Thema: Altdeutschland Hamburg: Belege des 19. Jahrhunderts
volkimal Am: 05.04.2013 12:38:54 Gelesen: 40072# 34@  
Hilferuf – Ein privater Brief von 1793

Hallo zusammen,

diesen Brief hatte ich vor einigen Jahren gekauft, da er einen der frühen deutschen Stempel trägt – es ist der zweite Hamburger Einzeiler „HAMBURG“ (seit 1788). Inzwischen ist der Brief aus einem anderen Grund viel interessanter für mich. Aus der Zeit des 18ten Jahrhunderts kann man viele Briefe kaufen, einen reinen Privatbrief findet man aber nur selten. Fast alle Briefe sind von oder an eine Behörde, die Verwaltung oder anderen öffentlichen Stellen.

In diesem Fall finde ich den Inhalt so interessant, dass ich ihn hiermit vorstellen möchte. Vielleicht versucht Ihr einmal, den Text selbst zu lesen, wenn nicht findet Ihr die Abschrift nach den Abbildungen. Beim Lesen muss man beachten, dass der Text so geschrieben ist, wie er gesprochen wurde also z.T. im Dialekt und ohne Beachtung der Rechtschreiberegeln oder der Groß- und Kleinschreibung.

Bei der Anschrift sind „Franko Frankfurt“ und „Eschnau“ mit Rötel unterstrichen. Weiter trägt der Brief als roten Taxvermerk eine durchgestrichene 5, die zur 4 geändert wurde. Kann einer der Leser das Porto erklären?

Viele Grüße
Volkmar



Abschrift des Textes:

an
Joh Geo Fernsler Bürger
und Satler Meister ZuEschnau
Bey Heil Brun AmNecker
Franko
Frankfurt Ammein Per Heil
Brun an Necker
a Eschnau

Mein Lieber herr Bruder und
Frau Schwiegerin Wan mein Weniges
schreiben sienoch Alle Beigutergesundt
Antrefen Wirdt solts uns Von hertzen eine
freidesein Was uns anbelangt ist mein Man
Gottlob gesundt der ist Versorgt ich Befinde mier
sehr schwag von sorgund Gram in dem mein
Man mier in soschlete umstende hat sitzen
Lasen Von schuldt und ungeduldt das ich
weder Nacht noch Tag friede im hause
habe, der Liebe Gott Weis Wie ichs machen
sol Lieber Bruder ich Bitte sie üm Gottes
Wieln schicken sie mier doch das Gelt
Was mein Man noch Zufordern hat
Vonsie Von Vater Wegen das ich mier
doch damit helfen kan den die Noth
Treib mier dazu das ich schreiben mus
ich Wollte sie sonst nicht über Eiln, ich kan
aber nicht auf halten mit schreiben Bises
hier ist
Analle Gutte FreundeViel Tausendt
mal gegrüst
schliese und Empfele sie in den
schütz Gottes und Verbleibe ihr dein
getreier Bruder und schwiegerin
Bis in den Todt
Hamburg 1793
den 23 November

Die Adrese
Wohnhaft In Brettergang
Friederich Fernschler
Won Haft in Bretter Gang
in Dackers Wonung indie NeuStadt
 
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