Thema: Philotax / Schwaneberger: Der Streit um die Michel Nummern
Richard Am: 04.09.2013 09:25:32 Gelesen: 44211# 1@  
Karl-Heinz Hommer vom Philotax Verlag hat uns auf Anforderung folgende Pressemitteilung geschickt, die wir im Wortlaut veröffentlichen.

---

Der Kampf um die Nummern - „David gegen Goliath“

Der Schwaneberger Verlag, Herausgeber der Michel-Briefmarken-Kataloge, pocht bei den Katalognummern – bekannt als Michel-Nummern - schon immer auf sein Urheberrecht. Viele Verlage und Händler haben deswegen in der Vergangenheit bei Verstößen gegen seine Lizenzbedingungen kostenpflichtige Abmahnungen oder Klagen erhalten. Die Lizenzbedingungen wurden bisher von gegnerischen Anwälten oder von Gerichten anerkannt oder bestätigt. Daraufhin hat der Schwaneberger Verlag nach eigenen Angaben bis zu 700 kostenpflichtige Lizenzen für die Nutzung der „Michel-Nummer“ mit entsprechenden Auflagen erteilt. Eine teure gerichtliche Auseinandersetzung durch alle Instanzen, ob der Schwaneberger Verlag überhaupt die Urheber-, Datenbank- und Wettbewerbsrechte besitzt, haben bisher alle Lizenznehmer gescheut.

Der PHILOTAX-Verlag und später auch Karl-Heinz Hommer (Zuständig für Vertrieb und Marketing) persönlich wurden seit 15 Jahren ebenfalls mit Abmahnungen und Klagen zu solch einer Lizenz gedrängt. Trotz angemessener Angebote von Seiten des PHILOTAX-Verlages kam es nie zu einer Einigung.

Die Verwendung der Michel-Nummer durch den PHILOTAX-Verlag war der Beginn einer jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzung, die inzwischen durch alle Instanzen bis zum Bundesgerichtshof ging. Der erste Prozess, der nach sechs Jahren im Jahr 2005 positiv für den PHILOTAX-Verlag endete, sollte an sich ein teures Lehrgeld für den „Michel“ gewesen sein. Die Anwalts- und Gerichtskosten beliefen sich auf eine hohe fünfstellige Summe. Nach Beendigung dieser Auseinandersetzung verausgabte der PHILOTAX-Verlag im Jahr 2006 einen ersten gedruckten Markenheftchen-Katalog „Bundesrepublik“. In diesem Katalog wurde in Klammern neben der eigenen PHILOTAX-Nummer die Michel-Nummer geführt. Daraufhin erhielt PHILOTAX erneut eine kostenpflichtige Abmahnung vom „Michel“. In Gesprächen, die von PHILOTAX angeregt wurden und auf eine gütliche Einigung hinwirken sollten, ließ sich der Schwaneberger Verlag jedoch nicht ein und reichte – nach erfolgloser Abmahnung - Klage beim Landgericht München ein.

Auf die Frage, was man mit dieser Vorgehensweise bezwecke, gab es eine sehr aufschlussreiche Bemerkung: Wir wollen, dass Sie vom Markt verschwinden!“ Diese Bemerkung spiegelte sich auch in den Schriftsätzen und den einzelnen gerichtlichen Verhandlungen, die danach folgten, wider. Das Monopol, das der Schwaneberger Verlag für die Michel-Nummer beansprucht, sollte mit allen Mitteln durchgedrückt werden.

So folgte ein weiterer siebenjähriger Kampf, der nunmehr durch ein rechtskräftiges Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) endete. So hat der BGH durch Urteil vom 19.05.2010 über die Verwendung der Michel-Nummern im Philotax-Markenheftchenkatalog entschieden, nachfolgend einige Aussagen des Gerichts:

- „Die Klammerzusätze mit den Markenheftchen-Nummern des Klägers (Michel) in den Katalogen der Beklagten (PHILOTAX) stellen keine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung des Nummernsystems des Klägers für Markenheftchen dar“;

- „eine vergleichende Werbung liegt nicht vor“;

- „Auf andere Umstände, aus denen sich ein Imagetransfer vom Kläger auf die Beklagten ergeben könnte, stütz sich das Berufungsgericht nicht, Sie sind auch nicht ersichtlich. Der mündige, von dem Angebot der Beklagten angesprochene Verbraucher, also der Philatelist, Briefmarkenhändler und Auktionator, wird die Klammerzusätze im Katalog der Beklagten als Arbeitshilfe auffassen, die ihm die Kommunikation in den Fachkreisen aufgrund der dort weithin durchgesetzten Michel-Nummern erst ermöglicht oder jedenfalls deutlich erleichtert“

Zuvor war das Verfahren an das Bayerische OLG in München zurückverwiesen worden mit der Maßgabe, Urheberrecht und Datenbankrecht noch einmal zu prüfen. Das Bayerische OLG befasste sich nun gezwungener Maßen etwas genauer mit dem Urteil des BGH und den offenen Fragen.

Noch einmal wurde der Schwaneberger Verlag aufgefordert, doch in Vergleichsverhandlungen mit PHILOTAX einzutreten, da es nicht sicher sei, ob die Entscheidung über Urheber- bzw. Datenbankrecht zu Gunsten von Michel ausfallen werde. Diese Aufforderung – als ein möglicher Hinweis auf das zu erwartende Urteil - nahm der Schwaneberger Verlag nun an. Die Vergleichsverhandlung scheiterte jedoch erneut wegen nicht akzeptabler Forderungen seitens des Schwaneberger Verlages.

Das Bayerische OLG in München entschied sodann: Das Urheberrecht an der Michel-Nummerierung besteht nicht. Begründung: „Der Schwaneberger Verlag konnte mit seinem Vortrag gerade nicht darlegen und beweisen, dass eine eigene persönlich geistige Schöpfung, die Voraussetzung für das Urheberrecht ist, vorhanden ist“. Grundsätzlich wurde auch das Ordnungssystem, das der Schwaneberger Verlag benutzt, als nicht schutzfähig eingestuft, „da die Generierung eine rein handwerkliche, jedem mit dem Ordnungssystem Vertrauten - zugängliche Leistung darstellt“. Ebenfalls wurde das eingeforderte Recht als Datenbankhersteller abgewiesen.

Trotzdem musste der BGH noch einmal angerufen werden, weil jetzt nur noch Karl Heinz Hommer persönlich das Recht abgesprochen wurde, die Nummern zu verwenden. Eine Verteuerung um einen weiteren hohen fünfstelligen Betrag war die Folge. Nach 7 Jahren wurde Ende Juni 2013 nun endgültig Recht gesprochen: Die Klage vom „Michel“ wurde jetzt in allen Punkten rechtskräftig abgewiesen.

WELCHE BEDEUTUNG HAT NUN DIESES URTEIL FÜR DIE BRIEFMARKENBRANCHE?

Jeder, der beabsichtigt, die Michel-Nummern für sich zu verwenden, sollte prüfen, ob er noch eine Lizenzvereinbarung mit dem Schwaneberger Verlag benötigt. Ein Urheberrecht des Schwaneberger Verlages an den jeweiligen Michel-Nummern besteht jedenfalls nicht.

PHILOTAX wird in Zukunft bei seinen Produkten die „Michel“-Nummer als Referenznummer zu seiner eigenen, selbst entwickelten Nummer mitführen. Wie andere Verlage, Lizenznehmer u.a. auf diese neue Situation reagieren werden, bleibt abzuwarten.

Werden die vielen Arbeitsgemeinschaften ihre Ergebnisse der eigenen Forschungen dem „Michel“ trotz seiner kostenpflichtigen Lizenzen weiter kostenlos überlassen? Oder werden sie den Spieß umdrehen und nun vom „Michel“ Geld für Ihre Arbeit verlangen? Wie wird der „Michel“ diese neue Situation verkraften? Werden die Produkte von „Michel“ wegen der fehlenden Lizenzeinnahmen jetzt noch teurer? Wir sind gespannt!

Wie ist Ihre Meinung zu der neuen Situation? Schreiben Sie uns!
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/5816
https://www.philaseiten.de/beitrag/71496