Thema: Altdeutschland Bayern: Expressbriefe
bayern klassisch Am: 23.07.2014 13:15:09 Gelesen: 12676# 12@  
Liebe Sammlerfreunde,

nun also ein paar Dienst - Expressbriefe, frankierte und portofreie.



Den Beginn macht ein hübscher aus Landshut vom 19.5.1866. Absender war das Handelsgericht Landshut, Empfänger war der k. Notar Hermann Pfeiler in Bogen. Es war eine P(artei) - S(ache) mit einer Beilage, daher war der Brief über 1 - 15 Loth schwer.

Partei - Sachen waren stets portopflichtig, also frankiert oder mit Porto belastet abzusenden. Im Inneren des Briefes wurde zum Hervorheben von Textteilen die gleiche blaue Kreide benutzt, wie vorderseitig, um den Cito - Vermerk hervor zu heben. Diese farbigen Unterstreichungen stammen also primär von den Absenderbehörden und i. d. R. nicht von der Post, wie man auch meinen könnte.

Eine Express - Gebühr fiel hier nicht an, weil der Zielort eine eigene Postexpedition hatte und der dortige Postexpeditor einen vereidigten Boten für seine Zustellung dingen musste.



Vergleichbar, aber m. E. noch hübscher, ist ein Dienstexpressbrief aus Augsburg vom 19.4.1866 nach Nördlingen, der auch über 1 - 15 Loth wog und mit sehr dringend bezeichnet wurde. Empfänger war das k. Bezirksamt dort und der Absender, ein k. Notar, hatte sich nicht mal in der Kopfzeile der Adressseite genannt.



Am 26.2.1873 schrieb man einen eiligen Dienstbrief von Kempten (Bezirksamt) nach Kempten (Straßen- und Flußbauamt), den es als Privat - Expressbrief so nicht gegeben hätte, weil Private keine Expressbriefe in den Ort der Aufgabe versenden konnten (die Annahme solcher Briefe war abzulehnen).

Als Dienstexpressbrief war es aber möglich, auch wenn solche Briefe handverlesen sind (ich habe keine 5 in über 30 Jahren gesehen). Als Regierungssache mit einer Beilage war er porto- und expressgebührenfrei zu befördern.

Der Vermerk "Dringend" in Rötel wurde noch, wohl von der Aufgabepost, blau unterstrichen, obwohl es dessen m. E. nicht eigens bedurft hätte.



Das Pfarramt Ortenburg bei Vilshofen transportierte seine Post der Dringendheit halber gleich selbst zur Postexpedition Vilshofen, weil kein Aufschub geduldet werden konnte. Ein Brief nach Landshut an das dortige protestantische Stadtpfarramt wurde mit dem Vermerk "dringend" (gleich doppelt unterstrichen) versehen, um die schleunigste Beförderung dort zu erwirken.

Dienstexpressbriefe aus dem Lokalbezirk - zumal wenn sie frankiert wurden - in einen Ort mit Postexpedition sind nicht häufig und dürfen gerne mitgenommen werden, wenn sie denn mal angeboten werden.



Vom 18.5.1851 erfreut uns ein Dienstesschreiben aus Wassertrüdingen nach Ansbach, welches so wichtig war, dass man "Citissime", also allerschnellstens, dreifach unterstrich und sogar noch in die Adresse schrieb. Kein Wunder, war doch der Absender das Landgericht (Gefahr im Verzuge) und der Empfänger die k. Regierung in Mittelfranken - Kammer des Inneren.



Am 18.10.1864 gab es Probleme bei der Postexpedition Berneck, weil ein Postler ausgefallen war und nun guter Rat (= Ersatz) teuer war. Daher begab sich der Postexpeditor höchstselbst nach Markt Schorgast, um sicher zu stellen, dass es dort den benötigten Ersatzmann gäbe und schrieb unter R. S. (!!) einen expressen Dienstbrief an seine vorgesetzte Mittelbehörde, das Oberpostamt Bamberg. Das Schreiben ist außen und innen mit höchster Akkuratesse gefertigt worden und an Servilität schwer zu überbieten. Aber so war das halt, wenn man in der Tinte saß und von den Herren schnell etwas wollte ...

Auf Grund seiner hervorragenden Optik ist dies einer meiner Lieblings - Dienst - Expressbriefe und er kann sich mit dem von @kreuzer durchaus messen. So hübsch können diese kleinen Bayern - Schmankerl sein und erzählen doch alle ihre ganz eigene Geschichte. Sie kosten kein Vermögen und brauchen es auch nicht, denn sie machen dem postgeschichtlich Interessierten viel Freude, vor allem dann, wenn der Inhalt noch vorhanden ist, denn es ist immer spannend bei Dienstexpressbriefen, diesen zu lesen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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