Thema: Südafrika
0nickyet Am: 25.09.2014 13:26:22 Gelesen: 17461# 7@  
Hallo,

an diesem schönen Thema will ich mich gern beteiligen, und beginne mal ganz vorn:

Am 4. November 1910 wurde die erste Marke der Union anlässlich Parlamentseröffnung in Cape Town herausgegeben. Sie zeigt King George V., der zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal gekrönt war. Bemerkenswert ist das insofern als im Vereinigten Königreich die ersten King George V.-Marken erst im Juni 1911 erschienen.



Im Bild ist von rechts nach links eine abnehmende Bläuung festzustellen. Diese entstammt nicht unterschiedlichen Ausgaben, sondern der Schwierigkeit, die Stichtiefdruck-Platten bei De La Rue in London wirklich sauber zu bekommen. Das von petzlaff erwähnte Union-Handbook verzeichnet nur eine Ausgabe. Stanley Gibbons und der South African Stamp Colour Catalogue unterscheiden eine [jüngere] 'deep blue'-Ausgabe von der [älteren] Ausgabe mit weißem Grund.

Michel sprach im Süd- und Zentralafrika-Katalog 2002 etwas missverständlich von 'bläulich getöntem Papier', das Papier ist aber bei beiden Katalogvarianten dasselbe (dafür gibt es zwei unterschiedliche Gummierungen). Immerhin katalogisiert Michel die dunklere Ausgabe chronologisch richtig als '1b'.

Eine Ausgabe von 1982 des South African Stamp Colour Catalogue verzeichnete sogar vier verschiedene Nummern, drei wegen unterschiedlicher Bäuungsgrade und eine weitere wegen der unterschiedlichen Gummierung, von dem Unsinn ist man aber wieder abgekommen. Wo die Grenze zwischen den beiden Blau-Schattierungen liegen soll, bleibt bei alledem sehr fraglich: Ist das Papier der mittleren Marke 'noch weiß' oder 'schon bläulich'?

Bemerkenswert sind noch einige andere Aspekte der Ausgabe:

King George V. ist umrahmt von den Insignien der vier Kriegsparteien, die bis 1902 den zweiten Burenkrieg geführt hatten: Oben die Kapkolonie (links) und Natal (rechts), die auf Seiten des britischen Empire kämpften, und unten die Burenrepubliken Oranje-Freistaat (links) und Transvaal (rechts). Die Landesbezeichnung ist zweisprachig: englisch und niederländisch - noch nicht, wie ab 1925, in Englisch und Afrikaans. Auch das Markenbild bemüht sich also, aus keineswegs freundlich gesonnenen Komponenten eine Union zu schmieden.

Der Markenentwurf stammte aus Pretoria (Transvaal), der Druck wurde wie gesagt in London vorgenommen, und die Portostufe von zweieinhalb Cents entsprach dem Tarif für Auslandsbriefe. Die Marke zirkulierte also nicht in Südafrika selbst! Erst im September 1913 wurden erste Unions-Marken für Inlandstarife ausgegeben, bis dahin konnten nur die Marken der vier Teilstaaten verwendet werden. Dies bescherte den Sammlern ein eigenes Sammelgebiet 'Interprovincial Period' mit solchen Kuriositäten wie Oranje-Freistaat-Marken mit einem "V.R.I."-Überdruck. Das "V" bezieht sich noch auf die 1901 verstorbene Queen Victoria, und der Überdruck versah erbeutete Marken während des zweiten Burenkrieges. Auch der im Mai 1910 verstorbene King Edward VII. zirkulierte zahlreich in der Union, die erst vier Wochen nach seinem Tod begründet wurde.

Letztgenannte Kuriosität sei, dass die Union zu diesem Zeitpunkt als Provisorium galt. Sowohl Bechuanaland (ab 1966 Botsuana) als auch das Gebiet der British South Africa Company (Marken 1892-1923, dann unterteilt in Süd-Rhodesien [Marken ab 1924] und Nord-Rhodesien [Marken ab 1925], zwischenzeitlich diverse Förderationen, heute gebildet aus Simbabwe, Sambia und Malawi) hatten Beitrittsoptionen, von denen jedoch nie Gebrauch gemacht wurde.
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/6491
https://www.philaseiten.de/beitrag/92025