Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 15.08.2008 11:12:40 Gelesen: 1328727# 118@  
Werrabahn: Das Geheimnis von Stempel Nr. 377

Von Peter Lauterbach

Freies Wort, Suhl (08.08.08) – Es gibt Zufälle im Leben, die sind so schön, dass man sie kaum glauben mag. Dem Meininger Eisenbahner Hans-Dieter Kauffmann passierte so ein Zufall, als er vor etlichen Jahren in seiner Familiengeschichte kramte. Dabei fand er heraus, dass er – zwar nicht ein direkter Nachfahre – so aber doch über seine Tante mit Georg-Michael Weber verwandt ist – jenem Mann, der einst vor reichlich 150 Jahren der Bauleiter der Werrabahn war.

Als Hans-Dieter Kauffmann 1951 als Schlosser im Meininger Reichsbahnausbesserungswerk seine Eisenbahnerlaufbahn begann, ahnte er davon noch nichts. 46 Jahre lang diente er der Eisenbahn als Schlosser, Lokheizer und Lokführer, machte Abendstudium und wurde Abnahmeinspektor für Lokomotiven, schließlich Ingenieur für Arbeitssicherheit. Er brachte es dabei bis zum Reichsbahn-Oberamtmann – ein Dienstgrad, der unter den Eisenbahnern vom alten Schlag noch heute, obwohl es die Reichsbahn schon lange nicht mehr gibt, etwas gilt. Eisenbahner ist man sowieso ein Leben lang – egal, ob im Dienst oder im Ruhestand. Und so ist Hans-Dieter Kauffmann noch heute stolz auf seine Uniform und auch auf seine Verwandtschaft zum Bauherrn der Werrabahn.

Als wäre ihm genau dies auch ein Stück Verpflichtung, hat sich der Meininger sein halbes Leben lang mit der Geschichte der Werrabahn beschäftigt. Sein Archiv füllt unzählige Aktenordner. Die große Meininger Ausstellung zum Werrabahn-Jubiläum bereitet er mit vor, leiht ihr wertvolle Ausstellungsstücke aus und hilft auch dem ein oder anderen Buchprojekt mit Material aus seiner Sammlung. Denn Hans-Dieter Kauffmann hat erkannt, dass die zweitälteste Thüringer Eisenbahn eine weitaus größere Bedeutung für Meiningen und das Werratal hatte als heute gemeinhin angenommen – nicht nur, weil einst fast 3500 Menschen alleine im Raw arbeiteten. Auf Schritt und tritt findet sich noch heute in der Kreisstadt Eisenbahngeschichte – sei es in Form des stattlichen Direktionsgebäudes der ehemaligen Werra-Eisenbahn-Gesellschaft, sei es in Form des ESV Lok Meiningen. Der ganzen Republik war Meiningen eisenbahntechnisch ein Begriff – stand doch selbst im Berliner Bahnhof Lichtenberg „Meiningen“ als Ziel des „Rennsteig-Express“ auf der Anzeigetafel. Doch ein kleines Museum über die Meininger Eisenbahngeschichte gibt es bislang nicht. Und auch kein Eisenbahndenkmal. Genau das aber ist etwas, was sich Hans-Dieter Kauffmann für seine Heimatstadt wünscht.

Doch weil ein solches Denkmal noch nicht in Reichweite erscheint, wird der alte Eisenbahner zum Jubiläum am 2. November auf seine Weise an die Werrabahn erinnern. Gemeinsam mit dem Meininger Briefmarkenverein bringt er eine Sonderpostkarte und eine Sonderbriefmarke der österreichischen Bundespost heraus. Denn Hans-Dieter Kauffmann ist auch Philatelist. Seit Anfang der sechziger Jahre sammelt er Eisenbahn-Briefmarken, Ersttagsbriefe, Bahnpostbriefe und Bahn-Telegramme. Eine bedeutende Sammlung mit europäischen Eisenbahnbriefmarken hat er zusammengetragen und die wohl größte Sammlung zur Postbeförderung auf der Werrabahn zwischen 1858 und 1967.

Postalische Zeitreise

Wertvolle Dienstpostbriefe – abgeschickt von der „Königlich-Bayerischen Eisenbahnbau-Commission“ München – an die Verwaltung der Werra-Eisenbahn-Gesellschaft aus den Jahren 1858 und 1859 sind ebenso darunter wie eine „Telegraphische Depesche“ – aufgegeben von der „Werrabahn-Telegraphen-Station“ in Bad Salzungen vom Juli 1962. Bis ins kleinste Detail kann Kauffmann die Entwicklung des Bahnpostwesens auf der Werrabahn anhand verschiedener Briefe nachvollziehen. Bereits einen Monat nach Eröffnung der Strecke, am 4. Dezember 1858, begann die Postbeförderung auf der Werrabahn. Immerhin über neun Aufgabestellen verfügte die Strecke. Zunächst wurden die Briefmarken nur per Federstrich entwertet, später gab es dafür Stempel. Besonders markant ist ein Stempel der „Fürstlichen Thurn und Taxis‘schen Lehenspost“, der die Nummer 377 trug. Dieser Stempel wurde ausschließlich vom Personal des Bahnpostwagens der Werrabahn benutzt. Wer immer in Deutschland einen Brief mit diesem Nummernstempel bekam, der wusste – irgendwo auf der Fahrt zwischen Eisenach und Lichtenfels wurde er abgestempelt.

Eine stattliche Auswahl dieser Briefe und Depeschen aus seiner Sammlung hat Hans-Dieter Kauffmann für die große Ausstellung im Meininger Schloss zusammengestellt, die am 5. September eröffnet wird. Die postalische Zeitreise reicht von der Thurn- und Taxis‘schen Postverwaltung über die Preußische Post und die Reichspost bis hin zur Deutschen Post. Auch manches Schmankerl hat der Meininger dabei in seiner Sammlung: So wurden Postsendungen noch 1954 mit einem Bahnpoststempel „Eisenach – Lichtenfels“ entwertet, obwohl seit Kriegsende der Eisenbahnverkehr zwischen Eisfeld und Coburg unterbrochen war. Kurios – aber doch ein Stück Thüringer Eisenbahngeschichte.

(Quelle: http://www.freies-wort.de/nachrichten/thueringen/fwfeuilleton/art2436,858980)
 
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