Thema: Briefausschnitte sammeln
Jürgen Witkowski Am: 02.05.2014 21:10:19 Gelesen: 7820# 9@  
@ Dietmar Klügel [#1]

Mir ist passend zu Deiner durchaus berechtigten Frage eine Veröffentlichung von Julius Bochmann, dem bekanntesten aller Stempelsammler und Autor des Kataloges der deutschen Gelegenheitsstempel, aus dem Jahr 1947 in die Hände gefallen, die ich Dir nicht vorenthalten möchte, da er in weiten Teilen immer noch aktuell ist:

Julius Bochmann, Zschopau

Wie sammelt man Poststempel?
[1]

"Die Zahl der Stempelsammler ist in stetigem Wachsen, und immer häufiger wird die Frage gestellt, wie, man eine Stempelsammlung anlegt, um eines Tages nicht feststellen zu müssen, daß man in der angefangenen Form nicht weiterkommt, daß die Sammlung unübersichtlich wird, daß die Sache keine Freude mehr macht. Zunächst muß sich der Sammler ein Ziel setzen und sich klar werden, welche Art von Stempeln er sammeln will. Zu raten ist in jedem Falle, das Sammelgebiet zunächst nicht zu groß zu wählen und es klar und eindeutig abzugrenzen. Je kleiner das Gebiet ist, desto leichter lösen sich alle Fragen. Trotzdem gehe man aber an keinem Stempel, der der Beachtung wert ist, vorüber, sammle diese ebenso fleißig, auch wenn sie nicht ins eigene Sammelgebiet gehören, denn eines Tages kann dieses Material ein recht gut brauchbares Tauschobjekt abgeben.

Eine wichtige Frage fordert gleich anfangs eine klare Entscheidung: Ganzstück oder Ausschnitt! Beides ist richtig. Liegen die Ziele und Absichten noch nicht klar fest, dann ist immer zu raten, zunächst möglichst Ganzstücke zu sammeln. Ausschneiden kann man später immer noch. Ganzstücke sammelt man am besten in Postkartengröße, also Format Din A 6 = 105 mal 148 mm. Diese lassen sich in einfachen Kästen leicht karteimäßig unterbringen. Sammelt man Ausschnitte, so achte man auf eine möglichst gleiche, genormte Größe in genau rechtwinkliger Form mit sauberen Schnittlinien.

Man halte sich dabei an folgende Maße:

Handstempel 55 X 55 mm,
Maschinenhalbstempel 87 X 42 mm,
Maschinenganzstempel 148 X 42 mm.


Sitzt einmal der Stempel so auf der Marke, daß man diese zerschneiden müßte, um die Größennorm einzuhalten, so suche man sich für die Sammlung ein anderes, besser passendes Stück. Zerschnittene Marken und auch Mehrfachfrankaturen beeinträchtigen die Wirkung des Stempels. Man wähle deshalb Stücke, die nur eine einzelne und dabei möglichst hellfarbige Marke fragen, wenn man nicht soweit gehen will, möglichst Stempelabdrucke ohne Marke zu sammeln. Doppelstücke hebe man nur als Ganzstück auf, da sie sich so leichter vertauschen lassen. An die Deutlichkeit, Sauberkeit und Vollständigkeit des Stempels stelle man die höchsten Anforderungen. Es ist jedoch zu beachten, daß es heute leider eine ganze Anzahl neuer Stempel gibt, die infolge wenig geübten Postpersonals oft nur in mittelmäßigen bis mangelhaften Abdrücken vorkommen.

Besonders interessieren wird noch die Frage, wie man zu den oft recht kurzlebigen neuen Stempeln kommt. Zwei Wege gibt es. Einmal kann man sich die Stempel selbst beschaffen durch Einsendung von Poststücken an die betreffenden Ämter. Da jedoch noch keinerlei rechtzeitige Vorankündigung möglich ist, ist es nötig, Presse und Rundfunk aufmerksam zu verfolgen und überall dorthin zu senden, wo man neue Sonderstempel vermutet. Das führt erfahrungsgemäß zu sehr vielen Fehlsendungen, schließt andererseits das Verpassen von neuen Stempeln nicht aus und ist, wenn man nicht über weitreichende und ausgedehnte Verbindungen mit gleichgesinnten Sammlern verfügt, immer ein Weg, auf dem sich kaum alle Neuheiten erfassen lassen. Es gibt heute aber schon so leistungsfähige Beschaffungsstellen und Händler, daß man den Bezug über diese nur anraten kann. Eine Vereinigung der Stempelsammler ist im Entstehen, die dann weiterhin genügend Tauschmöglichkeiten vermitteln kann, so daß heute die Möglichkeit jedenfalls schon gegeben ist, olle neuen Stempel vollständig zu bekommen.

Jedem ernsthaften und zielbewußten Stempelsammler wird die Benutzung eines Kataloges unentbehrlich sein. Der große Hauptkatalog der deutschen Sonderstempel ist praktisch allerdings heute nicht mehr beschaffbar, eine gesamte Neuauflage infolge des Gesetzes Nr.48 nicht möglich. Dafür wird in aller Kürze ein Verzeichnis aller seit 8. Mai 1945 neu, wieder oder weiterverwendeten Sonder-, Werbe-und Serienstempel erscheinen, das geeignet ist, diese Lücke ausreichend zu schließen.

Die Frage der Unterbringung einer Stempelsammlung kann im Rahmen des zur Verfügung stehenden Raumes nur kurz gestreift werden. Sie richtet sich nach dem Ziel, das man erreichen will, nach der Idee, die man darstellen will. nach den eigenen geschmacklichen Gesichtspunkten. Anfänger sammeln immer zunächst am besten Ganzstücke in Postkartengröße und ordnen diese rein. alphabetisch nach dem Gebrauchsort, also rein katalogmäßig in Karteikästen. Ist dann ein gewisser Umfang der Sammlung erreicht, läßt sich leicht aus diesem Material auch eine Schausammlung mit Ausschnitten auf losen Blättern zusammenstellen.

Alben mit oder ohne Vordruck und sonstige Hilfsmittel gibt es durch den Handel nicht. Die handelsüblichen vordrucklosen Alben für Marken sind für Stempel in folge zu geringer Papier-oder Kartonstärke unbrauchbar. Das Gewicht und auch die Dicke der Stempelausschnitte würde diese Markensammelblätter sehr stark durchdrücken oder biegen. Diese können die Last der Stempel einfach nicht tragen. Die Fragen der Aufmachung, mit oder ohne Beschriftung, sind nur rein persönliche Geschmacksangelegenheiten.

Die vorstehenden Ausführungen können nur richtungweisend sein. Jeder Sammler soll seine Sammlung so aufbauen und gestalten, wie er sie für richtig, zweckmäßig und interessant findet, aber immer in der Absicht, daran seine besondere Freude zu haben."

Wenn Du tiefer in die Materie einsteigen möchtest, ist Dir die Poststempelgilde sicherlich ein guter Ratgeber.

http://www.poststempelgilde.de

Mit besten Sammlergrüßen
Jürgen

[1] Quelle: Das Stempel-Echo, November 1947
 
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