Thema: Schweiz: Preise für Alt-Schweiz zu wertvoll oder zu teuer ?
bayern klassisch Am: 14.06.2014 20:05:44 Gelesen: 9923# 16@  
@ ziffer-freak [#15]

Hallo Andy,

vlt. habe ich mich unpräzise ausgedrückt: Es ist ein Brief aus München, der nach Basel geschmuggelt wurde (von einem Reisenden, oder in ein Paket bzw. einem großen Brief illegal eingelegt), der dann in Basel mit einem Täubchen als Ortsbrief frankiert aufgegeben wurde.

Auch wenn es off topic ist: Die Argumentation, dass es mehr Portobriefe, als frankierte Briefe gab, weil es eine Beleidigung darstellte, dass der Absender zahlte, ist meiner Erfahrung nach nicht haltbar.

Ich habe sicherlich 5.000 bis 10.000 Briefinhalte gelesen und transkribiert, dienstliche, private, geschäftliche usw.. In keinem war eine Tendenz erkennbar, dass diese Motivation existiert hätte.

Vielmehr war es so, dass die Absender der Post in nur geringem Maße vertrauten und auf keinen Fall viel Geld für einen Brief ausgeben wollten, der am Ende gar nicht ankam und das Abschicken eines zweiten Briefes nötig machte.

Diese Denkweise ist nicht verwunderlich, wenn man sich die damaligen Zustände vieler Postbedienster und vieler Postverwaltungen vor Augen hält. Die veröffentlichten Strafen gegen Beamte und Postler sind Legion - von Unterschlagungen, Diebstahl, Betrug beim Kassieren des Frankos, Beraubung von Reisenden, Falscheinstellungen von Waagen, Verkauf von Freikarten beim Transport mit den Kutschen, Erbrechung von Siegeln (= Verstoß gegen das Postgeheimnis) und und und.

Darüber hinaus gab es im bi- oder trilateralen Postverkehr oft gar keine Möglichkeit, frankiert zu versenden, weil dies die Postverträge nicht vorsahen (z. B. nach GB und Österreich mit ihren Grenzfankozwang, also unfrei ab der Grenze). Darüber hinaus wussten auch die Postler oft gar nicht, wie hoch die ausländischen Franki waren, selbst wenn der Absender frankierungswillig war (in diese Fällen konnte man zwar einen Franko - Zettel mit dem Brief verschicken, aber das war noch umständlicher).

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, oft erst später, gab es gar keinen Zuschlag für die unfrankierten Korrespondenzen, so dass es keinen Vorteil bot, seine Post zu frankieren. Erst der DÖPV führte zum 1.7.1850 einen Portozuschlag von 3 Kr. je Loth ein, weil man das für die Post einfachere frankieren und damit den Verkauf von Freimarken fördern wollte.

Für die CH galt, dass man erst mit dem Postvertrag vom 1.9.1868 überhaupt Portobriefe verteuerte, dann aber gleich um 100%! Zuvor, also nach dem Postvertrag vom Oktober 1852, gab es keinen Portozuschlag.

Sorry, etwas lang geworden - liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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