Thema: (?) (668) Postverhältnisse Bayern - Österreich
bayern klassisch Am: 22.08.2014 14:17:26 Gelesen: 255595# 5@  
Liebe Sammlerfreunde,

mal etwas ganz anderes, auch wenn es auf den 1. Blick nur ein simpler Altbrief ist.

Geschrieben in Amsterdam am 10.3.1835, am 15.2.1835 in Nürnberg "franco Grenze" aufgegeben und nach Gröden in Tirol gerichtet. In Nürnberg wurden 12x rheinisch, in Gröden 14x CM bezahlt.





Absender war die Firma Ludolph Hausemann in Amsterdam. Diese schreibt an J. B. Purger folgendes:

"Am 16. October 1834 bestellte ich Ihnen: 5 Kisten Puppen
Am 29. December 1834 bestellte ich Ihnen 1 Kiste ditto (= ebenso)
Am 10 Januar 1835 bestellte ich Ihnen 1 Kiste ditto
Am 7. Februar 1835 bestellte ich Ihnen 4 Kisten ditto. Total: 11 Kisten.

Bis jetzt habe ich noch nicht einmal Factura (= Rechnung) von Ihnen über eine einzige Absendung. Durch diese Ihre langsame Bedienung, habe ich bei meinen Kunden viel Verdruß, denn die beste Zeit zum Verkauf geht dadurch verloren.

Ich erwarte umgehend von Ihnen Versandts - Anzeige. Sobald ich Factura habe, werde ich Ihnen neue Aufträge einsenden.

Achtungsvoll empfohlen - Ludolph Hausemann".

Der komplette Brief wiegt heute und wog auch damals 4g, wäre also überall einfachen Gewichts gewesen. Man hätte ihn nach dem PV der Niederlande mit Preußen bzw. Bayerns mit Preußen vom 1.7.1816 teilfrankiert aufgeben können. Eine Ganzfrankatur bis zum Empfänger ließ Österreich wegen des Grenzfrankozwanges nicht zu. Im übrigen galt ab dem 1.4.1835, also nur wenige Tage später, schon der neue Postvertrag Preußens mit Bayern, der jedoch hinsichtlich des Grenzfrankozwanges zu Österreich nichts änderte.

Der Absender sparte sich aber das Porto/Franko für die NL, für Preußen und Taxis, weil er ihn der Post unterschlug und mit dem Vermerk "P(er) Adr(esse) Ammon & Caspart in Nürnberg" versehen hatte.

Zu diesem Haus der Link:

http://books.google.de/books?id=WLNAAAAAcAAJ&pg=PA169&lpg=PA169&dq=ammon+%26+caspart,+n%C3%BCrnberg&source=bl&ots=7bcdhz8DHD&sig=V4fpv_37iTdJm3IBuFkhRNSPu0M&hl=de&sa=X&ei=YGD3U__eIefZ0QWEwoCADA&ved=0CEgQ6AEwBQ

Da Ammon & Caspart eine Eisenhandlung hatten, dürfen wir annehmen, dass in einer Warensendung oder einem größeren Brief dieser hier eingeschmuggelt wurde. Auf der anderen Seite zahlte ja Ammon & Caspart immerhin 12x rh. für ihn bei der Aufgabe in Nürnberg für einfache Briefe über 30 - 36 Meilen Entfernung zu österr. Grenze. Dieses Geld musste die Nürnberger Firma, man könnte sie auch "Forwarder" nennen, sich später zurück geholt haben. Vom wem, muss offen bleiben, denn ich könnte mir vorstellen, dass sowohl die Firma in Amsterdam, als auch Purger deren Dienste nutzte und Ammon & Caspart unregelmässig beiden Rechnungen stellte (in die Briefe hinein schauen durften sie natürlich nicht!).

Solche Briefe, und hässlich finde ich den nun nicht gerade, kann man zum Preis eine Mittagstisches kaufen, wenn man nicht gerade das Pech hat, gegen mich bieten zu müssen.

Da sage noch jemand, man könne keine klassische Sammlung des 19. Jahrhunderts gut bestücken, wenn man nicht sehr betucht ist ... was für ein Quatsch.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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