Thema: Generalgouvernement: Bedarfsbelege
Jürgen Zalaszewski Am: 13.12.2014 23:13:51 Gelesen: 149380# 14@  
@ hajo22 [#58]+[#59]

Hallo Jochen,

ja diesen Artikel, wie auch die anderen von Dr. Schmidt, kenne ich. Das waren mit meine ersten Literaturfunde zu diesem Sammelgebiet. Damals in den frühen 80ern war das Sammelgebiet noch überhaupt nicht groß bearbeitet. Hätte es die Dienstpostreihe von Dr. Schulz nicht gegeben, veröffentlicht bei der Poststempelgilde, wären die Literaturfundstellen sehr gering gewesen.

Der Postscheckbrief ist sehr schön. Alles was irgendwie mit Postscheck oder Postsparkasse aus dem Generalgouvernement zu tun hat, ist wirklich nicht so häufig zu finden.

Die Ganzsache aus Beitrag [#59] ist alleine schon durch den Judenrat-Stempel sehr interessant. Diese Belege sind sehr gesucht, vor allem in den Staaten. Von den Ganzsachen werde ich auch noch die ein oder andere zeigen.

Heute erst einmal dieser schöne Brief: Einschreiben-Eilboten-Brief von Warschau nach Hannover, frankiert mit Marken der Rot-Kreuz-Serie und einer Bautenmarke als Ergänzungswert. Das Porto ist mit 80 Gr. Eilbotengebühr, 60 Gr. Einschreibgebühr und der eigentlichen Briefgebühr von 24 Gr. genau richtig angegeben. Was fällt auf? Natürlich der rote Aufkleber "Zollstück" und die Entwertung mit einem Sonderstempel. Der Sonderstempel, den es auch in den anderen Distriktshauptstädten Krakau, Radom und Lublin gab, durfte nur auf den dafür vorgesehenen Briefmarken abgeschlagen werden. Das ist hier sehr anschaulich dokumentiert, denn der 10 Gr. Ergänzungswert wurde mit einem normalen Tagesstempel entwertet.



Was hat es mit dem Aufkleber "Zollstück" auf sich? Der Brief wurde aus dem normalen Postgang aussortiert, weil man darin Dinge vermutete, die eventuell gegen das Devisenrecht verstießen. (Das Generalgouvernement war für das Deutsche Reich devisenrechtlich "Ausland".) Der Brief wurde mit dem roten Aufkleber gekennzeichnet und im Reich der nächsten Zollbehörde vorgeführt, in diesem Fall war das in Berlin-Charlottenburg. Dort wurde der Brief geöffnet und eine Nachschau fand statt, dokumentiert durch den rückseitig angebrachten Aufkleber "Zur Devisenüberwachung zollamtlich geöffnet". Wurde nichts verwerfliches gefunden, wurde der Brief dem Empfänger normal zugestellt. Gab es Beanstandungen, musste der Empfänger bei der örtlichen Zollbehörde den Brief abholen und für eventuellen Zölle oder Strafen aufkommen. Es kann natürlich auch gewesen sein, dass es sich hier um eine versteckte Zensurkontrolle gehandelt hat.

Wünsche einen schönen dritten Advent.
Jürgen
 
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