Thema: Zeppelinpost: Wertschätzung von Belegen
saintex Am: 23.01.2014 22:57:09 Gelesen: 64344# 19@  
@ eswareinmal [#12]

Hallo Mike,

da Dein Brief mein Sammelgebiet betrifft, gestatte ich mir einige ergänzende Anmerkungen.

Befördert wurde der Lp.-Brief mit dem 80. TO-Hinflug auf der Südatlantikstrecke der Deutschen Lufthansa, wie bereits lebenslauf in seinem posting [#18] richtig schrieb. Der Streckenverlauf bei diesem Flug war: Stuttgart-Marseille-Barcelona-Sevilla-Las Palmas-Bathurst/Gambia-Katapultschiff Schwabenland-Natal-Rio de Janeiro-Sao Paulo. Abflug war in Stuttgart am 16.4.1936 5.25 Uhr, Ankunft in Rio de Janeiro am 18.4.1936 12.13 Uhr[1]. Der Katapultstart des Flugbootes Dornier Do Wal Taifun erfolgte am 17.4.1936 3.28 Uhr von Bord der Schwabenland, die im Hafen von Bathurst ankerte [2].

In Stuttgart erhielt Dein Luftpostbrief den roten Bestätigungsstempel, wie sich aus dem Kennbuchstaben "e" rechts im Doppelkreis ergibt. Der Abflug in Stuttgart am 16.4.1936 war dabei der letzte Abflug ab Stuttgart. Ab dem nächsten (81. TO-Hinflug) Flug nach Südamerika am 23.4.1936 wurde der Abflugort von Stuttgart nach Frankfurt a.M. verlegt[3]. Also in diesem Punkt eine "kleine" Besonderheit Deines Lp.-Briefes: Letztflug ab Stuttgart in Richtung Südamerika. Im übrigen wies dieser TO-Flug nach den veröffentlichten Flugdaten jedoch keine (werterhöhenden) Besonderheiten auf.

Der Lp.-Brief ist bei einem Gewicht von 4 Gramm mit 1.50 RM portogerecht frankiert: Auslandsporto Brief bis 20 Gramm 0,25 RM, Lp.-Gebühr nach Brasilien je 5 Gramm 1.25 RM.

Deine Einschätzung "schlechte Erhaltung" vermag ich in diesem Fall nicht zu teilen. Zwar ist der Lp.-Brief vorder- und rückseitig gebräunt. Dies ist jedoch dem Aufenthalt die Briefes in den Tropen geschuldet und aus meiner Sicht absolut kein Qualitätsmangel. Kombiniert mit einer zeitgenössischen Ansichtskarte der Bucht von Rio de Janeiro oder von Sao Paulo kann daraus ein ansprechendes Albumblatt werden.

Abschließend noch ein Wort zu der Literaturempfehlung im Beitrag [#16]. Richtig ist, dass der Katalog von Erich Haberer (3. Auflage 1998) der erste deutschsprachige Katalog zu den Südatlantikflügen der Lufthansa war. Heute ist dieser Katalog jedoch weitgehend veraltet und wurde durch die unten in Fn.1 zitierten Kataloge/Handbücher von Graue&Duggan bzw. Philipp ersetzt, die umfangreiche Angaben zu den Flugdaten, den verwendeten Flugzeugen, Flugzeugbesatzungen und werterhöhenden Besonderheiten des jeweiligen TO-Fluges (z.B. Notlandungen im Südatlantik) enthalten. Insbesondere die Abgrenzung, ob der Lp.-Brief mit dem Flugzeug oder mit dem Zeppelin befördert wurde, ist aus meiner Sicht sicher nur mit Kenntnis der bei Duggan&Graue veröffentlichen Flug- bzw. Fahrtdaten möglich.

Dein Lp.-Brief ist bei Duggan&Graue mit 15 britischen Pfund bewertet (Stand: 2000).

Literatur

[1]James W. Graue & John Duggan, Deutsche Lufthansa South Atlantic Airmail Service 1934-1939, Ickenham/GB 2000; Rudolf Philipp, "Von Stuttgart nach Rio de Janeiro" Aufstellung der Flugdaten 1933-1939, Schriftenreihe des EAPC Band 12, Kornwestheim 2010
[2]Vgl. Simon Mitterhuber, Die deutschen Katapultflugzeuge und Schleuderschiffe, Bonn 2004
[3]Graue&Duggan a.a.O[Fn. 1] Seite 162-163

Wolfgang
 
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