Thema: (?) (155) Großherzogtum Baden: Belege des 19. Jahrhunderts
bayern klassisch Am: 19.03.2013 11:35:47 Gelesen: 123927# 12@  
Liebe Sammlerfreude,

mir ist ein schönes Briefchen in meine "badischen Finger" gefallen ist. In New York am 17.8.1858 geschrieben stempelte die dortige Post ihn am Folgetag mit dem für die Prussian Closed Mail vorgesehenen schwarzen Portostempel 23 Cents New York British Packet, womit die Forderung der USA gegen Preußen von 23 Cents zum Ausdruck gebracht wurde.



Das Porto von 30 Cents total gliederte sich in 5 Cents USA (hier hat man gut verdient, weil ja in NY selbst geschrieben, was ansonsten für 300 Meilen bis 1/2 Unze (14,2g) gereicht hätte, 18 Cents für den Transatlantiktransport, 2 Cents für Belgien (geschlossener Transit) und 5 Cents für Preußen (Aachen fungierte als Vereinsaufgabepost).

Der Absender kannte wohl die Linien damals gut, denn er notierte Per Steamer Persia oben links. Das konnte richtig sein, musste aber nicht. Hier war es korrekt, denn am 18.8.1858 lief die Persia der Cunard Line aus. Aber dann verlief alles ein bisschen anders, als geplant. Warum?

Die Persia stoppte im kanadischen Halifax am 22.8. und nahm die Poststücke und Passagiere der Europa auf. Diese war am 14.8. mit der Arabia bei Cape Race kollidiert. Die Arabia konnte ihre Reise nach New York fortsetzen, die Europa aber nicht! Daher wurde die Europa am 15.8. nach St. Johns in Neufundland gebracht und repariert. Erst am 27.8. konnte sie ihre weitere Reise nach Liverpool antreten, wo sie logischerweise ohne Poststücke eintraf, weil diese zuvor der Persia übergeben worden waren.

Die Persia landete am 28.8. in Liverpool an und von dort ging der geschlossene Postsack mit den deutschen Korrespondenzen über den Kanal, ab Ostende mit der belgischen Bahnpost nach Aachen, wo der rote Eingangsstepmel vom 31.8. abgeschlagen wurde. Der weitere Transportweg ist interessant, denn den Rhein herunter konnte man die Poststücke nur bis Koblenz mit der Bahn leiten, dann gab es erst wieder einen Anschluss in Wiesbaden (TT).

Er lief folglich mit einem Treidler am linken Rheinufer entlang bis Bingerbrück, überquerte dann die Brücke (keine durchgehende Verbindung zu Mainz-Wiesbaden!) und von dort über Darmstadt und Heidelberg am 1.9. weiter. Der badische Bahnpoststempel XIII vom 1.8. (!) war falsch eingestellt, denn zu diesem Zeitpunkt war der Brief in New York noch gar nicht geschrieben worden. Richtig war der Korrekturabschlag IX vom 1.9. um 16.15 Uhr der Strecke nach Heidelberg in Richtung Appenweier (Fahrplan vom 1.6.1858 bis zum 30.9.1858 ).

Am 2.9. bekam die Stadtpost ihn von der badischen Bahnpost übergeben, von wo aus er in das ca. 5 km entfernte Wiesloch - Rauenberg, damals noch ohne eigene Poststation, gelangte.

Aachen hatte das blau notierte Porto adressseitig notiert, welches aber eher einer "43", denn einer "45" glich. Später, um nicht zu wenig vom Empfänger einzuheben, strich man die undeutliche Taxe durch und notierte leserlicher (für die damalige Zeit) 45x daneben. Einen Landbotenvermerk gab es nicht, da man die Post offenbar abholte oder in Heidelberg liegen ließ.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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