Thema: Briefe deutscher Banken
juni-1848 Am: 09.01.2013 20:28:40 Gelesen: 628672# 155@  
Moin zusammen,

beim Wegräumen fand ich diesen:



Couvert inkl. adeligen Inhalts von Dr. jur. Georg Conrad Graf von der Goltz an Benedikt von Hase mit Freistempel "2 Hamburg 1" vom 23.12.1963. Beide Adelsfamilien haben "Geschichte geschrieben", aber uns interessiert hier vielmehr die Sloman-Bank im Chile-Haus, die übrigens einzig gegründet wurde, um Jahrzehntelang nichts anderes als das Familienvermögen der Slomans zu verwalten.

Als erste Quelle diene - wie kann es anders sein - Wikipedia:

Henry Brarens Sloman (* 28. August 1848 in Kingston upon Hull; † 24. Oktober 1931 in Hamburg)[1] war ein Hamburger Unternehmer und Bankier. Schon vor und nach dem Ersten Weltkrieg galt er als bedeutender Importeur von Chile-Salpeter aus seinen eigenen Minen.

Nachdem der Vater von Henry Brarens Sloman sein gesamtes Vermögen während des Krimkrieges verloren hatte, schickte er seinen Sohn und seine Tochter Harriet zu den wohlhabenden Verwandten nach Hamburg. Nach Beendigung einer Schlosserlehre beschloss Henry im Jahre 1869 nach Chile auszuwandern, auf Anraten seines Jugendfreundes Hermann Fölsch, dessen Vater auch das nötige Reisegeld lieh. Durch seinen Freund bekam er auch eine Anstellung in Iquique und arbeitete später als Geschäftsführer für Fölsch & Martin.[2] Nach 22 Jahren machte er sich 1892 in Chile selbstständig mit seiner ersten Salpeter-Fabrik „Gute Hoffnung“ in Tocopilla. 1898 kehrte er als reicher Mann nach Hamburg zurück. In der im Jahre 1912 erschienen Rangliste der Reichsten Hamburger ist Sloman mit einem Vermögen von rund 60 Millionen Mark und einen jährlichen Einkommen von rund 3 Mio. Mark als mit Abstand vermögendste Person in Hamburg auf Rang 1 gelistet.[3] 1924 gründete Henry Brarens die Finanzbank AG aus der später die Sloman Bank KG wurde. 1976 wurde sie mit dem Bankhaus Hardy & Co. GmbH zur Hardy-Sloman Bank GmbH fusioniert. 1981 wurde diese von der Deutschen Länderbank übernommen, welche heute wiederum der UBS Deutschland AG gehört.
Er war der Bauherr des 1924 fertiggestellten Chilehauses in Hamburg und des Jagdschlosses Bellin in Mecklenburg.


Und es gibt etliche ausführlichere Quellen, etwa diese: [http://www.afrika-hamburg.de/globalplayers4.html]

Der Salpeteraristokrat Rob. M. Sloman

1791 kam der Kapitän William Sloman mit seinem Schiff von England nach Hamburg und blieb. Sein Sohn Robert Miles Sloman (1783-1867) entwickelte die kleine Schiffsmaklerei zu Hamburgs größter Reederei. Die Reiseziele der Sloman-Schiffe lagen in aller Welt, wenngleich New York dominierte. Die Ladung bestand aus Paketfracht und Auswanderern.

Ein Sprößling der nächsten Generation, Henry Brarens Sloman, gründete in Chile mehrere Salpeterminen. Die Regierung von Chile hatte nach der Befreiung von den spanischen Kolonisatoren die indigenen Völker enteignet und das Land an ausländische Investoren verschachert. Riesige Latifundien (Großgrundbesitztümer) im Süden wurden von den neuen Herren in Anspruch genommen. In der Atamaca-Wüste im Norden waren weltgrößte Vorkommen an Salpeter und Kupfer 'entdeckt' worden, zudem Silber, Gold, Zinn und Kohle. Während die Amerikaner die Kupfergebiete an sich rissen, spezialisierten sich die Europäer und Chilenen auf Salpetergewinnung. Eine Eisenbahnlinie von den Bergen an die Küste wurde 1910 gebaut. Sloman und das zweite Hamburger Unternehmen, Fölsch & Martin (Reederei H. Fölsch & Co.), gehörten zu den größten Minenbesitzern. 1926 importierten die deutschen Unternehmen insgesamt zwei Millionen Tonnen Salpeter pro Jahr.

In den chilenischen Hafenstädten schwelgten die Salpeteraristokraten im Luxus - prunkvolle Theatergebäude und herrschaftliche Villen zeugen vom einstigen Glanz. In der Wüste schufteten die Ärmsten der Armen - etwa 71.000 WanderarbeiterInnen und Indios - in den über 100 Salpeterminen zu katastrophalen Arbeitsbedingungen. In der regen- und vegetationslosen Wüste ist das Klima hart, das Wasser knapp; die Arbeit war staubig und ging auf die Knochen. In der Lohntüte gab es kein Bargeld, sondern lediglich Gutscheine, die in den überteuerten Lebensmittelgeschäften der Minengesellschaften einzulösen waren. Diese drastischen Mißstände hat Pablo Neruda, chilenischer Dichter, Nobelpreisträger und Gouverneur für die nördlichen Salpeterprovinzen immer wieder angeprangert. 1907 kam es zu ausgedehnten Streiks, die von Militärtruppen bekämpft wurden und die in einem Blutbad, in Haft, Folter und Pressezensur endeten.

Chile war zwar keine deutsche Kolonie, doch die Machtstrukturen ähnelten sich. Die chilenische Regierung war vollständig abhängig von den ausländischen Konzernen, die diese nach Belieben absetzen konnten. Als eine der führenden Salpeterminen in finanzielle Schwierigkeiten geriet, stürzte die gesamte chilenische Wirtschaft in eine schwere Krise. Die Regierung druckte Geld, um Staatsausgaben zu decken und löste damit eine massive Inflationssteigerung aus. Mit der Entdeckung synthetischen Nitrats verlor der chilenische Salpeterabbau an Bedeutung.

Erst Salvador Allende (1970-1973) verstaatlichte Landwirtschaft und Industrie, was ebenfalls zu einer tiefen Wirtschaftskrise führte und folglich zu einem Militärputsch durch Pinochet. In der Zeit der Diktatur wurden die verlassenen Salpeterminen in KZs umgewandelt. Heute wirken die Ruinen der Salpeter-oficinas in der Wüstenlandschaft wie Filmkulissen einer verwitterten Westernstadt.
Salpeter als natürlich vorkommendes Nitrat konnte als Dünger auf den großen Landwirtschaftsflächen im Süden von Chile eingesetzt, aber auch zu Sprengstoff und Schießpulver verarbeitet werden. Sloman und Fölsch haben 'das weiße Gold der Wüste' nach Hamburg verschifft. Schießpulver zählte neben Gewehren und Schnaps zu den wichtigsten Importartikeln in die deutschen Kolonien in Afrika, Südsee und China.

Auch im Ersten Weltkrieg profitierten die Salpeterimporteure von der gesteigerten Nachfrage. So konnte Henry Brarens Sloman mitten in der Weltwirtschaftskrise das Chile-Haus in Hamburg bauen lassen - ein architektonisches Juwel, finanziert mit Geldern aus zweifelhaftem Geschäft. 1910 legte er den Grundstein für das Sloman-Haus am Ballindamm und erwarb 1912 die Güter Steinbeck und Bellin in Mecklenburg, wo er ein Schloss für exklusive Jagdgesellschaften bauen ließ. 1924 gründete das Unternehmen die 'Finanzbank', die 1978 von der Dresdner Bank übernommen wurde.
Enrique Juan Sloman folgte dem verstorbenen Vater 1934 als Vorsitzender der hauseigenen Bank und Alleinbesitzer der zwei Anwesen. Er sympathisierte mit Hitler und setzte ZwangsarbeiterInnen auf den Gütern ein. In der DDR-Zeit wurde das Jagdschloss - Ironie des Schicksals - als Flüchtlingsheim für namibische Kinder benutzt. 2001 eröffnete Angelika Sloman dort ein Luxushotel. Das Sloman-Haus wurde 2003 restauriert.

Das wichtigste Standbein der Sloman-Neptun Schiffahrts-AG ist derzeit der Betrieb von Flüssiggas-Tankschiffen. Der nächste Tanker wird in China gebaut.


Ein beinahe unscheinbarer Beleg der Wirtschaftsgeschichte der Stadt HAMBURG !

Mit Sammlergrüßen,
Werner
 
Quelle: www.philaseiten.de
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