Thema: Saalauktionen: Ergebnisse viel zu niedrig - wer ist schuld daran ?
Cantus Am: 03.07.2013 00:09:22 Gelesen: 59440# 32@  
@ bayern klassisch [#25]

Hallo,

ich möchte deinem Beitrag noch etwas hinzufügen.

Jeder, der hier in diesem Forum aktiv ist, ist Sammler (so hoffe ich) und nicht Investor. Sammler jedoch investieren ihr Geld und ihre Freizeit in ihre Sammlungen, andere zahlen dagegen große Beträge für irgendwelche Urlaubs- oder Fernreisen, kaufen ständig den neuesten technischen Kram und anderes mehr. Das, was wir also finanziell in unseren Sammlungen versenken, dient dem Ziel, unser Sammlerherz zu erfreuen und nicht der Geldvermehrung. Natürlich wäre es ganz schön, wenn man am Ende eines Sammlerlebens zumindest einen Teil dessen, was man da an Geld aufgewendet hat, zurückbekommen würde, aber wenn ich mit dem Geld nicht Philatelie eingekauft hätte, sondern statt dessen zum Beispiel eine Kreuzfahrt gemacht oder einen modernen Großbildfernseher gekauft hätte, was würde ich denn von solchen Investitionen nach Jahren zurückbekommen?

Ferner gilt es, realistisch den Bestand der möglichen Käufer zu betrachten. Es ist ja nicht nur so, dass die meisten von uns versuchen, ihre Sammlungen so preiswert wie möglich aufzustocken, sondern es fehlen schlicht und einfach finanziell gut gestellte Sammler, die mal eben bei einer Auktion viele tausend Euro bieten können und wollen, und das für moderne Massen- oder Allerweltsware. Man schaue einmal in die diversen Auktionskataloge der deutschen Auktionshäuser, wie viele hunderte Sammlungen Bund, Berlin und DDR da angeboten werden; wer soll denn das alles kaufen? In diesem Fall hier haben wohl die frühen FDC und die geschnittenen Marken den Käufer bewogen, ein Gebot abzugeben, denn ansonsten wäre dieser Großposten wohl unverkauft geblieben.

Und schließlich kommt noch ein weiteres Moment hinzu. Ich habe im letzten Herbst versucht, bei einem großen internationalen Auktionshaus meine Sammlung der sowjetischen bebilderten Ganzsachenumschläge zu verkaufen. Die Sammlung umfasste etwa 14.000 verschiedene Umschläge, alle einzeln in Klarsichttaschen und das Ganze sauber und übersichtlich sortiert. Der Ausruf lag bei 1.500 Euro; das war erheblich weniger, als ich mir erhofft hatte, aber der Auktionator hatte mich im persönlichen Gespräch davon überzeugt, dass ein höherer Ansatz unrealistisch wäre. Dennoch erfolgte bei der Auktion kein Zuschlag. Wie sich nachträglich herausstellte, war dabei nicht der Preis das störende Element, sondern ganz einfach nur der schiere Umfang des Postens. Die Sammlung füllte insgesamt sieben große Bananenkisten, die man eben nicht einfach so nach der Auktion im Auto mitnehmen konnte, die man aber auch wegen des großen Gewichtes (Plastikhüllen wiegen viel) nicht problemlos ins Ausland, womöglich ins östliche Ausland, verschicken kann. Es gab wohl durchhaus Interessenten, die aber aus diesen Gründen zunächst passen mussten. Im Frühjahr diesen Jahres war der Posten beim gleichen Auktionshaus wiederum im Angebot und ging nun zu einem höheren Preis weg.

Wenn ich das oben in diesem Thema richtig gelesen habe, dann stand da nicht etwa eine Sammlung zum Verkauf, sondern es handelte sich um einen "Regalbestand", also um eine Vielzahl von Alben und Zubehör. Auch solche Mengen müssen platzmäßig bei einem Käufer erst einmal untergebracht werden. Wer also solche Großposten über ein Auktionshaus vermarkten möchte, spricht damit wohl in erster Linie Händler mit genügend Lagerraum an, und diese Händler sind selbstverständlich daran interessiert, ihren Warenbestand zu dem geringstmöglichen Preis zu ergänzen. Wer da hohe Verkaufsgewinne erwartet, hat wohl den Sinn für die Realität weitgehend verloren.

Viele Grüße
Ingo
 
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