Falls das doch nicht so unauffällig geklappt hat, hatte man bei der Stasi auch Briefmarken und Poststempel vorrätig, um das "Missgeschick" zu vertuschen.

Summa, summarum, schöne Belege, auch wenn ich sie anders interpretiere.

Nebenbei zum Thema Geld im Briefumschlag: Nach der Privatisierung der Post werden solche Dinge nicht mehr durch Gesetze, sondern durch AGBs geregelt. Auch die Deutsche Post AG verbietet den Versand von Geld in Briefsendungen. Wer es trotzdem macht, bekommt beim Verlust eines Einschreibens keine Ersatzleistung. Am besten, man erinnert sich in solchen Fällen einfach nicht mehr daran, dass man Geld beigelegt hatte. Dann gibt es wenigstens 25 Euro plus das verklebte Porto.
 
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