Thema: Philatelistische Jugendarbeit in diesen Zeiten
Wolffi Am: 25.02.2013 18:09:48 Gelesen: 29038# 20@  
Man könnte jetzt den abgedroschenen Spruch „früher war alles anders“ verwenden, und so falsch ist er aus meiner Sicht nicht. Die Zeiten haben sich geändert, wenn man sich das Leben und den Tagesablauf damals und heute anschaut.

Die Freizeit und die Möglichkeiten waren vollkommen anders: Sechs Tage in der Woche Schule, nachmittags Unterricht gab es (dadurch) nur an maximal einem Nachmittag, wenn überhaupt. Die Freizeitgestaltung in den Familien wurde vielfach unter dem finanziellen Aspekt betrachtet werden. Es gab mehr oder weniger gerade mal einen Sportverein (meist Fußball), dem man sich angeschlossen hat, und damit war das Thema auch mehr oder weniger erschöpft. Und so blieb viel Zeit, sich auch mit anderen Dingen zu beschäftigen.

Wenn ich mir heute anschaue, mit welchen Themen sich mein Sohn (16) heute beschäftigt und beschäftigen kann, bliebe für ein interessantes Thema wie die Philatelie nur wenig Zeit. Da ist noch die Musikschule, Netzwerkgruppe, das Engagement für soziale Dinge (Betreuer auf Freizeiten), selbst auf Freizeiten, Lan-Parties, Spanisch AG, mindestens ein Schüleraustausch pro Jahr, und wenn er dann mal daheim ist, gibt es noch die Hausaufgaben. Und wenn dann noch freie Zeit ist, dann treibt er sich zum Ausgleich und Abhängen im Internet herum.

In dieser Masse gab es das früher nicht, und Briefmarken sammeln war ein noch erschwingliches Hobby. Es wurden noch Briefe geschrieben, Telefax und andere elektronische Medien gab es nicht, und so konnte man es auch über die normale Briefpost schaffen, einen Jahrgang zu sammeln und mit Tausch auch frühere Jahre vervollständigen. Hinzu kam, dass es mehr Sammler gab, die immer etwas herausrückten, und so konnte die eigene Sammlung Stück für Stück wachsen.

Heute wirkt das Thema antiquiert, was auch sicher mit dem „Klientel“ zu tun hat, das sich der Philatelie widmet: Der Altersschnitt, würde ich behaupten, geht immer weiter nach oben, und ich denke, da fehlt auch Funke, der zu den jungen Menschen überspringen könnte.

Früher ging es von Generation zu Generation weiter, und heute müsste man ja schon von mehreren Generationen sprechen. Das sind dann auch noch die absoluten Profis, mit deren Wissen die Kinder und Jugendlichen nicht viel anfangen können. Da fehlt der Einstieg, und die „Basics“ und wie sollte es auch anders sein, wenn man heute Briefmarken am PC zieht und (Neuheiten) nur noch erschwert kaufen kann.

Ein Einstieg über das Internet ist/wäre sicherlich ein richtiger Weg, wobei ich leider sehr mutlos bin, und befürchte, dass man auch damit „die Jungs und Mädels“ nicht hinter dem Ofen hervorlockt. Der IST-Zustand stellt sich aber auch so dar, dass die Seiten (Foren), die man sich heute anschauen kann, entweder für „absolute Profis“ sind oder aber nach den Anfängen von Internet und/oder HTML aussehen. Die sind nicht cool, und wenn man sich outen würde, dass man Briefmarken sammelt, würde man sicher verwunderte Blicke erhaschen. Das ging selbst mir (mittlerweile 56) zuletzt mal wieder so, als ich nach anderen Hobbys (außer den schon bekannten) gefragt wurde.

Ich bin auf die Zukunft blickend ein wenig frustriert: Ich denke, das wird (leider) immer weniger. Und ich muss auch gestehen, ich kann verstehen, wenn mein Sohn sein Taschengeld lieber in Kino, Freizeit etc. „investiert“, als es für Zuschlagsmarken und Doppelausgabe gummierter und selbstklebender Marken ausgibt.

Dabei denke ich nicht, dass der finanzielle Aspekt der ausschlaggebende Punkt ist: Ich denke schon, dass die meisten Eltern ihr Kind dahingehend unterstützen würden, so wie es mein Vater mit mir auch gemacht hat.

Hoffen wir, dass ich (und auch viele andere) mit ihrem Pessimismus danebenliegen, aber ich sehe kein Licht am Ende des Tunnels.

Bis denne
Wolfgang
 
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