Thema: Preisbewertungsfragen zu Belegen
Carolina Pegleg Am: 06.10.2008 04:38:42 Gelesen: 9656# 4@  
Also der mittlere der beiden gezeigten Briefe hat die im Thema 'Rechteckige Briefzentrum Stempel' diskutierten Tintenstrahl-Versuchsstempel. Schon aus diesem Grunde sollte dieser Brief aufgehoben werden. Ziemlich verwackelt, im übrigen. Da muss wohl noch ein bisschen weiter versucht werden. Diese neue Maschine dient speziell der Bearbeitung grossformatiger Sendungen, da muss man sich als Stempelsammler mit dem Format abfinden.

Das Thema heisst ja Bewertungsfragen von Belegen, also hole ich mal ein bisschen weiter aus. Vor der Entscheidung, was man ausschneiden kann/soll oder als Ganzbeleg erhalten, steht ja jeder Sammler tagtäglich. Ich finde dies daher ein ganz wichtiges Thema. Grundsätzlich gibt eine immense Anzahl von Kriterien, die den Wert eines Ganzstückes beeinflussen. Ich habe mir jetzt darüber keine tiefsinnigen Gedanken gemacht, aber würde diese Kriterien vielleicht so kategorisieren: wegen der Marken, wegen der Stempel, wegen der Versendungsart/Portostufe, wegen postgeschichtlichen Aspekten und wegen "Sonstigem".

Wegen der Marken:

Es gibt Sammler, die sammeln Marken lieber auf Brief als lose. Beliebt sind Einzelfrankturen (EF) und Mehrfachfrankaturen (MeF = dieselbe Marke mehrmals, keine andere zusätzlichen Marken auf dem Brief). Weniger beliebt sind Mischfrankaturen (MiF = mehrere unterschiedliche Marken als Frankatur) oder Buntfrankaturen (BuF = bewusst bunte Frankaturen, z. B. verschiedene Sondermarken derselben Portostufe anstatt eine MeF derselben Marke -- typischer Sammlerbrief). Nigel [#2] hat dies schon gesagt.

Wegen der Stempel:

Viele Stempelsammler sammeln Stempel lieber als Ganzstücke, anstatt auf losen Marken oder als Ausschnitt. Bei Stempeln kommt es auf die Lesbarkeit des Abschlages an. Natürlich gibt es auch Stempelarten, die in der Regel schlecht abgeschlagen sind. Da kommt es auf den Einzefall an und es hilft nur die Erfahrung. Grundsätzlich interessant sind Werbestempel, Bahnpost, kleinere Orte usw. Wenn die Marke abgelöst wertlos wäre, z. B., eine normale Dauerserie, gibt es wirklich keinen Grund die Marke auszuschneiden. Dann spricht vieles dafür den Umschlag ganz zu lassen, wenn es einen sauberen Stempel gibt. Der Stempel, selbst wenn er noch so gewöhnlich ist, ist einem Stempel- oder Heimatsammler immer noch mehr wert als der lose "Blumengruss."

Wegen der Versendungsart/Portostufe:

Bei besonderen Versendungsformen jenseits des Standardbriefes sollte man zumeist nicht zur Schere greifen, also Einschreiben-Eilboten, Rohrpost, etc. Besonders achten sollte man auf unscheinbare seltene Portostufen, z. B., höhere Drucksachenportostufen, Büchersendung, Blindensendung etc. Es gibt Portostufensammler die sich über solche Sachen sehr freuen. Insbesonderen wenn EF oder MeF zur genauen Darstellung ungewöhnlicher Portostufen verwendet werden. Natürlich, manche Portostufen bekommt man nur mit MiF hin, die in diesen Spezialfällen auch ihre Interessenten finden.

Wegen postgeschichtlicher Aspekte:

Hierhin gehören zunächst alle Gesichtspunkte einer besonderen/ungewöhnlichen Behandlung des Poststückes, z. B. zurück da unzustellbar. Dann die Sonderpostbeförderungen. Seltenere Destinationen. Feldpost etc. Ersttage, Letzttage, Früh- und Spätverwendungen im Hinblick auf Marken, Portostufen, Sendungsarten. Zugegeben, hier hilft nur etwas Erfahrung, wenn es um ältere Stücke geht. Bei der Beurteilung der Tagespost kriegt man diese Kriterien aber mit der Zeit auch als Anfänger hin.

Sonstiges:

Dies sind zum Teil nicht-philatelistische Aspekte. Ansichtskarten sind z. B. im allgemeinen wertvoller als die ausgeschnittene Marke. In den USA mit Aufschlag gehandelt werden z. B. Briefe mit vorgedruckter Absenderangabe (so genannte "corner card" links oben auf dem Briefumschlag), insbesondere bei bekannten Firmen oder Illustrationen auf dem Umschlag. Auch Post von Prominenten ist ein "sonstiges" Kriterium.

Erhaltung:

Bevorzugt werden im allgemeinen kleinformatigere Belege, die sich gut unterbringen lassen. Natürlich gibt es Portostufen oder sonstige Gründe bei denen das Grossformat akkzeptiert werden muss (siehe oben, z.B.). Weiter gilt wie auch bei den Marken, dass die Erhaltungsansprüche sinken, je seltener das Stück ist. Stets schlecht: Unsaubere Öffnung oder öffnungsbedingte Verkürzungen um mehr als 1-2mm, grobe Knitter oder Knicke, Aktenlochungen, Notizen auf dem Brief.

Soweit also meine kurzgefasste (?) Meinung. Sicher gibt es noch Raum zu Ergänzungen, da ich hier bestimmt einzelne Gesichtspunkte vergessen habe. Mit den obigen Kriterien lassen sich aber die Mehrzahl der Normalbelege aus der Tagespost, um die es hier geht, sicher schon ganz gut einschätzen. Ich gehöre eindeutig nicht zu der Fraktion, die dafür ist immer alles auf Brief zu lassen. Der grösste Schaden an sammelbaren Material droht nicht vom versehentlichen Ausschneiden einer Marke, sondern im Wegwerfen aller Poststücke, Absenderfreistempel etc., die keine Marken haben.
 
Quelle: www.philaseiten.de
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