Thema: Vorphilatelie: Schnörkelbriefe und andere Belege aus der Vorphilazeit
roteratte48 Am: 02.08.2008 18:55:13 Gelesen: 306214# 10@  
@ duphil [#147]

und an alle, die an Schnörkelbriefen Spass haben - hier also der erste Brief "zum einlesen". Er zeigt im Briefkopf sehr deutlich, woher der Name "Schnörkelbrief" kommt. Geschrieben wurde er relativ spät, schon gegen Ende der Zeit kunstvoller Gestaltung, 1793 in Schleiz; Hauptstadt des sich 1647 von der jüngeren Linie Reuß-Gera abspaltenden Linie Reuß-Schleiz.

Im Inhalt geht es um die Erhebung von Sondersteuern, die vordergründig der Vorsorge für die Einbeziehung des Fürstentums in den im April 1792 ausgebrochenen ersten Koalitionskrieg dienen sollten (tatsächlich kam es erst im 4. Koalitionskrieg 1806 dazu - dann aber gründlich, als die Schlacht bei Schleiz Napoleon einen deutlichen Sieg über die preußisch-sächsischen Truppen bescherte), tatsächlich aber die chronisch kränkelnden Staatsfinanzen aufpäppeln mussten.

Hier also der Text als kleine Hilfe beim "Selberlesen":

"Wir Heinrich der Zwey und Vierzigste Jüngerer
Linie Reuß, Graf und Herr von Plauen
Unsern gnädigsten Gruß zuvor
Ehrbare und Weise, liebe Getreue!

Nachdem wir für nötig finden, wegen derer bey der Steu=
er Caße allhier vorkommenden Ausgaben, hierdurch
zwey Kriegssteuern, und in der Ordnung den 69. und
70sten Termin auszuschreiben; Als ist unser gnädig=
stes Begehren an Euch hiermit, solches Eurer anver=
trauten Bürgerschaft gehörig zu publiciren und sie
zu bedeuten, daß selbige ihr schuldiges Quantum
dazu auf den Tag, so unser Forst- und Steuer secreta=
rius Friedrich Gottlob Meister zur Einnahme aus=
setzen wird, an guten harten Münz Sorten ein=
liefern sollen. Versehen uns deßen und
verbleiben Euch in Gnaden gewogen.

Schloß Schleiz den 14. Januar 1793
[Siegel] [eigenhändige Unterschrift] Hd42J.Reuß

[Empfangsvermerk] eingegangen den 19. Jan. 1793"

Viel Spaß bei den Leseübungen - das nächste Mal wirds bissle schwieriger. ;o)

Gruss vom Oberrhein - Rolf


 
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