Thema: Von Österreich nach Bayern - Schöne Belege
bayern klassisch Am: 04.03.2014 15:09:09 Gelesen: 15353# 4@  
Liebe Sammlerfreunde,

lange nichts mehr hier gesehen, das muss sich ändern! :-)



Ein im österreichischen Einsiedl (ca. 50 km westlich von Wien) residierender Hopfenhändler hatte eine Warensendung an seinen bayerischen Kunden, "Seiner Excelenz Graf Hund in Weichertshofen bei Tachau Baiern" mit 5 Neukreuzer frankiert am 11.11.1870 (!) abgelassen, da gab es schon Probleme. Ob es damals schon karnevalistische Restalkoholprobleme in diesem Teil der Donaumonarchie gab, entzieht sich derzeit leider meiner Kenntnis.

Wessen geographische Kenntnisse etwas über den bayerischen Tellerrand hinaus gehen, der weiß, dass Tachau nicht in Bayern lag und liegt, sondern österreichisch war und ist (wunderschön dort, für die, die heuer nicht wissen, wo sie im Urlaub hinfahren sollen).

Weil ab dem 1.1.1868 alle einfachen Briefe nur noch 5 Nkr. kosteten, konnte die Aufgabepost an der Frankaturhöhe nicht mehr sehen, ob der Brief in die Nähe, oder doch weiter weg gehörig war. Nun hatte sie die Wahl, entweder einen Ort in Österreich, oder in Bayern als Zielort zu lokalisieren. Ausweislich der wundervollen Siegelseite ist uns die Mühe des Nachvollzugs durch 5 fabelhaft abgeschlagene Ortsstempel genommen.

Am Tag der Aufgabe stempelte man ihn noch in Marienbad in Böhmen ab, was auf eine schnelle Bahnpostverbindung evtl. über Prag schließen lässt. Einen Tag später war er schon im bayerischen Tirschenreuth, etwa 25 km westlich von Marienbad liegend und der erste bayerische Ort, der das österreichische Briefpaket öffnete. Artig stempelte man Durchgang und sandte ihn weiter nach Bärnau, wo er noch am selben Tag ankam (ca. 15 km südlich von Tirschenreuth).

Warum man ihn nach Bärnau schickte, entzieht sich meiner Kenntnis. Der Ort "Tachau", heute Tachov in der Tschechischen Republik, hatte und hat nie etwas mit Bayern oder Bärnau zu tun und "Tachau" als "Bärnau" zu lesen, wäre schon sehr weit her geholt. Aber es gab und gibt einen kleinen Ort namens Weichertshofen bei Bärnau, wo man offensichtlich die Zustellung versuchte.

Allein, es gab dort keinen Grafen von Hundt, wie er sich richtig schrieb. Dann bemerkte man am 13.11., nachdem wohl der Landbriefträger erst gar nicht bemüht worden war, dass es wohl "Tachau" heißen sollte und sandte ihn nach Österreich zurück. Das geschah recht fix, denn schon am selben Tag (13.11.) kam er ausweislich des blauen Ortsstempels von Tachau dort an.

Man bemerkte dort sehr wohl, dass es keine Grafen von Hundt dort gab und vermerkte "Dachau" unter "Tachau", womit er wieder an Bayern abzugeben war.

Ein Eintrag bei Wikipedia zeigt uns, dass es tatsächlich die Grafen von Hundt in "Unterweikertshofen" gab.

http://www.schloss-unterweikertshofen.de/pages/besitzer.htm

Die Grafen von Hundt waren seit dem Jahr 1800 dort auf dem Schloss ansässig und es ist zu vermuten, dass man ihm den Brief von Dachau oder Markt Indersdorf aus zustellte. Wer mehr darüber weiß, bitte melden!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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