Thema: Philotax / Schwaneberger: Der Streit um die Michel Nummern
drmoeller_neuss Am: 10.12.2013 19:31:58 Gelesen: 40084# 63@  
@ KaraBenNemsi [#62]

In der Blütezeit der Philatelie, in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts hat der Schwaneberger Verlag pro Jahr alleine 320.000 Deutschland-Kataloge verkauft. Das war ein Selbstläufer, jeder hatte sein Bund-Abo, seine Bezugsquelle für DDR und hat immer den neusten Katalog gekauft, Geizkrägen alle zwei Jahre.

Bei diesen Verkaufszahlen war es kein Problem, irgendwelche Exoten querzusubventionieren. Die Katalogisierung der Marken von Äquatorial-Guinea oder der Aufdruckmarken von Guyana dürfte sich betriebswirtschaftlich schon damals nicht gelohnt haben. Heute bringen viele Länder über 150 neue Marken pro Jahr heraus. Wenn der Michel-Katalog keine Abstriche an der Qualität machen möchte, bedeutet das etwa zehn Prozent mehr Umfang pro Jahr und entsprechend höhere Kosten. Und dass die Preise der Michel-Kataloge von vielen Sammlern kritisch gesehen werden, ist nun einmal eine Tatsache, die in vielen Beiträgen diskutiert wird. Katalog-Restauflagen zu günstigeren Preisen gehen weg wie die warmen Semmeln, die Stände entsprechender Anbieter wie Biener sind auf Messen regelrecht umlagert. Bloss kann das kein Geschäftsmodell für einen Verlag sein, gedruckte Bücher jahrelang auf Halde liegen zu haben, um sie dann zum Gestehungspreis zu verschleudern.

Für die Neuheitenflut kann der Verlag nichts, aber gibt es ein Naturgesetz, dass der Michel jede neue Marke katalogisieren muss? Wie ich in meinem letzten Beitrag schon geschrieben habe, ist der Verlag kein Wohltätigkeitsverein. Der Trend geht weg von der klassischen Länder- und Neuheitensammlung hin zur Spezialisierung, und dort bekommt der Schwaneberger Verlag immer mehr die Konkurrenz zu spüren, die sich in der Nische wohlfühlt. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch der verlorene Prozess gegen Philotax zu sehen. Den Schwaneberger Verlag dürfte das einen sechsstelligen Betrag gekostet haben.

Man kann es doch den Sammlern nicht verübeln, dass sie das Geschäftsmodell nicht mehr mitmachen und immer seltener neue Kataloge kaufen. Jeder hat nur ein begrenztes Budget. Aber ohne Michel-Kataloge wäre die philatelistische Welt um einiges ärmer, und ich wünsche dem Schwaneberger Verlag noch ein paar erfolgreiche Jahre. Zur Zeit fällt es mir leider schwer, daran zu glauben.
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/5816
https://www.philaseiten.de/beitrag/76643