Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 01.07.2008 23:45:22 Gelesen: 1329037# 105@  
42 Jahre der ruhigen Sonne

Von Marcus Zecha

Südwest Presse / Göppinger Kreisnachrichten, Göppingen (01.07.08) - Wer ärgert sich nicht bisweilen über Post, die erst nach Wochen zugestellt wird. Die NWZ hat ein Brief aus Kanada erreicht, gegen den all dies Kinkerlitzchen sind: Er trägt den Stempel von 1966.

Zugegeben: Die Strecke Ottawa - Göppingen ist mit 6100 Kilometern nicht die allerkürzeste. Aber selbst wenn die kanadische Post in den 60er Jahren noch zu Fuß und schwimmend unterwegs war, hätte sie nach spätestens einem Jahr am Ziel sein müssen. Der Brief, der jetzt die Redaktion der NWZ erreichte, ist aber knapp 42 Jahre alt. Das entspricht einem Schnitt von etwa 16 Metern pro Stunde - was selbst für stark alkoholisierte Bummelboten kein angemessenes Tempo ist.

Man fragt sich also: Was haben diese Kanadier all die Jahre mit unserem Brief angestellt? Verschärfend hinzu kommt nämlich der Umstand, dass das Schreiben vom "Postmaster General" stammt. Der stellt darin dem damaligen NWZ-Redaktionsleiter und begeisterten Philatelisten Dr. Wolfgang Schmauz stolz eine neue Briefmarke zur friedlichen Nutzung der Atomenergie vor, "der wir den gewaltigen Reichtum an Energie verdanken".

Wenigstens konnte die kanadische Post ihren lädierten Ruf wieder etwas aufpolieren. Die NWZ-Redaktion erreichte nämlich ein zweites Schreiben derselben Behörde, das deutlich schneller zugestellt werden konnte: Es war nur 37 Jahre unterwegs (im Schnitt flotte 18 Meter/Stunde). Auch in diesem Brief wird ein Loblied auf das Atomkraftwerk gesungen. Zudem ehrt das "Office of the Minister" den britischen Atomphysiker Ernest Rutherford - genau: mit einer neuen Briefmarke.

Betrachtet man die Kuverts genauer, erklärt sich schnell der Grund für die Verspätung: Beide Briefe, der von 1966 und der von 1971, waren ohne Postleitzahl an die "Neue Wurttembergische Zeitung / Goppingen / West-Germany" adressiert. Unklar bleibt aber, warum die Briefe nun auf einmal doch zugestellt werden konnten.

Der erste Brief des Canada Post Office endet mit einer Ode an die kanadischen Physiker, die "ihren Teil beitragen zu dem Programm der Internationalen Jahre der ruhigen Sonne". Will sagen: Letztlich strahlen beide, Atomkraft und Sonne.

Was wir daraus lernen? Dass es schon vor dem Jahr des Wiedehopfs merkwürdige Gedenkjahre gab.

2008 ist übrigens das Internationale Jahr des Riffs. Bislang hat die NWZ diesbezüglich keine Post bekommen - nicht einen Brief, und auch keine Briefmarke. Aber wir werden deshalb nicht ungeduldig. Jetzt nicht mehr! Und bevor wir uns bei der Post beschweren, warten wir lieber mal 42 Jahre ab. Wer weiß, was noch nachkommt.

(Quelle: http://www.suedwest-aktiv.de/region/nwz/goeppinger_kreisnachrichten/3677610/artikel.php?SWAID=e89b8d10abada5ccde19a28bb37fdaa8)

42 bzw. 37 Jahre waren diese Briefe von Kanada zur NWZ unterwegs, im Schnitt schafften sie 16 bis 18 Meter pro Stunde. Ein Fall für die Schneckenpost?
 


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