Thema: Vorphilatelie: Schnörkelbriefe und andere Belege aus der Vorphilazeit
roteratte48 Am: 28.12.2013 10:56:31 Gelesen: 244481# 181@  
@ Norbi [#176]

Dieser "erste" Brief bereitet mir einige Probleme - sowohl von der Handschrift als auch von der Diktion her. Er wurde geschrieben von einer Witwe Delbusch (?) in Liebstadt an ihren "Gefatter" (damals Bezeichnung für den Paten, aber auch für enge Freunde der Familie), Obristleutnant und Kommandant der Festung Königstein (das berüchtigtste Gefängnis Sachsens, in dem u.a. auch der Erfinder des deutschen Porzellans, Böttger, gefangen gehalten wurde.) Der Name lautet wohl David von Letz; im Register der Kommandanten von Königstein habe ich ihn nicht gefunden, danach war um diese Zeit ein "Hundt von Lobenstein" Kommandant der Feste - aber vielleicht erfährst Du mehr dazu vom Festungsverein-Königstein.de, die offenbar über gutes Quellenmaterial verfügen. Zum Text:

"Wohledelgebohrner Herr, Hochgeehrter Herr Gefatter, denselben mit diesem wenigen zu ersuchen habe ich nicht unterlaßen sollen. Überschicke dem Herrn Gefatter hirbey die Sachen nebenst dienstlichem Danck und Bitte umb Vergebung daß ich es so lang bey mir behalden. Bin erst ehe gestern von Dresden(?) hier. Der Herr Gefatter beliebe sich doch mich zu berichten ob er etwas Nachricht in bewußter Sache erhalden wegen des Dorffs Borna, ich bin sonst willens die vorstehende abellarion (? meint sie "apellation"?) den Anfang zu machen, da die Krebser (Krebs = heute Ortsteil von Dohna) Ehestifftung ist auf Lehn und Erbgüter (und dann wird's völlig unverständlich). Doch auf die Ehestifftung wollt ich wohl auch erst gerne vernehmen, was Ihrem Herrn Doktor Beringers sein Meinung war, sonsten habe ich gehört wenn sich der Herr Gefatter beschweren wollt daß gleichwohl das Dorff weg und die Beschwerung allein auffe Gutt blieben war sollte es wohl vermöge der Landes Constitution (nächstes Wort verwischt), daß es wieder dazu kähm. Befehl den Herrn Gefatter nebenst den lieben Seinigen, welche ich allerseits zum schönsten grüße, in Christi Schutz. Liebstadt, den 21. February 1673, des Herrn Gefatter ehrenwillige ... Delbusch, Wittibe."

Man merkt, der Brief wurde nicht von jemandem geschrieben, der das Schreiben gewöhnt war. Und was den Inhalt angeht - da bleibt vieles rätselhaft - Andeutungen wie "bewusste Sache" u.ä. helfen kaum weiter. Dennoch ein seltener, schöner Beleg - evtl. können Dir wirklich die Betreiber der webseite Festungsverein-Königstein.de weiterhelfen.

Gruß an Dich und ins Forum - Rolf
 
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