Thema: Belege deutschsprachiger Versicherungsunternehmen
juni-1848 Am: 13.01.2013 18:11:55 Gelesen: 46900# 3@  
@ roteratte48 [#2]

Das schöne, lieber Rolf, Briefe von "Versicherern" der Vorphilazeit finden wir meist mit Inhalt - auch wenn der Inhalt schon damals nicht für jedermanns schnelle Auffassungsgabe gereichend oft reichlich verklausuliert war.

Der obere deiner gezeigten Belege begründet die Beitragserhöhung für das Jahr 1828 mit den ausgezahlten Schäden im Vorjahr - und listet dabei diese Schäden einzeln auf (im Zeitalter des Datenschutzes schlicht unmöglich). Ein wundervolles Dokument aus der frühen Zeit der Versicherungen.

Eigentlich wollte ich deine bäuerliche Hagelfrage mit der Karikaturkarte eines Versicherers beantworten, kann sie jedoch partout nicht auffinden - vielleicht ein andermal.

Aber kein Beitrag ohne Bild !

Diesen hatte ich schon gezeigt unter Deutsches Reich Inflationsbelege (#1898).



Eil-009: Eilboten-Nachnahme-Fernbrief vom 14.7.23 ab Berlin an einen Yacht-Eigner postlagernd nach Sassnitz

Damals wie heute kommt Yacht-Eignern immer erst "5 Minuten vor dem Ablegen in den Sinn", noch mal kurz beim Versicherer anzufragen, ob es für die nächste "außergewöhnliche" Fahrt noch etwas zu bedenken gäbe.

Das Ergebnis der Anfrage von Kapitän Ludwig Infeld lieferte sein Versicherer, der GERMANISCHE LLOYD (Berlin, Alsenstr. 22), noch am Samstag, den 14. Juli, zwischen 4 und 5 Uhr nachmittags beim benachbarten PA 40 ein und zwar per Eilboten und postlagernd, da der Versicherungsnehmer in Sassnitz ohne anderweitige Unterkunft vor Anker lag. Und da Versicherungsschutz jedoch erst nach Bezahlung gewährt wird, war in diesem dringlichen Fall die unbare Nachnahme per Zahlkarte der einzig praktikable Zahlungsweg.

Die senkrechten Büge lassen vermuten, daß der Brief mehrmals gefaltet per Rohrpost zum Bahnhof befördert wurde (leider kein Rohrpost- und auch kein Bahnpost-Stempel "Berlin-Sassnitz" abgeschlagen).

Der Eilbrief kam am Sonntag, den 15. Juli, nachmittags gegen 3 Uhr in Sassnitz an, wo ein Postbediensteter handschriftlich die Lagerzeit auf den "16/7" notierte. Allerdings machte Herr Infeld dem Namen "Fix" seiner Yacht alle Ehre und hatte bei Eingang des Eilbriefes in Sassnitz längst Segel gesetzt. Welcher Segler wartet im windarmen Juli bei aufkommender Brise schon auf Versicherungsunterlagen, die dazu noch die Urlaubskasse um 1.2345.521,- Mark schmälern ?

Die Post strich den ersten Eintrag und lagerte den Brief mit neuem handschriftlichen Vermerk "23/7" für weitere 8 Tage. Der Verlängerungsvermerk "29/7" wurde wohl anbetrachts der Eilzustellung sowie der Abwesenheit des Yacht-Eigners wieder gestrichen und der Brief mit dem Vermerk "Zurück 24/7" und rückseitigem "Nicht eingelöst. Postausgabe (Signum)" nach Berlin zurückexpediert.

Der Brief wurde anschließend beim Versicherer zu Akten genommen (Lochung) und ist so als ganz außergewöhnliches Zeitdokument erhalten geblieben. Wie gerne hätte ich Euch noch den Inhalt gezeigt.

Ach ja, hat mit dem Thema Versicherungsbelege nichts gemein, gehört aber zur abschließenden Betrachtung dieses Beleges:

In der Portoperiode 14 (So. 1.Juli bis Di. 31.Juli 1923) betrugen die Gebühren

360 Mark für einen Fernbrief der 2. Gewichtsstufe 21 bis 100 gr,
400 Mark für die Eilbestellung im Ortszustellbezirk,
150 Mark als Vorzeigegebühr der Nachnahme sowie
.20 Mark Zuschlag für eine postlagernde Sendung. Das macht
930 Mark Gesamtgebühr, frankiert mit 3x 300 Mark Queroffset sowie 10 und 20 Mark der Arbeiter-Serie.

Darüber, wie die Höhe der Nachnahme (bis zum 14.7. lag der Höchstbetrag bei 1 Million Mark) mit der Klebe- und Abriß-Spur (Einschreibe-Zettel ?) rechts neben dem Eilzettel unter dem "Z" von "Zurück" sowie mit der Berechnung des Nachnahmebetrages inkl. Zahlkartengebühr zusammenhängen, werde ich gelegentlich an anderer Stelle nachdenken.

Euch allen eine spannende Woche,
Werner
 
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