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Thema: (?) (183-184) Mit Brief und Siegel: Was sagt uns die Rückseite ?
Das Thema hat 184 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 27.09.2009 17:05:23 Gelesen: 217241# 10 @  
Hallo Kreuzerjäger,

hat der Brief Inhalt?

Wenn nein, dann wäre folgendes möglich:

Brief von A an Person B..

B. liest den Brief und schickt ihn in einem anderen Brief neu versiegelt an C. mit der Bitte um Verwahrung (z. B. Erbschaftsangelegenheiten).

Jahre später tritt der Erbfall ein und C. bricht das 2. Siegel des Briefes wie mit B. damals verabredet.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Kreuzerjäger Am: 27.09.2009 20:50:10 Gelesen: 217214# 11 @  
Hallo bayern klassisch.

Leider hat der Brief keinen Inhalt.

Aber Danke für die Antwort.

Viele Grüße
Kreuzerjäger
 
bayern klassisch Am: 28.09.2009 06:27:10 Gelesen: 217194# 12 @  
Hallo Kreuzerjäger,

schade! Dann müssen wir es bei Deutungsversuchen belassen.

Hallo rostigeschiene,

ein sicherlich interessanter Brief, aber als Packetbegleitbrief ein Fahrpostgegenstand und somit vlt. etwas weniger für den Thread geeignet, wie ich unter #1 schrieb, weil die Vorschriften andere waren.

Vielleicht sollten wir versuchen, diesen Thread für die Briefpost zu reservieren, wie es vorgesehen war, und die Fahrpostbriefe in einen anderen Thead auszugliedern, damit wir nicht diese beiden Postdienste durcheinander bringen. Ob Richard das für uns machen möchte?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Lacplesis Am: 28.09.2009 08:40:38 Gelesen: 217183# 13 @  
@ Sammelfreak [#5]

Ich lese das Tschernavi, kann aber nichts entsprechendes im Rjsan Oblast finden. Hinten ist noch ein Transitstempel von Kirbati in Litauen zu sehen.
 
bayern klassisch Am: 28.09.2009 16:40:20 Gelesen: 217148# 14 @  
Hin und wieder traute man dem eigenen Siegel nicht und stempelte bei Faltbriefen die "Hälften" überlappend an.





Die Vorder- und Rückseite eines Briefes aus München zeigt uns das Verfahren eines besonderen Absenders, nämlich des Vereins in München und Bayern für das Armins - Denkmal bey Detmold.



Es ging auch andersherum: In Partenkirchen am 19.7.1853 musste man vorne oben schreiben: "In Ermangelung eines Dienstsiegels die königliche Gendarmerie Brigade Werdenfels". Einen zweiten Brief dieser Art kenne ich aber nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Sammelfreak Am: 28.09.2009 20:46:10 Gelesen: 217125# 15 @  
Hallo

hier ein Auslandsbrief von Berlin nach Bordaux.




mfg
Martin
 
bayern klassisch Am: 29.09.2009 17:01:45 Gelesen: 217100# 16 @  
Die bayerische Postverwaltung hatte panische Angst, dass den Chargé - Briefen ins Postvereinsausland etwas durch suboptimale Siegelung zustossen könnte und wies in ihrem Verordnungs- und Anzeigeblatt ihre Bediensteten an, streng auf die Vorschriften perfekter Siegelungen zu achten.



Ein Brief, welcher rekommandirt nach Livorno abgesandt wurde, zeigt uns die Siegelung mit 5 Wachssiegeln, welche später von Sammlerhand abgenommen wurden.





Ein kleines Kuriosum zum Abschluß für heute: In Bayern waren Drucksachen, die nicht verschlossen, sondern offen aufzugeben waren, bei der Frankatur begünstigt. Sie kosteten, unabhängig von der Entfernung, je Loth nur einen Kreuzer, mussten aber frankiert abspediert werden. Eine Drucksache, die offen ohne Markenfrankatur zur Post kam, wurde wie ein gewöhnlicher Brief nach Gewicht und Entfernung taxiert.





Die einzige unfrankierte Drucksache, die ich in meinem Leben gesehen habe, stammt aus München vom 2.6.1863. Wegen juristischer Probleme miteinander sandte der Absender die mögliche Drucksache unfrankiert, aber mit Versiegelung dem Adressaten zu. Für die Post war es somit ein einfacher Portobrief über 12 Meilen, der 6 Kr. plus Portozuschlag von 3 Kr. = 9 Kr. den Empfänger kosten sollte.

Daher erfolgte die Taxierung in München mit "9" zurecht. Der Empfänger, ahnend um was es sich dabei handeln würde, verweigerte die Zahlung des Portos. Die Weigerung der Bezahlung war gleich der Annahmeverweigerung des Poststücks selbst, so dass die Abgabepost die bereits notierten 9 Kr. wiederholte und die Drucksache bzw. den Brief nach München zurück sandte. Dort durfte der Absender für sein gutes Stück die 9 Kr. bezahlen. Hätte er frankiert und nicht gesiegelt, hätte es ein Kreuzer auch getan ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Jürgen Witkowski Am: 29.09.2009 18:32:37 Gelesen: 217085# 17 @  
@ bayern klassisch [#16]

Vielen Dank für die sehr anschauliche Darstellung des Themas, auch unter Nennung der entsprechende Primärliteratur.

Wenn ich es richtig deute, dürfte dieser Wertbrief aus dem Norddeutschen Postbezirk, der am 29. März 1870 von Düren nach Cöln (Köln) aufgegeben wurde, auch das Wohlgefallen der bayrischen Postverwaltung hinsichtlich der Versiegelung gefunden haben, so diese ihn denn zu Gesicht bekommen hätte.

Mit besten Sammlergrüßen
Jürgen


 
bayern klassisch Am: 29.09.2009 19:53:05 Gelesen: 217071# 18 @  
Hallo Concordia CA,

sie hätte, sie hätte ...

Jetzt wieder von der Fahrpost zur Briefpost: Die königlichen Güterexpeditionen (K.G.E.) hatten ihre ganz eigene Art der Siegelung, nämlich die mit Trockensiegel an der Ecke. Traf eine Ware für einen Empfänger bei der örtlichen K.G.E. ein, so informierte sie diesen per Vordruckbrief von dem Lagereingang und bat um baldige Auslösung der Waren.



An der Benachrichtigung aus Freilassing nach Tittmoning kann man gut erkennen, dass der Vordruck aus einem Blatt zweifach gefaltet und links unten zusammengesiegelt wurde (die Marke ist allseits breitrandig, nur mein Scanner hat sie rechts verkürzt).



Die Benachrichtigung aus Partenstein nach Wiesen weist eine ähnliche Siegelung auf. Hier wurde aber unfrankiert verschickt, so dass eine Gebühr von 6 Kr. fällig wurde. Der Grund liegt auf der Hand: Hatte die K.G.E. einen Großkunden, bei dem sie sicher sein konnte, ihre verauslagten 3 Kr. zurück zu bekommen, so frankierte sie.

War der Kunde ein Unbekannter wie hier, so schickte man sein Schreiben porto ab und wartete, bis der Kunde seine Waren abholte. Da die Lagerung nur für 2 Tage kostenlos war, dürften die allermeisten von ihnen auch bald vorstellig geworden sein, denn danach fiel Lagergeld an und das galt es zu vermeiden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Sammelfreak Am: 29.09.2009 20:40:50 Gelesen: 217063# 19 @  
Hallo zusammen,

habe hier auch wieder einen Brief von 1829 von Potsdam nach Birlen / geschrieben in Bahlitz






mfg
Martin
 
roteratte48 Am: 30.09.2009 15:47:20 Gelesen: 217040# 20 @  
@ bayern klassisch [#1]

Schön, wieder etwas von Dir zu lesen; hoffentlich hält das Interesse der Leser hier ausreichend lange vor, um zum Kern der Frage, was uns die Siegel sagen), durchzudringen. Ich werde nur ein bissle Augenfutter beitragen und warte auf Deine Fortführung!

Liebe Grüsse - Rolf

Zwei dekorative Siegel auf Briefen der Briefpost; links Leisnig-Rochlitz 1854, Siegel der königlichen Specialcommission beider Stadtgemeinden; rechts Siegel der mecklenburgischen Relutionscasse auf Brief von Schwerin 1837:



Schwarze Siegel auf Briefen derer von Schwarzenberg 1654 und Johann Friedrich Graf von Castell 1702. Die Siegel sind wirklich tiefschwarz - um etwas erkennen zu können, habe ich sie elektronisch bearbeitet:



Papiergedecktes Siegel Friedrich Heinrich zu Hohenlohe 1672 links und rotes Lacksiegel Graf Wolf Georg von Castell 1666 rechts:



Und als letztes ein winziges rotes Lacksiegel, kaum 1 cm groß - der Absender des Briefes, Johannn Adam von Sengelau, war 1654 noch Amtmann zu Schwarzenberg, wenige Jahre später machte er Karriere und wurde Vizekanzler des Hochstifts Bamberg. Darunter zum Abschluss ein Siegelband mit zwei Siegeln - notwendig, weil 1622 (und lange Jahre danach) Bamberg / Bayreuth eine gemeinsame Regierung bildeten; daher die Siegel des Bischofs Johann Gottfried zu Bamberg und Christian Markgraf zu Brandenburg traulich vereint:


 
bayern klassisch Am: 30.09.2009 16:57:25 Gelesen: 217027# 21 @  
Hallo roteratte48,

hab vielen Dank für deinen sehr schönen Beitrag - es gibt also doch noch Liebhaber von Rückseiten ... :-)

Erwartungsgemäß setze ich also meinen Beitrag fort, diesmal mit dem Thema vorderseitiger Siegel.



Warum man die wunderschöne Postkarte von Kirchheim am Eck frontseitig siegelte, kann ich leider auch nicht sagen. Dergleichen habe ich hin und wieder gesehen. Schön aussehen soll es ja.



Wie man unschwer erkennen kann, zierte einst ein fettes Siegel diese Correspondenzkarte aus dem Jahr 1870. Der Grund war einfach:

Der 1. Verwundetentransport aus dem Krieg 1870/71 kam mit bayerischen Soldaten in die Heimat und es war Eile angesagt. Daher stempelte das Bezirksamt Schwabach mit dem blauen Dienstsiegel und einem Wachssiegel und vermerkte wegen des rein staatdienstlichen Charakters des Inhalts R. S. als Regierungs - Sache, wodurch die Karte statt 3 Kr. portofrei befördert wurde. Derzeit sind erst 2 Dienstcorrespondenzkarten bekannt. Wer die andere hat ist ein glücklicher Mensch.



"Last but not least" zeige ich eine sehr seltene Postpaketadresse aus München von 1875, bei der natürlich kein Siegel per se nötig war. Aber da es eine Dienst - Postpaketadresse war, druckte man an der für die Frankatur vorgesehen Stelle, also rechts oben, das Dienstsiegel trocken und prägend ab und zeigte so an, dass der Absender die völlige Portofreiheit besass.

Das verwunderte auch nicht, denn der Absender war kein geringerer als das Staatsministerium des Innern in München. Höher war nur der König, aber auf den komme ich erst beim nächsten mal zu sprechen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Harald Zierock Am: 30.09.2009 16:58:42 Gelesen: 217026# 22 @  
Hier habe ich noch einen Wertbrief mit Siegel.

Harald




 
Christian Am: 02.10.2009 00:23:18 Gelesen: 216988# 23 @  
Hallo zusammen,

hier noch ein Brief des Könglichen Triftamtes in Passau, gelaufen von Passau (13.12.1856) nach Wolfstein über Freyung (14.12.1856)



Hier noch einmal das Siegel in Großformat:



Hier der Brief:



Hier der Versuch der "Übersetzung:" (vielleicht kann ja jemand die fehlenden Stellen entziffern?)

Nummer: Exposee: 118 Passau, den 13. Dezember 1856

Die königliche Triftinspektion Passau

Holzabgaben pro 1856/1857

In Erwiderung der verehrlichten Zuschrift vom 11/13 des Monats unterliegt es keinem Anstande, dass die aus dem Revier Deuschlberg zur Gutschrfit (?) 1857 noch weiteres angefallene
317 1/2 ........
Und 10 ...... Prügel auch vor der Übernahme an den Bach gezogen wurden, erlaubt sich aber den Antrag zu stellen, dass möglich gemacht werde dieses Material allenfalls bei der Abpostung des heuer angekauften übernehmen zu können.

Hochachtung
Der königliche Triftinspektor


Wer mehr über die Triftämter wissen möchte, findet hier in der Sammlung der Forst- und Jagdgesetze Näheres:

http://books.google.de/books?id=f9E6AAAAcAAJ&pg=PA179&lpg=PA179&dq=Triftamt&source=bl&ots=p2kSBemj7j&sig=6IYPq7YsMaW0o5kAoaNPgSR2zMc&hl=de&ei=DyrFSu7QBI-w4Qa-sflK&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=5&ved=0CBEQ6AEwBA#v=onepage&q=Triftamt&f=false

Herzliche Grüße

Christian
 
Harald Zierock Am: 02.10.2009 06:09:56 Gelesen: 216976# 24 @  
Hallo,

hier sind noch zwei Briefe mit Siegel aus Russland.

Harald




 
bayern klassisch Am: 02.10.2009 16:07:54 Gelesen: 216952# 25 @  
Hallo in die Runde,

dass hohe und höchste Herrschaften für ihre zahlreiche Post nichts zu bezahlen hatten, kann man sich vorstellen. In Bayern war das nicht anders. In den VO - Blättern wurden die Portofreiheiten, so sie sich änderten, stets genannt.



Am 7.12.1808 ließ die allerhöchste Majestät im Lande, der König höchstselbst, einen Brief an seinen Vertrauten, den Herrn Generallieutnant, den Freiherrn von Wrede (später gefürstet) in Augsburg ab. Der König war aktiv portobefreit, unschwer zu erkennen an dem größten Siegel, welches in Bayern geführt werden durfte, und der Empfänger, es hätte dessen nicht bedurft, war passiv portobefreit, so dass hier gewissermassen doppelt kein Postporto anfiel.

Briefe der Majestät waren wie eingeschriebene Expreßbriefe zu behandeln und wurden in einem eigenen Postbeutel transportiert, damit sie nicht mit Briefschaften normaler Menschen in Berührung kamen. Sie wurden umgehend unter Hintanstellung sämtlicher Tätigkeiten bei der Abgabepost dem Empfänger übergeben, was nicht selten lukrativ gewesen sein dürfte für den Boten. Viele gibt es leider nicht ...





Aus etwas späterer Zeit und kurz vor ihrem Tode schrieb die Königin einen Trauerbrief an ihre Verwandschaft ins Elternhaus. Sie benutzte hierfür ihr Allianzsiegel, wiewohl alle Briefe aus ihrer Feder gänzlich in Bayern und dem Postverein vom Portoansatz frei zu lassen waren. In München wußte die Post am 11.3.1853, wenn der königliche Lakai mit Briefen anrückte, was die Uhr geschlagen hatte. Handgeschriebene Briefe der Königin sind nicht häufig.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
BD Am: 02.10.2009 19:18:44 Gelesen: 216932# 26 @  
Das Forstamt von Schandau schickte 1827 an den Revierförster in Cunnersdorf diesen Brief, wobei das eine Blatt gefaltet in dieser Form verschickt wurde. Somit ist der Verschlußsiegel eigentlich auf der Vorderseite.

Mit besten Grüßen Bernd


 
bayern klassisch Am: 02.10.2009 19:23:09 Gelesen: 216929# 27 @  
Hallo Bernd,

das ist eine interessante Form der Faltung, die zwangsläufig auch eine besondere Art der Siegelung nach sich zog.

Bei Deider werden gerade mehrere Briefe aus der Pfalz - Sammlung von Dr. Niedermeier angeboten, die auch so "schäpp" gefaltet wurden.

Sammler, die schon (fast) alles haben, zahlen für solche Stücke gerne etwas mehr, weil sie eine "normale" Sammlung optisch auflockern.

Danke fürs zeigen und liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Sammelfreak Am: 02.10.2009 19:43:41 Gelesen: 216920# 28 @  
Hallo zusammen,

habe hier auch noch einen sehr schönen Brief gefunden mit schönen und ziemlich großen Trockensiegel.




mfg
Martin
 
bayern klassisch Am: 03.10.2009 09:30:34 Gelesen: 216896# 29 @  
Hallo,

die persönliche Postportofreiheit wurde auch Postbediensteten verliehen, die man in seinem eigenen Staatsdienst sehen wollte und denen man per Dekret diese zugestand (ein Bonus aus alter Zeit gewissermaßen).

Dieses waren aber absolute Ausnahmen und so sind nur ganz wenige Briefe erhalten geblieben, bei denen wir dieses Gebaren vorder- und rückseitig erkennen können. Vorderseitig waren sie als portofrei zu erkennen, weil sie das liegende X aufwiesen, welches signalisierte, dass nichts zu bezahlen war.

Siegelseitig war der Siegelabdruck anzubringen, der den Absender als portobefreit legitimierte.





Das Beispiel aus Hassfurt von 1864 zeigt uns diese Vorgehensweise perfekt. Man achte auf das kleine Posthorn im Trockensiegel.

Um einmal einen krassen Gegensatz 5 Jahre später zu zeigen, bringe ich die 3. Verschlußart ins Spiel und zwar die gummierten Klebemärkchen, die den Freimarken nicht nachempfunden werden durften, um Verwechselungen auszuschließen und die für Vielschreiber und Firmen gleichermaßen einen Sprung nach vorne darstellten, denn jetzt konnte man ohne Feuer, Wachs, Petschaft oder sonstiges Gerät Briefe siegeln, soviel man wollte.





Der Brief aus dem München von 1869 ist goldig anzusehen und als frühe Verwendung dieser Etiketten zu bezeichnen, wobei ich mir sicher bin, dass es noch deutliche frühere gab.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.10.2009 08:29:42 Gelesen: 216828# 30 @  
Auch bei aus dem Ausland eintreffenden versicherten Briefen musste die bayer. Post darauf achten, dass sie den Vorschriften entsprachen.





Ein Brief der 2. Gewichtsstufe aus Rußland nach Bayern musste 5fach gesiegelt sein, womit er das Maximum an Siegeln für die internationale Briefpost aufwies. Die Siegel waren so über die Ecken und die Mitte zu legen, dass eine Öffnung des Briefes von hinten unmöglich war, ohne es sofort an der Versiegelung zu sehen.

Als postgeschichtliche Besonderheit sei noch angemerkt, dass bei recommandirten Briefen nach und aus Rußland die russische Gebühr verdoppelt wurde. Hatte man auch nicht alle Tage ...

Dieser Brief kostete den Absender 18 Silbergroschen bzw. 180 Silberkopeken: je 3 Sgr. für die 1. und 2. Gewichtsstufe = 6 Sgr., welche wegen der Einschreibung verdoppelt wurden, also 12 Sgr. für Rußland, plus die vorne notierten 2 mal 3 = 6 Sgr. für Preußen, da über 1 - 2 Loth wiegend. 18 Sgr. entsprachen 1 Gulden und 3 Kreuzern in Bayern; dafür bekam man damals 15 Mahlzeiten. Mahlzeit! :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Georgius Am: 05.10.2009 02:30:20 Gelesen: 216791# 31 @  
@ Sammelfreak [#19
Hallo Martin,

ich gehöre zwar nicht zum erlauchten Kreis der Siegelbrief-Sammler, habe jedoch Deinen Beleg trotzdem mit Vergnügen angesehen.
Mir fiel auf, daß dieser Brief an das Königlich Hochlöbliche Kammergericht adressiert ist. Dieses Gericht befand sich aber nicht in Birlen, sondern in Berlin, und so lese ich auch den Bestimmungsort. Geschrieben wurde das herrliche Stück nicht in Bahlitz, denn ich lese deutlich Beelitz. Diesen Ort gab es 1829 schon und er liegt tatsächlich südlich von Potsdam.
Ich gebe zu, daß man ein bischen Mühe hat, die runden Federschwünge der deutschen Kurentschrift richtig zu deuten, aber in Verbindung mit etwas Geschichte und Geografie kommt man in diesem Falle durchaus zur Wahrheit.

Mit freundlichen Grüßen
Dietrich
 
bayern klassisch Am: 05.10.2009 17:12:15 Gelesen: 216762# 32 @  
Eigentlich war das Siegelwachs dazu bestimmt, die Briefe fest zu verschliessen. Doch hin und wieder finden sich Briefmarken, die auch ein Lieb vom Wachs singen können ...



Der Brief aus Augsburg vom 13.2.1851 (spät!) zeigt eine 4I, die mit Siegelwachs aufgeklebt worden war. Der Grund ist leicht zu sehen: Sie war unentwertet auf einem anderen Brief befestigt gewesen, wurde abgenommen, hatte aber logischerweise keinen Gummi mehr und wollte partout nicht mehr kleben. Also her mit dem roten Wachs und sorgsam aufgetragen. Nur an der rechten unteren Ecke lugt och etwas Wachs hervor. Der Postbetrug war gelungen, denn weder in Augsburg noch in Nürnberg fiel es jemandem auf.



Ein Brief aus Lindau mit einer billigen 4II Platte 2 zeigt uns das gleiche Vorgehen. Die Marke war der Entwertung entgangen und wurde, leicht knittrig, abgelöst und einer erneuten Verwendung zugeführt. Links kann man noch gut die Siegelwachsreste erkennen.

Es gibt wenige Dutzend Briefe Bayerns, die unter Zuhilfenahme von Siegelwachs als Postbetrug nachweisbar sind. Pro Memoria: Die mehrfache Verwendung von Freimarken war unter Strafandrohung gestellt und alles andere als ein Kavaliersdelikt. Auf der anderen Seite waren 6 Kr. auch Geld ...

Ein Brief, wie ich ihn nie mehr sah, zeige ich hier einmal.



Er lief ursprünglich von München nach Germersheim über Württemberg und Baden und war mit einer 6 Kr. Platte 2 aus 1858 frankiert. In Germersheim wurde der Brief geöffnet, gelesen und mit Kommentaren innen versehen. Jedoch hat man ihn nicht mit geänderter Adresse neu aufgegeben, sondern so geschickt umgefaltet, dass vom Inhalt außen nichts zu sehen war, obwohl man das innerste nach außen gekehrt hatte. Man beschriftete nun eine dieser weißen Flächen mit der neuen Adresse in Mainz und faltete ihn um. Die Frankatur von zwei Stück der Platte 5 (früh) war für Briefe über 10 bis 20 Meilen ausreichend.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.10.2009 17:18:27 Gelesen: 216725# 33 @  
In unsicheren Zeiten, wenn die Cholera wütete wie im Jahr 1831, glaubte man durch Rasteln der Briefe und Abkochen bzw. Bedampfen mit diversen Gemischen der Epidemie Herr zu werden. Wie wir heute wissen, ein untauglicher Versuch.

Philatelistisch hat er seine Spuren bei einigen Briefen hinterlassen, von denen ich einen hier zeigen will.



Er lief in besagtem Jahr am 2. November von Wien teilfrankiert bis zur bayer. Grenze. Dort wurde er an der Grenze bei Freilassing gerastelt und mit Essigdampf behandelt. Das Siegel links zeigt uns, dass neu versiegelt werden musste, was man mit dem Stempel "Königlich Bayerisches Sanitaets Siegel" bestätigte.

Da der Empfänger, Herr Venino in Würzburg, noch Jahrzehnte über das Jahr 1831 hinaus tätig war, scheint ihm der Brief nicht schlecht bekommen zu sein.

Eine andere Art war das nachträgliche Siegeln mit Verschlußoblaten durch die Retourbriefkommissionen.





Im pfälzischen Landau gab man einen Brief auf, den man frankieren wollte. Aber die Postexpedition dort hatte wohl schon geschlossen, oder war noch nicht geöffnet, so dass man ihn in den Briefkasten am Postlokal einwarf. Bei der Leerung am 15.4.1870 schrieb man daher "boite" oben links an, das französische Wort für Brieflade. Den "frei" - Vermerk unten links schwärzte man. Dann taxierte man den innerpfälzischen Brief vor mit 7 Kr., denn ein frankierter kostete ab dem 1.1.1868 nur 3 Kr., ein unfrankierter aber deren 7!

Er lief ins nahe Wachenheim, doch konnte dort keine Zustellung erfolgen. Daher notierte der lokale Briefträger: "Abgereist, ohne Adresse. Strauß. Briefträger". Man sandte nun den Brief der Aufgabepost zurück, immer noch mit 7 Kr. Porto belastet. In Landau kam er auch an, jedoch konnte niemand die Handschrift oder das Siegel einer dortigen Person zuordnen. Nachdem man ihn im Postlokal ausgesteckt hatte, sich aber niemand fand, der ihn dem Absender zuweisen konnte, sandte man ihn mit der Dienstpost nach Speyer zum vorgesetzten Oberpostamt. Dort waren die doppelt vereidigten Beamten der königlichen Retourbriefkommission allein befugt die Briefe zu öffnen, die nicht anbringlich waren.

Man schnitt das Kuvert also an der rechten Seite auf und versuchte nun an Hand des Geschriebenen den Absender namentlich zu machen. Hier gelang es, denn mit der typischen weinroten Tinte dieser Beamten notierte man "Graf Schwager der Adressatin", womit die Familienverhältnisse geklärt waren. Auch vergaß man nicht hinzu zu fügen, dass "Landau 7 kr." nach zu erheben hatte.

Mit der Dienstpost lief er nun nach Landau zurück, wo er seinem Absender für 7 Kr. ausgehändigt werden konnte. Außer Spesen nichts gewesen. Briefe mit Retourmarken, so der heutige Fachterminus, sind in der Kreuzerzeit alle selten. Die von Speyer und Bamberg sind nur in wenigen Exemplaren verwendet bekannt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.10.2009 16:35:55 Gelesen: 216674# 34 @  
Liebe Sammlerfreunde,

mit meinen drei letztenen Beiträgen zu diesem Thema möchte ich 3 Briefe vorstellen, die zeigen, was passieren konnte, wenn es nicht hundertprozentig lief mit der Siegelung. Hier für heute der 1.:





Fangen wir vorne an: Ein bildseitig hübscher Brief aus Ludwigstadt nach Kronach mit einer simplen Nr. 9 - nichts besonderes also.

Doch die Rückseite offenbart eine Besonderheit: "Kam offen hier an, wurde Amtlich versiegelt. Kronach, den 5.2.1866. Königliche Postexpedition, gez. Unterschrift."

Hieran läßt sich das Prinzip schon ableiten: Briefe, die "aufgesprungen" ankamen, waren amtlich zu siegeln, damit es keine "Anstände" geben sollte.

Man sieht, dass das Absendersiegel etwas klein geraten war und die Post rechts davon mit einem weit größeren Dienstsiegel den Faltbrief gut verschloß.

Dergleichen Briefe sind sehr selten und werden nur ganz vereinzelt einmal angeboten. Sollte man das Glück haben, einen zu erwischen, macht man nichts verkehrt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 

Das Thema hat 184 Beiträge:
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