Thema: Philotax / Schwaneberger: Der Streit um die Michel Nummern
Carolina Pegleg Am: 08.12.2013 18:48:47 Gelesen: 41121# 41@  
Ich bin mir vollkommen im klaren, um was es in diesem Thema geht, Ingo.

Das Thema ist allerdings recht vielschichtig. Zum einen gibt es die Diskussion darüber, inwieweit die Michelkatalogisierungen eine eigenständige Leistung darstellen. Dazu ist m.E. alles gesagt. Schlag einfache irgendeine Seite im Michel-Spezialkatalog auf, und man sieht, dass die Katalogisierung in seiner Gesamtheit keine simple chronologische Erfassung ist. Das stimmt noch nicht einmal bei den Neuheiten, wo bei fünf am selben Tage erschienen Marken immer noch entschieden werden muss, welche zuerst kommt. Oder bei Marken aus Senegal, ob irgendwelche Überdruckmarken überhaupt existieren. Und die Marke ist natürlich nur deshalb Nummer 3xxx, weil man irgendwann Marken übersprungen hat, Unternummern eingefügt, und überhaupt entschieden hat, die Bundesrepublik mit Nummer 112 anzufangen. Jede Einzelnummer ist also in eine Gesamtheit von redaktionellen Klein- und Kleinstentscheidungen eingefügt. Das ist eine schützenswerte, intellektuelle Leistung. Sogar eine ziemlich offensichtliche -- nach meiner Meinung. Wenn das alles so einfach und "chronologisch-automatisch" wäre, dann hätten wir hier nicht hunderte Diskussionen, warum irgendeine Marke in den Katalog aufgenommen, oder gestrichen werden soll. Aber wie LigneN sagt "Die Herren vom BGH sind Juristen, sie mögen sogar Wettbewerbsrechtler sein, aber Philatelisten sind wohl kaum dabei"

Das Hauptproblem mit dieser Diskussion, und ich sage dass ein bisschen mit transatlantischer Perspektive, ist dass es ein Lager gibt, das es ganz normal findet, dass derjenige der etwas schafft und leistet, egal ob klein oder groß, es prinzipiell auch verdient die Früchte seiner Arbeit zu genießen. Dagegen gibt es dann ein zweites Lager, dass argumentiert, die Leistung sei ja nicht wirklich "groß." Viele Informationen, seien ja auch "nur" von ArGen integriert worden (Gespräche, die natürlich auch erst einmal jemand führen muss). Es sei auch "nicht fair," dass ein Sammler zwei Kataloge kaufen muss, um beide Nummerierungen zu erhalten. Und der Michel-Katalog sei sowieso "viel zu teuer." -- Und so hat man es dann perfekt rationalisiert, dass es in Ordnung ist, die Arbeitsleistung eines anderen zu sozialisieren.

Auf der höchsten, volkswirtschaftlichen Makro-Ebene, halte ich solche Aushöhlungen für ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Es gibt jetzt schon genug Akteure, die sich sowieso nicht an irgendeinen Schutz intellektuellen Eigentums halten. In China wird jedes Teil westlicher Technik abgekupfert. Illegale jpg Kopien aktueller Michel-Katalogen kann man seit Jahren auf ebay USA zum download aus Rumänien kaufen. Der Kampf gegen solche illegale Kopisten, ist schon schwer genug. Da braucht es wirklich nicht noch Löcher im System, nach denen eine alleinige Verwendung von Michelnummern illegal, aber eine Verwendung als Referenznummern legitim ist.

Deutschland hat wenig Rohstoffe, ein hohes Lohnniveau .. was Deutschland hat, und was weltweit anerkannt ist, sind kluge Köpfe. Ohne Schutz intellektuellen Eigentums, ist m. M. die deutsche Wirtschaft am A. Und BGH Entscheidungen, wie die vorliegende, die das Urheberrecht aushöhlen, sind ein Selbstmord auf Raten. Zugegeben, eine Dramatisierung. Und, ich gebe zu, eine andere Perspektive als von den meisten Vorschreiben vertreten. Wir bleiben aber sicher Freunde, auch wenn ich diesen Katalognummernstreit vollständig anders einordne.

Man wird sehen, was für Kreise die Entscheidung ziehen wird. Ob ich demnächst auch die elektronische Schaltung eine Konkurrenten kopieren darf, solange ich sie nur als "Referenzschaltung" zu meiner eigenen minderwertigen Schaltung (Nummerierung) in einem Gerät (Katalog) verwende?

Arno
 
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