Thema: Philotax / Schwaneberger: Der Streit um die Michel Nummern
Cantus Am: 07.12.2013 23:06:19 Gelesen: 41273# 38@  
@ Carolina Pegleg [#28]

Zitat: "Eine Antwort, warum Michel die Nummern für diesen "Kundenservice" von Philotax kostenlos entwickeln und zur Verfügung stellen soll, sehe ich nicht.

Vollkommen unverständlich, nach meinem Gerechtigkeitsempfinden. Konsequenz: Kataloge werden wieder teurer. Teurer, nicht wegen Wegfalls der offenbar geringen Lizenzgebühren, sondern da nun jeder die Katalognummern abkupfern kann. Es ist nicht mehr nötig, die Michelkataloge zu kaufen, um Michelnummern zu erhalten. Grosse Erleichterung, wenn Scott demnächst alles doppelt nummeriert. Philotax kaufen, nach Michelnummern tauschen. Toller "Kundendienst" - bis der Schwaneberger Verlag Pleite geht."


Hallo Arno,

eigentlich wollte ich mich nun mit Bemerkungen zurückhalten, aber auf diese deine Aussagen muss ich einfach noch einmal antworten. Wenn du dir den gesamten Ablauf aller Diskussionsbeiträge dieses Themas vergegenwärtigst, wirst du unschwer feststellen, dass Michel nicht Vorarbeit für Philotax leisten sollte, sondern Philotax wollte lediglich ergänzend zum eigenen Nummernsystem auch die Michelnummern angeben, damit Sammler leichter zwischen den beiden Katalogwerken hin- und herspringen können. Dieses Ansinnen wurde von Michel zurückgewiesen und für Philotax wurden unerfüllbar hohe Lizenzforderungen erhoben. Das von Philotax dann zur Klärung der Angelegenheit angestrebte Gerichtsverfahren ist nun zunächst zugunsten von Philotax ausgegangen. Der Schwaneberger Verlag hat jetzt die Gerichtskosten zu tragen und sich im Rahmen des angedrohten Ordnungsgeldes zu bewegen. Es wäre doch viel einfacher gewesen, sich auf einem fairen Niveau zu einigen, anstatt um jeden Preis zu versuchen, Philotax vom Markt zu verdrängen. Philotax ist so ein kleiner Kataloghersteller, der kann niemals dem großen Schwaneberger Verlag gefährlich werden, denn die absolut überwiegende Sammlerschaft wird sich vorrangig auch zukünftig stets über die Michelkataloge verständigen und über sonst nichts. Das geht ja auch gar nicht anders, denn nur die Michelkataloge decken im deutschsprachigen Raum für den Briefmarkenbereich die gesamte Welt ab, andere kleine Verlage dagegen nur minimale anteilige Bereiche davon.

Es ging hierbei also gar nicht um den von dir unterstellten "Kundendienst", sondern um versuchte "Marktbereinigung", das ist aber etwas ganz anderes und offensichtlich vom Landgericht auch so erkannt worden. Wir werden ja sehen, ob der Schwaneberger Verlag das Risiko eingehen wird, gegen diesen Gerichtsbeschluss nun nochmals das höchste deutsche Gericht anzurufen (was sicherlich erst einmal hohe Kosten verursachen wird) oder ob er sich zukünftig adäquat der Gerichtsauflagen auch in anderen Teilbereichen seines Katalogprogramms um ein faires Miteinander mit anderen Katalogherstellern bemühen wird.

Übrigens, was nutzen dir als Nutzer eines Scott-Kataloges die Michelnummern, wenn du nicht auch gleichzeitig die im Michelkatalog abgedruckten einzelnen Bewertungen erhältst? Ich denke doch, dass Scott und Michel in vielen Einzelfällen philatelistisches Material preislich unterschiedlich bewerten.

Zum Schluss noch ein Wort zu den Preisen. Natürlich ist mein Sammelgebiet der Ganzsachen nicht einfach so auf das Sammeln von Briefmarken übertragbar, dazu gibt es viel zu wenige Ganzsachensammler, aber ein paar Worte kann man dazu dann doch verlieren.

Beispiel Schweiz: Die Grundlage zur Bestimmung aller amtlichen "normalen" Ganzsachen bildet für mich nach wie vor der Michel, denn die Informationen sind weitgehend und detailliert, so wie man das als Sammler erst einmal braucht. Die Schweiz hat aber, so wie z.B. auch Deutschland, große Mengen an Bildpostkarten herausgebracht, die im Michel lediglich auflagenweise erwähnt werden, ohne dabei auf die teilweise ganz unterschiedliche Seltenheit einzelner Auflagen oder Karten einzugehen. Ein ernsthafter Ganzsachensammler der Schweiz ist damit gezwungen, sich wenigstens einen aktuellen Zumstein-Ganzsachenkatalog für die Schweiz zuzulegen. Das habe ich also getan, und obwohl Michel in seinen beiden Westeuropa-Ganzsachen-Katalogen (ohne Deutschland) auf alle Ganzsachen aller westeuropäischen Staaten eingeht und dafür aktuell nur ein Ladenpreis von insgesamt 146 Euro erhoben wird (der natürlich nur alle paar Jahre fällig wird), hat mich der Zumstein-Katalog nur für die Schweiz schon alleine 98 Euro gekostet.

Beispiel Österreich: Auch hier bildet die erste Grundlage für mich der Michelkatalog, den ich nun aber nicht nochmals zu kaufen brauche. Aber auch hier gibt es Bereiche, die der Michel gar nicht oder nur sehr allgemein erfasst. Dazu zählt die gesamte Fracht- und Paketpost, dafür ist das Schneiderbauer-Handbuch, der Ergänzungsband dazu und auch das Ferchenbauer-Handbuch erforderlich, zur ersten Übersicht zusätzlich noch der Austria-Netto-Ganzsachen-Katalog (ANK). Dazu zählen auch die Bildpostkarten, die in die hunderte gehen, dazu sind alle diese Handbücher sowie zusätzlich noch das Grundlagenwerk von Michael Bockisch erforderlich. Das alles kostet viel, viel Geld, viel mehr jedenfalls als die Michelkataloge.

Beispiel Frankreich: Im Michel ist das Sammelgebiet ebenso wie in den beiden vorgenannten Katalogbereichen recht detailliert dargestellt, aber auch hier fehlen wesentliche Teilbereiche wie z.B. einige Ausführungen zu den Zudruckkarten, die in Frankreich recht weit verbreitet waren/sind oder zu Feinheiten bei den Bildpostkarten der 1930er Jahre, aber auch zu den französischen Engagements in aller Welt. Also orientiere ich mich hierbei überwiegend am französischen Storch-Katalog, der natürlich ebenfalls beschafft werden muss, sowie am Spezialkatalog von Reiner von Scharpen.

Diese Beispiele ließen sich fortführen, aber das bringt auch nichts. Insgesamt kommt man unschwer zu der Aussage, dass die Anschaffung der Michel-Kataloge für das Sammelgebiet der westeuropäischen Ganzsachen zwar ungleich preiswerter ist als alle die anderen Kataloge und Handbücher, dass aber erst alle miteinander sich ergänzen und nur in ihrer Gesamtheit eine vernünftige Bibliothek für den ersthaften Sammler darstellen. Warum also wird es mir als Privatsammler verwehrt, in einem beliebigen Katalog auch die parallelen Katalognummern anderer Hersteller zu erfahren? Ich empfinde dieses Verhalten, aktuell vom Schwaneberger-Verlag praktiziert, sicherlich aber auch bei anderen Katalogherstellern nicht unüblich, als außerordentlich sammlerfeindlich und deshalb verwerflich. Ohne uns Sammler gäbe es für die Kataloghersteller keine Daseinsberechtigung, aber sich von einem Verlag in ein einziges Katalogkorsett zwingen zu lassen, das funktioniert auf Dauer auch nicht. Also bleibt nur ein faires Miteinander der Kataloghersteller, allen voran der große und einflussreiche Schwaneberger Verlag, und dieses Miteinander sollte auf Dauer angestrebt und nicht einzelnen kurzsichtigen Finanzinteressen unterworfen werden.

Viele Grüße
Ingo
 
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