Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 20.07.2008 13:06:44 Gelesen: 1329007# 112@  
Tuvalu: Kokosnüsse, Fisch und Briefmarken

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Von Daniel Freudenreich

Der Westen (18.07.08) - find.me, kiss.me, help.me: Montenegro verkauft seine Internetadressen mit der für Wortspiele interessanten Endung -.me und hofft auf dicke Einnahmen. Die wertvollsten Internetdomains der Welt kosten Millionen

Essen. Kokosnüsse, Fisch und Briefmarken: Lange Zeit gab es nicht viele Güter, mit denen das kleine Tuvalu die weite Welt beglücken konnte. Seit einigen Jahren aber verfügt der 26 Quadratkilometer große Inselstaat im Südpazifik über einen wahren Exportschlager: Er verkauft seine Internetadressen mit der beliebten Endung .tv und verdient daran prächtig. 50 Millionen Dollar sollen es jährlich sein.

Nach Tuvalu'schem Vorbild möchte nun auch Montenegro mit seinen Internetadressen (Domains) den Staatssäckel auffüllen. Seit dieser Woche kann sich jeder für die neuen Domains des jungen Balkanstaates registrieren. Mit der Endung .me lassen sich so klangvolle Adressen wie find.me (finde mich), help.me (hilf mir), oder kiss.me (küsse mich) bilden.

"Wir sehen bei .me ein noch größeres Potenzial als bei .tv.", sagt Philipp Grabensee, Aufsichtsratschef bei Afilias, einer Firma, die neue Internetadressen technisch betreut. Die Regierung Montenegros rechnet binnen fünf Jahren mit 1,2 Millionen .me-Adressen. Bei einem Durchschnittspreis von 20 Dollar je Domain kann Montenegro damit auf Jahresumsätze von 40 Millionen Dollar hoffen. Ein Teil davon geht an die Registrare. Dies sind Firmen, bei denen Interessenten Internetadressen registrieren, kaufen oder verkaufen können.

Der Handel mit den Online-Adressen ist in den vergangenen Jahren zum satten Millionengeschäft angewachsen. So wurden auf der Domainplattform Sedo 2004 Adressen im Wert von knapp 7,6 Millionen Euro gehandelt, 2007 waren es bereits über 49 Millionen Euro. Die höchsten Durchschnittspreise bei Landesendungen erzielten hier .co.uk (Großbritannien) mit 4615 Euro, gefolgt vom spanischen .es (3151 Euro). Im Vergleich dazu gab es die Domains mit dem Deutschland-Kürzel .de für 1017 Euro fast zum Schnäppchenpreis. Dabei handelt es sich nicht um völlig unbekannte 08/15-Adressen, sondern um Domains, die viele Nutzer bereits kennen. Daher auch der hohe Preis.

Die Durchschnittsadresse für Otto-Normal-Verbraucher ist billiger. "Bei den großen Anbietern gibt es Domains von zwölf bis 15 Euro im Jahr", sagt Klaus Herzig, Sprecher bei der zentralen Registrierungsstelle für alle Domains, Denic.

Die wertvollste Adresse, die je verkauft wurde, ist schlüpfrig: Sex.com wechselte 2006 für zwölf Millionen US-Dollar den Besitzer. Porn.com kostete 9,5 Millionen Dollar. Auch kulinarische Adressen haben ihren Preis: vodka.com drei Millionen Dollar und pizza.com 2,6 Millionen Dollar.

Die teils immensen Preise haben für Sedo-Sprecherin Semra Yilmaz mehrere Gründe. Zum einen sind diese Internetadressen besonders naheliegend und daher oft gesucht. Ein Beispiel: Wer im Internet auf der Suche nach einem Pizzadienst ist, wird eher pizza.com als tonys-pizzablitz-in-herten.de eingeben. Zudem spucken Suchmaschinen bekannte und einfache Adressen an vorderster Stelle aus.

"Die Endungen von Montenegro sind für PR-Kampagnen und Einzelpersonen spannend", sagt Yilmaz. Weil die Adressen so gut in den Zeitgeist von Web 2.0 und Soziale Netzwerke passten. Die .tv-Endungen von Tuvalu hingegen seien eher für Firmen, vorweg Elektronikunternehmen, interessant gewesen. "Unter .me kann sich der Nutzer nichts vorstellen, .tv hingegen verbindet er mit Fernsehen", sagt Yilmaz. Soll heißen: Wer im Netz nach Unterhaltungselektronik sucht, wird eher fernseher.tv als fernseher.me eingeben. "Weil .me-Endungen für Firmen weniger interessant sind, werden die Erlöse geringer sein als bei .tv-Adressen", sagt Manfred Breul vom Branchenverband Bitkom.

Die besonders beliebten .-me Adressen werden 1000 bis 9000 Euro kosten, schätzt Yilmaz. Die 2600 vermeintlich lukrativsten Adressen wie kiss.me oder find.me sind allerdings vorerst reserviert und sollen erst am Ende des Vergabeprozesses versteigert werden. Für alle anderen Adressen gilt: Wer zuerst kommt, erhält den Zuschlag.

Doch selbst die teuerste .me-Adresse dürfte ein Schnäppchen bleiben, verglichen mit den Preisen, die die Spitzenreiter 2009 erzielen: Die "Internet-Regierung" Icann will die Namensendungen weitgehend freigeben. Damit sind künftig auch Endungen à la .müller, .mercedes oder .maus möglich, sofern das Geld reicht: Allein die Bewerbung für eine neue Endung soll um die 100 000 Dollar kosten.

(Quelle: http://www.derwesten.de/nachrichten/technik/2008/7/18/news-63222893/detail.html)
 
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