Thema: Vorphilatelie 19. Jahrhundert: Belege vorgestellt
bayern klassisch Am: 19.11.2014 15:25:55 Gelesen: 69778# 72@  
@ roteratte48 [#69]

Lieber Rolf,

nach unserem netten Telefonat von eben will ich deinen kleinen Brief aus Frankreich in die Pfalz dann doch "vorab" beschreiben.

Ursprünglich als französischer Portobrief von Besancon nach Strasbourg am 13.4.1847 abgeschickt, hatte ihn Besancon mit 5 Decimes taxiert. Der Brief wog 8g (oben links gewogen) und lag daher in der 2. französischen Gewichtsstufe.

Bei seiner Ankunft nach knapp 200 km am Folgetag konnte er jedoch nicht zugestellt werden. Jetzt saß die franz. Post auf einer Portoforderung von 5 Decimes (knapp 15 Kr.), die keiner zahlen konnte. Es fand sich jedoch jemand, der die neue Anschrift kannte und zwar "Gänsheim par Speiern". Orthographisch korrekt wäre Geinsheim bei Speyer gewesen, aber die Postler damals waren schlau und wussten in der Regel schon, wohin das Baby zu schicken war.

Nun war es aber ein Auslandsbrief geworden nach dem Postvertrag Bayerns mit Frankreich vom 1.1.1822 und Frankreich wollte nicht nur 5 Decimes dafür haben,sondern mehr! Ergo stempelte man in der Grenzstadt Strasbourg mit einem C.F.3.R. = Correspondance Francais 3sieme Rayon, also "französischer Brief aus dem 3. Entfernungsrayon" zur Pfalz. Jetzt wurden 18 Kr. angesetzt für den französischen Portoanteil, in denen die ursprünglichen 5 Decimes keine Rolle mehr spielten, denn sie waren obsolet geworden. 18 Kr. entsprachen 6 Decimes, so dass Frankreich noch ein kleines Geschäftchen machte und ihn einfach nach Wissembourg (deutsch: Weißenburg im Elsaß) leitete, wo er am 16.4. ankam.

Dort sandte man ihn nach Landau i.d.P. (= in der Pfalz) weiter, der Kartenschlußpostexpedition der Pfalz, wo er mit 6 Kr. für die pfälzische Strecke taxiert wurde (bei 8g wäre er in Bayern noch einfach gewesen, weil das halbe Münchener Loth galt und das war 17,5g schwer!). Korrekt wären 4x gewesen für einfache Briefe über 6 - 12 Meilen, aber was solls, wer solche Briefe bekam, zahlte sowieso alles und unübersichtlich war das Brieflein eh schon genug.

Die vorn notierten 9 Kr. machten noch weniger Sinn und wurden folgerichtig abgestrichen.

Über Neustadt an der Weinstraße (18.4.) ging es dann von Speyer aus (hier ohne Halbkreisstempel in rot, wie sonst bei dieser Korrespondenz) nach Geinsheim per Landboten, der dafür 3 Kr. verlangte. Folglich sehen wir vorne die Postgebühr von 24 Kr. für den Brief und siegelseitig 3 Kr. Landbotengebühr, so dass man für ihn total 27 Kr. zu bezahlen hatte.

Er wird, lieber Rolf, ganz sicher Eingang in meine kleine Bayern - Frankreich - Spezialitäten - Sammlung finden und dafür danke ich dir herzlichst.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/6497
https://www.philaseiten.de/beitrag/95225