Thema: Philotax / Schwaneberger: Der Streit um die Michel Nummern
Richard Am: 03.10.2013 09:02:47 Gelesen: 43732# 5@  
Auf unseren Beitrag im Philaseiten Brief Oktober 2013, dessen Versand seit vorgestern auf mehrere Tage verteilt erfolgt, hat die Redaktion des Schwaneberger Verlags sofort reagiert. Wir werden Herrn Hommer um eine Stellungnahme dazu bitten.

Wer sich näher mit dem Hintergrund zum Urteil beschäftigen möchte und etwas Zeit mitbringt, sei nochmals auf den Urteilstext mit zahlreichen Anmerkungen von Herrn Maassen verwiesen:

http://www.philcreativ.de/PhilaHistorica/PhilaHistorica_2013_3.pdf

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Urteil zum Urheberrechtsschutz der MICHEL-Nummerierung

Seit vielen Jahren betont der Schwaneberger Verlag, Herausgeber der weltweit bekannten MICHEL-Briefmarkenkataloge, die Schutzfähigkeit seiner Briefmarkennummerierung. Mit einer Vielzahl von interessierten Privatleuten, Verbänden, Arbeitsgemeinschaften aber auch öffentlichrechtlichen Stellen bestehen Lizenzvereinbarungen zur Verwendung der MICHEL-Briefmarkennummerierung. Die Gerichte haben die allgemeine Briefmarkennummerierung der MICHEL-Kataloge bis heute als schutzfähig anerkannt. Erstmals hat nun der BGH als oberstes Zivilgericht Deutschlands über einen vergleichsweise kleinen Bereich, nämlich die Markenheftchen-Nummerierung, letztinstanzlich entschieden – zugegebenermaßen zu Lasten des Schwaneberger Verlages.

Was war geschehen?

Im Jahr 2006 hatte PHILOTAX einen eigenen gedruckten Markenheftchen-Katalog unter Verwendung einer eigenen Nummerierung herausgegeben. Um ihren Katalog marktfähig zu machen, hat PHILOTAX als Referenz jeweils die Markenheftchen-Nummern des nahezu gleichzeitig erschienenen MICHEL-Markenheftchenkatalogs 2006/2007 in Klammern hinzugesetzt.

Welche Tragweite hat das Urteil?

1. Wettbewerbsrecht

Während das Landgericht München und das Oberlandesgericht München dies für wettbewerbswidrig gehalten haben, entschied der BGH, dass alleine die Verwendung der MICHEL-Briefmarkennummerierung als Referenznummer im Bereich der Markenheftchen-Nummerierung nicht wettbewerbswidrig ist. Aus dem Urteil des BGH und einigen deutlichen dort verwendeten Äußerungen kann geschlossen werden, dass die ausschließliche und alleinige Verwendung der MICHEL-Briefmarkennummerierung, d.h. nicht als Referenznummer, auch von ihm für wettbewerbswidrig gehalten wird bzw. dass man im Umkehrschluss davon ausgehen muss, dass die allgemeine MICHEL-Nummerierung auch weiterhin geschützt ist.

2. Datenbankrechtlicher Urheberrechtsschutz

Im gesamten Verfahren ließen die Gerichte insgesamt erkennen, dass die übrige Briefmarkennummerierung der MICHEL-Kataloge nach dem Datenbankschutzrecht wegen der laufend von allen Postverwaltungen neu herausgegebenen Marken und deren Nummerierung in den MICHEL Katalogen und vor allem wegen der zahlreichen Ergänzungen der existierenden Briefmarkennummerierung geschützt ist. Die dafür erforderliche Bestimmung, nämlich dass der Datenbestand ständig überarbeitet wird, ist unserer Meinung nach auf jeden Fall so, denn nicht umsonst beschäftigt die MICHEL-Redaktion durchschnittlich 10 bis 12 Redakteure, die das philatelistische Wissen weltweit zusammentragen, sichten und katalogisieren.

Die gesamte Datenbank mit über 685.000 MICHEL-Nummern weltweit (hier nur bei den Standard-Katalogen betrachtet; für die MICHEL Spezialkataloge kann man sicherlich von einer mehrfachen Zahl an insgesamt vergebenen MICHEL-Nummern bzw. MICHEL-Unternummern ausgehen) wird somit ständig und umfassend überarbeitet und wo sinnvoll und nötig ergänzt bzw. korrigiert. Hiervon umfasst sind selbstverständlich auch ältere oder ganz alte Briefmarken.

Gerade in der Vorarbeit, die mit einem durchschnittlichen personellen und zeitlichen/technischen Aufwand von ca. 45 Minuten für einen Briefmarken-Neuheitensatz (bei einer Spezialkatalogisierung dauert dieser Prozess deutlich länger, manchmal bis zu mehrere Tagen oder Wochen) beträgt, liegt unsere eigene redaktionell erbrachte Arbeit und Verlagsleistung. Diese fließt in die MICHEL-Nummerierung ein.

3. Schutz der schöpferischen Leistung

Wir sind nach wie vor der Meinung, dass gerade in der redaktionellen Aufbereitung, Zusammenstellung, Systematisierung und Gliederung eine schöpferische Leistung steckt. Wir gliedern nicht einfach von 1-10 wie vielleicht in einem Schulaufsatz, sondern haben das MICHEL-Katalogisierungssystem, das Hugo Michel von Hugo Senf übernahm, weil es damals marktführend war, umfassend ergänzt und erweitert. Zahlreiche Kriterien wurden von uns im Laufe der Zeit ergänzt und hinzugefügt, um die Unterschiede, die in den letzten Jahren bei verschiedenen Markenausgaben entdeckt wurden, zu katalogisieren. In sehr vielen Fällen wird in unserer Redaktion intensiv und ausgiebig überlegt und geprüft, in welcher Weise ein komplizierter Markensatz beispielsweise im Deutschland-Spezial-Katalog darzustellen ist, damit er einerseits platzsparend und gleichzeitig so umfassend wie möglich oder nötig dargestellt werden kann. Darüber hinaus ist dazu u.a. im Vorfeld zu entscheiden, welche Briefmarken überhaupt aufgenommen werden oder eben nicht. In einzelnen Fällen werden uns Vorschläge von Argen, Prüfern etc. für eine MICHEL-Nummer gemacht. Die Entscheidung darüber, wie eine MICHEL-Nummer heißt oder wie sie sich zusammen setzt, legt immer der Schwaneberger Verlag fest.

Fazit: Die Behauptung in der Pressemitteilung von PHILOTAX, dass der BGH auch über das Urheberrecht der allgemeinen MICHEL-Briefmarkennummerierung entschieden habe, ist falsch. Die Entscheidung betrifft insofern nur die Markenheftchennummerierung. Der Schwaneberger Verlag geht auch davon aus, dass die allgemeine MICHEL-Nummerierung nach wie vor urheberrechtlich geschützt ist.

Der Schwaneberger Verlag behält sich auch weiterhin alle Urheber-, Wettbewerbs- und sonstigen Rechte der Vervielfältigung und Verbreitung vor. Hierzu gehört darüber hinaus auch die auszugsweise Vervielfältigung und Verbreitung, sofern nicht das Urheberrecht ausnahmsweise ein Zitat oder ähnliches gestattet. Dies gilt selbstverständlich für verwendete Texte, unsere Abbildungen, MICHEL-Preisnotierungen und zusätzliche Informationen aber insbesondere auch für die MICHEL-Briefmarkennummerierung. Wie immer dürfen Händler und Auktionatoren in ihren Preislisten die MICHEL-Nummerierung verwenden.

Wenn der Händler/Auktionator eigene Datenbanken im Internet einsetzt, gibt es interessante Verlinkungsmöglichkeiten zur MICHEL-Datenbank. Der Schwaneberger Verlag wird deshalb, wie schon bisher, von Fall zu Fall entscheiden, ob und auf welche Weise er gegen die ungerechtfertigte Verwendung seiner Briefmarkennummerierung einzuschreiten gedenkt.

Es wird daher weiterhin dringend empfohlen, sich mit dem Schwaneberger Verlag in jedem Fall in Verbindung zu setzen, wenn in Eigenpublikationen einer ArGe oder einer Person, Firma etc. die MICHEL-Nummerierung verwendet werden soll. Das Gleiche gilt erst recht für eine gewünschte Übernahme weiterer Daten aus den MICHEL-Katalogen.

Autoren, welche die MICHEL-Nummerierung (und/oder weitere Inhalte aus den MICHEL-Katalogen) in eigenen Werken verwenden wollen, werden daher gebeten, sich mit dem Schwaneberger Verlag in Verbindung zu setzen und einen Lizenzvertrag zu vereinbaren. Angemerkt sei, dass sofern der Vertrieb eines solchen Werkes nicht kommerziell und an einen geschlossenen, kleineren Abnehmerkreis geht, die Lizenzgebühren sehr niedrig sind.
 
Quelle: www.philaseiten.de
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