Thema: (?) (687/689) Air Mail / Luftpost - Aufkleber, Labels, Eindrucke, Vermerke
saintex Am: 26.08.2013 23:41:23 Gelesen: 766974# 289@  
@ Mondorff [#288]

Hallo DiDi,

die Fluglinie nach Französisch Indochina wurde am 17.1.1931 von der französischen Fluggesellschaft Air Orient auf der Strecke Marseille-Saigon eröffnet. Der erste Rückflug ab Saigon nach Marseille fand am 3.2.1931 statt. Die Fluglinie wurde von der Air Orient zunächst 14-tägig, ab 23.4. (Marseille-Saigon) bzw. 7.5.1932 (v.v.) dann 1x wöchentlich beflogen. Die Flugdauer von Marseille nach Saigon betrug in den Anfangsjahren 10 Tage, in umgekehrter Richtung 11 Tage[1].

Hinsichtlich der Flugstrecke statt vieler Worte eine Streckenkarte, die ich aus dem Winterflugplan 1932/1933 der Air Orient entnommen habe.




Der Flugplan stammt von der Internetseite von Björn Larsson http://www.timetableimages.com/index.htm . Dort findest Du noch viele andere historische Flugpläne anderer Airlines mit zeitgenössischen Fotografien der eingesetzten Flugzeuge, Streckenkarten usw.

Die Fluggesellschaft Air Orient ging 1933 in der Air France auf, wobei ein Großteil des oberen Managements der Air Orient auch die Chefsessel der Air France besetzte[2].

Zu Deinen beiden Luftpostbriefen:

Der zeitlich frühere zweite Luftpostbrief wurde am 12.1.1933 nicht in Saigon sondern in der ca. 110 km nordwestlich von Hanoi gelegenen Stadt Tuyen Quang in der Provinz Tonkin aufgegeben. Von dort lief der Brief auf dem Landweg nach Hanoi, wo er rückseitig (unten links) den Ankunftstempel von Hanoi R.P.[3] vom 12.1.1933 17.45 Uhr erhielt. In Hanoi wurde auf der Vorderseite unten links der Luftpostleitstempel „Saigon-Marseille“ angebracht, zum Hinweis darauf, dass der Brief ab Saigon mit der Luftpost nach Marseille zu befördern ist.

Der Brief lief dann Richtung Süden nach Saigon wo er Anschluss an den Flug der Air Orient ab Saigon am 13.1.1933 fand. Der Flug traf nach den in der aerophilatelistischen Literatur veröffentlichten Flugdaten nach 11 Tagen am 23.1.1933 planmäßig in Marseille ein[4]. Ein Ankunftsstempel von Marseille fehlt leider. In Marseille wurde der Brief entkartet, was an dem in Marseille angebrachten Entwertungsstempel , mit dem der Luftpostvermerk auf der Vorderseite des Briefes oben links entwertet wurde, zu erkennen ist. In der Aerophilatelie werden derartige Entwertungsstempel „Jusqu’à Airmail Markings“ genannt[5]. Von Marseille aus wurde der Brief dann auf dem Landweg nach Luxemburg befördert, wo er ausweislich des rückseitig angebrachten Ankunftsstempels von Esch am 25.1.1933 eintraf.

Der Brief ist mit 66 cents frankiert. Der Luftpostzuschlag auf der Strecke Saigon-Marseille betrug im Januar 1933 30 cents/5 Gramm, so dass der Brief wahrscheinlich zwischen 5 und 10 Gramm wog. Verbleibt damit für das Auslandsporto noch ein Betrag von 6 cents. Das war das Inlandsporto für einen Brief bis 20 Gramm aus Indochina nach Frankreich, das „normale“ Auslandsporto für einen Brief bis 20 Gramm betrug im Januar 1933 dagegen 15 cents[6]. Ich vermute, dass sich das reduzierte Auslandsporto nach Luxemburg daraus erklärt, dass für Post aus den französischen Kolonien nach Luxemburg – ebenso wie für Post aus Frankreich nach Luxemburg – ein reduzierter Auslandstarif bzw. der Inlandstarif galt. Einen Nachweis hierfür habe ich allerdings nicht.

Abschließend ist noch auf eine Besonderheit dieses Luftpostbriefes hinzuweisen und zwar die kurze Beförderungszeit von Hanoi im Norden Indochinas nach Saigon im Süden. Innerhalb eines Tages war das im Jahr 1933 weder auf den See- noch auf dem Landweg zu bewerkstelligen. Als einzig logische Erklärung verbleibt, dass der Luftpostbrief auch auf der Strecke Hanoi-Saigon mit der Luftpost befördert wurde. Allerdings gab es im Januar 1933 nach meiner Kenntnis auf der Strecke Hanoi-Saigon keine regelmäßige Luftpostbeförderung. Das einzige was ich in der auf Indochina spezialisierten Luftfahrtliteratur gefunden habe, ist der Hinweis, dass die französische Kolonial-Luftwaffe in unregelmäßigen Abständen auf der Strecke Hanoi-Saigon Flüge durchführte, mit denen Post aus dem Norden Indochinas ohne Zuschlag den von Saigon nach Frankreich abgehenden Postdampfern zugeführt wurde[7). Nachdem es sich hierbei ausschließlich um Bedarfspost handelte, dürfte der Großteil dieser Luftpost unerkannt vernichtet worden sein. Möglicherweise handelt es sich bei Deinem Brief um einen derartigen von französischen Militärfliegern von Hanoi nach Saigon beförderten Brief. Eine andere Erklärung sehe ich für die kurze Beförderungszeit von nur einem Tag zwischen Hanoi und Saigon nicht.

Der erste Brief wurde am 2.1.1937 in Hanoi aufgegeben und mit der Air France von Hanoi nach Bangkok transportiert. Dort hatte der Brief Anschluss an die Fluglinie der Air France auf der Strecke Saigon-Marseille[8]. Der Brief traf nach einer Flugzeit von 6 ½ Tagen am 10.1.1937 planmäßig in Marseille ein[9], wo er rückseitig im Bahnhofpostamt von Marseille den Ankunftsstempel vom 10.1.1937 17 Uhr erhielt.

Nochmal zur Illustration eine Abbildung eines zeitgenössischen Flugplans der Air France (Ausgabe Sommer 1936) von der Internetseite von Björn Larsson, in der auch die damals eingesetzten Flugzeuge zu sehen sind.



Dieser Brief ist mit 53 cents frankiert. Eine sichere Erläuterung des Portos vermag ich allerdings nicht zu geben. Eine mögliche Erklärung ist: 15 cents Auslandsbrief bis 20 Gramm (keine Ermäßigung für Luxemburg in 1937 oder Ermäßigung versehentlich übersehen?) + 30 cents/5 Gramm Lp.-Zuschlag Hanoi-Marseille + 7,5 cents Lp.-Zuschlag ab Marseille = 52,5 cents[10].

Anmerkungen:

[1] Gérard Collot/Alain Cornu, Ligne Noguès – AIR ORIENT AIR FRANCE 1911-1941, Paris 1992
[2] Bruno Vielle, AIR FRANCE (1933-1944) Un Turbulent Décollage, Antony/F 2011
[3] Für die neugierigen Forumteilnehmer, die immer schon mal wissen wollten, wofür die Abkürzung R.P. in französischen Tagesstempeln steht: Récette Principale was man dt. mit Hauptpostamt übersetzen kann
[4] Edward B. Proud, Intercontinental Airmails, Vol. 2: Asia and Australasia, Heathfield/GB 2009
[5] Vgl. die Zusammenstellung dieser Stempel von Jan C. ter Welle, Jusqu’à Hand Stamps and other Route Indications, o.O./NL 2012
[6] Robert E. Picirilli, Postal and Airmail Rates in France & Colonies 1920-1945, o.O/GB 2011
[7] Gérard Collot/Alain Cornu a.a.O (Fn.1) Seite 243-248
[8] s.o. Fn.1
[9] s.o. Fn.4
[10] s.o. Fn. 6

MfG

saintex
 
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