Thema: Philotax / Schwaneberger: Der Streit um die Michel Nummern
Carolina Pegleg Am: 09.12.2013 17:34:59 Gelesen: 40775# 48@  
@ Cantus [#45]

Hallo Ingo,

Du brauchst jetzt nicht in Sack und Asche zu gehen, und Dich aus der Diskussion zurückziehen. Denn auch ich verstehe Deine Argumente, wenn ich sie auch nicht teile. Überhaupt bist Du ja in guter Gesellschaft mit dem BGH.

Die Rechtsunsicherheit, die der BGH mit seinem Urteil angerichtet hat, sieht man ja in dieser Diskussion. Was ist denn nun die Tragweite des Urteils? Darf Philotax nun -- ganz eng betrachtet, weil nur darum ging es ja in dem Streit -- in seinem MH-Katalog, die Michelnummern als Referenznummern verwenden?

Oder, das ist wohl was hier allgemein bejubelt wird, sind die Michelnummerierungen nun vollkommen schutzlos, und können von jedem frei verwendet werden? Trotz der durch die jeweiligen Brillen formulierten Pressemitteilungen beider Seiten wird das nicht deutlich. Uli schreibt z.B. noch darüber hinaus, dass nicht nur der Schutz der Michelkatalognummerierungen gekippt wurde, sondern darüber hinaus, die Katalognummerierungen aller Kataloge [#7]:

"Dieses Urteil könnte dem Verlag sogar noch helfen, mehr neue Kataloge zu verkaufen: Man könnte in den neuen Katalogen auch Scott- oder Yvert-Katalognummern als Referenz angeben."

Ich halte das für ein bisschen mutig -- der BGH hat geurteilt, dass die MICHEL-Nummern keine schützenswerte intellektuelle Leistung darstellen (was ich wie gesagt als vollkommen daneben erachte). Und dies in einem engen Kontext (Markenheftchen), wo man in der Tat vielleicht an einer intellektuellen Leistung Zweifel haben darf. Ob die Scott Nummern eine eigenständige intellektuelle Leistung sind, dazu steht im Urteil kein Wort. Überspitzt gesagt, ist noch nicht einmal entschieden, ob der Michel-Katalog umgekehrt die Philotaxnummern verwenden darf -- denn die könnten ja eine eigene Leistung sein. Ein totales Chaos. Ich weiss nur eines: der chinesische Ching-Chong Verlag wird sich mit solchen Nuancen nicht aufhalten.

Was die vollkommene Ironie ist, ist die Tatsache, dass das, was weltweit an den Michelkatalogen geschätzt ist, dass es ein logisches System der Nummerierung ist, dem Verlag zum Verhängnis wurde, weil ja die Nummern "vorhersehbar" sind. Hingegen sind die Nummerierungen im Scott weitgehend unlogisch, keine konsequente Unterscheidung von Haupt- und Nebennummern usw., weswegen das chaotische Scott-System wahrscheinlich eine "Leistung" ist.

Und warum das alles: Weil es "unfair" ist dass Philotax für die Verwendung der Nummern 1,50 EUR pro Katalog an Lizenzgebühr zahlen muss? Weil ohne die kostenlose(!) Verwendung von Michelnummern, Philotax vom Markt verdrängt würde? Ignorieren wir also Scott, Yvert, SG, Zumstein, und 100 andere Kataloge und Verlage, die offenbar weniger weinerlich sind, und sich mit ihren eigenen Nummerierungen dem Wettbewerb stellen? Michel bezahlt die Arbeitsplätze, die die Michelnummern machen. Philotax sagt "Dankeschön," und kann die Nummern in einem Werk, das direkt in kommerzieller Konkurrenz mit Michel steht, entschädigungslos verwenden.

Also ich kann mir da nur an den Kopf fassen.

Und um es noch einmal zu betonen: Für nicht-kommerzielle Arbeiten der ArGen etc. gab es offenbar nie Problem mit den Nummern, die wie hier geschrieben, von Michel zu einem Pauschbetrag von 0,00 bis 30,00 Euro lizenziert wurden.

Wie gesagt, es bleibt abzuwarten, was sich aus dem Urteil ergibt, wenn sich die Rauchschwaden verziehen. Das irgendetwas Gutes daraus kommen kann, kann ich mir nicht vorstellen.
 
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