Thema: Philatelistisches Wissen muss erhalten bleiben
DL8AAM Am: 14.04.2014 16:18:43 Gelesen: 13540# 17@  
@ Lars Boettger [#10]

Sollte ich das Buch jetzt kostenlos ins Internet stellen?

Wobei das eine gute Frage ist, die man nicht so einfach beiseite schieben sollte.

Wenn ein Autor ein Werk veröffentlichen will und dafür einen entsprechenden Ertrag erzielen will, ist die Frage einfach. Es soll welche geben, die davon leben können. ;-) Das ist auch gut so. Für diese Zwecke gibt es für den Leser fairerweise keinen Spass ohne Bezahlung. Wenn Du aber im Vorfeld schon mit der Grundeinstellung reingehst, dass Du kein Honorar (o.ä.) als "Kompensations" erhältst (bzw. keines erwartest), kann das anders aussehen. Diese Einstellung ist sehr löblich. Der Mut zur Lücke des genannten Vereine SOPHIA Wiltz ist ebenfalls sehr löblich, aber wenn die einige Male mit so einem Projekt auf die Nase gefallen sind, werden die es sich sicherlich irgendwann überlegen, ob sie vergleichbare "Kleinspartenprojekte" weiterhin auf diese Weise unterstützen bzw. unterstützen können, dass hiesse das dieses Wissen kaum noch veröffenlichbar wäre. Das es Zweit- oder Folgeauflagen gibt, ist auch unwahrscheinlich. Auf lange Sicht verlieren sich die verkauften Altexemplare (und das Wissen für künftige Generationen) in verstaubten Bibliotheken, bei eBay oder bei Haushaltsauflösungen im Müll.

Ich glaube, auch als Werbung für diesen Philateliebereich, wäre eine freie Veröffentlichung als PDF eine denkbare Alternative. Das Buch kaufen auch sicherlich (fast) nur spezielle Insider, die sich sowieso schon irgendwie mit diesem Thema beschäftigt haben. Mögliche Neuinteressenten wirst Du damit nicht erreichen können. Somit entfällt ein möglicher Werbeeffekt. Nur ganz wenige kaufen sich aus reinen "Lesespass" diese Art von Literaur (ich habe mir in den letzten Monaten z. B. das SS-Feldpost- und das neue Sudentenlandphilatieliehandbuch gekauft, obwohl ich zu 99,9% sicher bin, dass ich mir niemals passende Belege besorgen werde. Reiner Lesespass jenseits des Tellerrandes eben).

Die Bereitstellung - auf einer geeigneten Plattform - als PDF hätte auch den Vorteil, dass Google den Text sehen und bei einer Suche einen Link anbieten kann. Sehr wahrscheinlich werden hier auch mal Nochnichtphilalisten über das Buch stolpern, vielleicht findet so auch ein Neuer zu unserem Hobby.

Insbesondere die "gesuchte" jüngere Generation (ich als 40er aber auch) greift inzwischen sehr gerne auf eBook-Reader zurück. Ich als noch-40er drucke mir aber noch zusätzlich interessante philatelistische Fachliteratur aus und lasse sie mir für 5-6 Euro binden. Bin da noch etwas altmodisch. Leider ist das freie PDF in Deutschland, im Gegensatz zum englischsprachigen Raum (je nach Bereich), noch nicht so verbreitet. Ich finde es einfach nur schade, dass viele "1000 Arbeitsstunden" beim Autor, nur wenigen Dutzend Lesern gegenüberstehen. Und nicht zu vergessen ist die Möglichkeit des Updates.

Aber wie gesagt, ich beziehe das nur auf Fälle, in denen der Schreiber keinerlei finanziellen Nutzen aus der Arbeit ziehen will. Man er dies möchte, was vollkommen legitim ist, hat sich die Frage bereits erledigt.

Ein denkbares mögliches (aber einfach lösbares) Problem bei "nur PDF-Version" ist, dass es leider, scheinbar wohl (nur?) konzentriert auf unser bildendes Hobby (im lokalen Schützenwesen - in dem ich auch noch sehr aktiv bin - ist die Internetdurchseuchung der Durchschnittsmitgliedergeneration 60+ annähernd 100%), noch eine Gruppe von Hobbykollegen gibt, die irgendwie in ihrem Handeln und Denken in den 1980er Jahren stehen geblieben sind und über keinen PC verfügen bzw. die auch keinen Internetzugang haben. Für die kann aber sicherlich ein Vereinskamerad vor Ort gegen eine entsprechende Kostenerstattung für einen Ausdruck und das Binden sorgen. Auch eine edel aussehende Hardcover-Bindung beim örtlichen Buchbinder oder besseren Copyshop kostet nicht die Welt.

Gleiches gilt übrigens auch für ARGE-Rundbriefe etc. Wenn man hier Angst um den Mitgliederbestand hat, kann man ja eine Karenzzeit von beispielsweise 6 Monaten oder einem Jahr nachdenken, bis man diese auch der Allgemeinheit als PDF frei zur Ansicht anbietet. Der Werbeeffekt ist gerade für ARGEs sicherlich auch nicht zu unterschätzen! In- wie auch Phila-Extern. Das hat absolut nichts mit einem "Kostenlos"-Internet-Anspruchsdenken zu tun. Wir wollen als Hobby langfristig überleben (inklusive dem gesammelten Wissen der Altforderen), das bedeutet aber auch, wir müssen nun mal auch für die allgemeine (noch nicht interessierte) Öffentlichkeit sichtbar sein. Diese Sichtbarkeit wird heutzutage nun einmal durch Google und seine Freude erreicht. Es ist nicht mehr so, dass der Enkel seinen Opa befragt, er googelt. Ein ungenaues Suchwort eingetippt, ein Klick auf den falschen Treffer und wir haben einen neuen Hobbykollegen. Auf jeden Fall wahrscheinlicher, als phila-unbefleckt Neue über Werbeschauen im großen Festsaal des Gasthauses zur Alten Post zu erreichen. ;-)

Schon gar nicht Seiten, wo wie bei Wikipedia jeder "Dödel" mitschreiben kann". Naja, das wirklich soziologisch Interessante ist, dass das dahinterliegende Prinzip der Schwarmintelligenz bei Wikipedia witzigerweise nun einmal funktioniert. Falsches (irrtümlich oder bewusstes) wird in aller Regel in kürzester Zeit - durch den Schwarm - bemerkt, gemeldet und korrigiert. Was aber nur klappt, solange der Schwarm eine kritische Schwellengröße erreicht. Je spezieller ein Thema ist, je weniger Aktive sich bei einem Thema beteiligen (können), desto größer ist auch das Risiko von Fehlinformationen.

Beste Grüße
Thomas
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/6567
https://www.philaseiten.de/beitrag/83717