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Thema: Der Nachbarortsverkehr der Deutschen Reichspost vom 1.4.1900-5.5.1920
Das Thema hat 91 Beiträge:
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bekaerr Am: 21.05.2013 17:22:54 Gelesen: 82160# 1 @  
Hallo zusammen,

mein Name ist Bernd und ich möchte hier eines meiner Spezialgebiete, den Nachbarortsverkehr der Reichspost von 1.4.1900 – 5.5.1920 vorstellen.

Vielleicht haben ja auch andere Mitglieder der philaseiten den ein oder anderen Nachbarortsbeleg in Ihrer Sammlung und möchten ihn vorstellen. Oder aber es schlummern noch unentdeckte Nachbarortsbelege in der Sammlung. Manchmal ist die Identifizierung eines solchen, bzw. die Abgrenzung zum „normalen“ Ortsverkehr gar nicht so einfach. Wenn jemand Fragen hat, bin ich gerne bereit zu helfen.
Andererseits habe selber ich bei vielen Nachbarortsverbindungen noch Fragen zu den Enddaten, hier können mir vielleicht andere Sammler mit Ihrem Wissen weiterhelfen.

So, nun genug der Vorrede, ich fange am besten am Anfang an. Und wie auch in der Philatelie oft so üblich ist: Am Anfang steht das Wort.



Welche Postorte in den Genuß der ermäßigten Ortsgebühren kamen, war in einem Verzeichnis, das am gleichen Tag erschien festgelegt. Dieses (erste) Verzeichnis nannte weit über 1.000 Zulassungen auf einen Schlag.

Mein bisher frühester Nachbarortsbeleg:



Postkarte aus Wildpark nach Potsdam vom 14.5.1900

Diese Verbindung wurde gleich im ersten Verzeichnis ab 1.4.1900 zugelassen. Vom absendenden Postort Wildpark ausgesehen, war der Ortstarif auch nach den Postorten Bornim, Bornstedt, Kleinglienicke und Nowawes-Neuendorf möglich. Ab 1909 kam auch Neubabelsberg dazu. Obwohl Wildpark m. W. politisch immer zu Potsdam gehörte, galt es bei der Reichspost als eigenständiger Postort.

Über 40 % aller Nachbarortsverbindungen wurden in der OPD Berlin zugelassen.



Brief von Berlin-Niederschöneweide nach Berlin vom 10.6.1913 per Einschreiben, korrekt mit 25 Pf frankiert. Die Zulassung des Nachbarortsverkehrs zwischen Berlin und Niederschöneweide wurde erst relativ spät, am 28.9.1910 veröffentlicht.

Das war`s für`s erste, ich freue mich über jeden Kommentar.

Beste Grüße,
Bernd
 
muemmel Am: 21.05.2013 18:48:36 Gelesen: 82139# 2 @  
@ bekaerr [#1]

Hallo Bernd,

vielen Dank dafür, dass Du dieses Thema hier aufgreifst. Ich glaube, dass es nicht nur bei mir sondern auch bei anderen Forum-Mitgliedern an tiefschürfenden Kenntnissen mangelt.

Bin sehr gespannt, was Du uns noch an weiteren Dingen präsentierst.

Schöne Grüße
Mümmel
 
iceland10 Am: 21.05.2013 20:53:11 Gelesen: 82110# 3 @  
Drucksache im Länderübergreifenden Nachbarortsverkehr von Mannheim (Reichspostgebiet) nach Ludwigshafen (damals Bayern) einmal über den Rhein für 2 Pfennig.

Man beachte, die neue Rechtschreibregel war in Mannheim bereits 1900 bekannt, Schifffahrt mit 3 f.

Gruß


 
volkimal Am: 22.05.2013 15:20:10 Gelesen: 82063# 4 @  
Hallo zusammen,

ich habe mich zwar noch nie mit dem Nachbarortsverkehr beschäftigt, bin in meiner Sammlung aber auf zwei Belege gestoßen, die verdeutlichen, wie schwierig das Thema ist:



Postkarte aus Cannstatt in das ca. 5 km entfernte Stuttgart zum Württembergischen Ortstarif von 5½ Pfg. Nach Wikipedia: "Am 1. April 1905 wurde die Oberamtsstadt Cannstatt mit der Residenzstadt Stuttgart vereinigt, aber nicht eingemeindet."

Die große Frage: Gilt damit für den Briefverkehr zwischen Cannstatt und Stuttgart der Ortstarif oder handelt es sich um den Nachbarortstarif?

Interessant finde ich auch den Text der Karte: "Werter College! Teile Dir mit das die Bewegung beendet ist. Wir haben 10% weiter bekommen. Damit ist auch meine tätigkeit als Vertrauensmann zu Ende. Für solche Coll. werde niemals ein Finger rühren. Teile es der Verbandsleitung mit."

Ging es um irgendwelche Tarifverhandlungen?



Ein weiteres Beispiel zu der Problematik „Nachbarortsverkehr“ ist dieser Brief an meinen Urgroßvater. Der Brief aus Dobrilugk (heute Doberlug-Kirchhain) geht in das 8 km entfernte Friedersdorf, wo Urgroßvater als Pfarrer arbeitete. Der Brief ist übrigens nicht frankiert, sondern es handelt sich stattdessen um die preußischen Zähldienstmarken. Preußische Dienstbriefe wurden nicht frankiert, sondern Preußen bezahlte der Reichspost einen Pauschalbetrag für das Porto. Mit den Zähldienstmarken wurde im Jahre 1903 überprüft, wie viel Post Preußen tatsächlich verschickt hat und wie hoch die Pauschale in den folgenden Jahren sein würde.

Nun zum Porto des Briefes. Für den Brief galt der Ortstarif von 5 Pfennig. Obwohl er in das benachbarte Friedersdorf ging, handelt es sich nicht um den Nachbarortsverkehr. Friedersdorf hatte kein eigenes Postamt, sondern es wurde von Dobrilugk aus versorgt. Der Brief zählt also zum Ortsverkehr im Landzustellbereich. Dadurch stimmen der Aufgabestempel und der Ankunftsstempel auf der Rückseite überein - und das einschließlich der Uhrzeit.

Viele Grüße
Volkmar
 
blaujacke Am: 22.05.2013 17:26:00 Gelesen: 82041# 5 @  
@ volkimal [#4]

Hallo Volkmar,

ob es sich wohl um den Ringer Franz Reitmeier (s. Wikipedia) handelt und die Karte von einem Vereinskollegen kommt? Ich habe das "ergoogelt"!

Viele Grüße
Uwe
 
bekaerr Am: 23.05.2013 12:43:30 Gelesen: 82005# 6 @  
Hallo an alle,

freue mich sehr über die bisherigen Meldungen und Scans.

@ iceland10 [#3]

Vielen Dank für den schönen Beleg, da möchte ich gleich die Gegenrichtung dokumentieren:



Es handelt sich um eine - in meinen Augen etwas rätselhafte Einladung. "Es wird gebeten in Couleur zu erscheinen". :-) Vielleicht kann jemand bei der Entschlüsselung der Abkürzung "M. L. a. H. S. C." helfen?



Die Verbindung zwischen dem zum Reichspostgebiet gehörenden Mannheim und dem damals noch bayerischen Ludwigshafen war eine der wenigen grenzüberschreitenden Nachbarortsverbindungen. Daneben waren ab 1.4.1900 zugelassen:

Altenwald - Schnappach
Ebernburg - Münster am Stein
Kreuzwertheim - Wertheim
Maxau - Maximiliansau
Schnappach - Sulzbach

Belege Ludwigshafen-Mannheim und anders herum findet man immer wieder mal, alle anderen sind vermutlich seltener als der Schwarze Einser. Das Postaufkommen dieser Orte dürfte aufgrund der geringen Einwohnerzahl auch nicht besonders groß gewesen sein.

@ volkimal [#4]

Du bringst es genau auf den Punkt! Ich habe mich immer gefragt: Wie erkenne ich den Unterschied? So richtig konnte mir das niemand erklären. Das hat mich dann gereizt, der Sache auf den Grund zu gehen, weil es ein Thema war, das offensichtlich noch gänzlich unbeackert war.

Zu Württemberg:

Der Württembergische Nachbarortsverkehr war bis 1919 gänzlich anders strukturiert. Ich bin da nicht ganz so sattelfest, aber der dortige Nachbarortsverkehr richtete sich lange Zeit nach der Entfernung. Dazu gehörten Briefsendungen in einem Umkreis von (ich glaube) 10 km - bitte korrigieren, falls falsch - lag. Dann gab es noch den sog. Oberamtsverkehr. Dieser beinhaltete ermäßigte Briefsendungen, die das Gebiet eines Oberamtes nicht verließen. Vielleicht können die Württemberg - Spezialisten hier noch genauere Angaben machen? Diese Württemberger Besonderheiten änderten sich laut Handwörterbuch des Postwesens erst ab 1.7.1919. Ab diesem Datum sollte der Nachbarortsverkehr - analog zum Reichspostgebiet - nur noch zwischen bestimmten, von der Postverwaltung zugelassenen benachbarten Postorten gelten. Leider ist es mir bisher nicht gelungen, ein Verzeichnis solcher Zulassungen zu finden.

Zur Frage NOV oder OV zwischen Stuttgart und Cannstatt: Ich tippe eher darauf, dass sich Status nicht verändert hat, da eine politische Eingemeindung nicht zwangsläufig die postalische Vereinigung zur Folge hatte. Im Gebiet der Reichspost gibt es eine ganze Reihe von Beispielen, in denen der Nachbarortsverkehr zwischen Postorten neu zugelassen wurde, die jedoch schon lange vor dieser Zulassung politisch in der gleichen Gemeinde oder Stadt lagen. Eine seriöse Antwort kann man aber nur geben, wenn man definitiv anhand von Quellen nachweisen kann, wie lange der Postort Cannstatt tatsächlich eigenständig war. Ein Indiz können die Angaben im "Hass: Deutsche Postorte ..." sein. Dort ist bei Cannstatt bis 1920 keine "Ortsnamenänderung" verzeichnet. Das spricht für meine These, bestätigt sie aber nicht zu 100%, denn eine Ortsnamenänderung bedeutet nicht zwangsläufig den Verlust der Eigenständigkeit.

Um die Verwirrung komplett zu machen: Im ersten Verzeichnis vom 1.4.1900 wurden u. a. folgende Nachbarortsverbindungen zugelassen:

Borgholzhausen 1 (Ort) - Borgholzhausen 2 (Bhf)
Bordesholm (Ort) - Bordesholm (Bhf)
Bremen-Horn - Bremen-Woltmershausen

Das sind nur drei Beispiele von einigen Dutzend! D. h., allein aus der postalischen Benennung ist der postrechtliche Status nicht eindeutig zu ermitteln. Dazu später sicher noch mehr.

Zum Inhalt kann ich Dir leider nicht weiterhelfen. :-(

Dein zweites Beispiel würde sich auch in meiner Sammlung gut machen, er paßt hervorragend zu folgendem Beleg:



Postkarte von Kirchhain (Niederlausitz) nach Dobrilugk vom 30.1.1903 Das ist echter Nachbarortsverkehr, die Zulassung wurde veröffentlicht am 1.4.1900. Zu Deinen Angaben kann ich noch ergänzen, dass beide Postorte 1950 in der DDR zur Doppelstadt "Doberlug-Kirchhain" zusammengelegt wurden. Die Namensänderung von Dobrilugk nach Doberlug wurde 1937 vollzogen, da der slawische Ursprung des Ortsnamens politisch unerwünscht war. (Quelle: wikipedia)

Im Gegensatz zu vielen anderen Nachbarortsverbindungen handelt es sich hier um eine singuläre Verbindung, d. h. die Verbindung bestand nur zwischen diesen beiden Postorten.

Beste Grüße,

Bernd
 
jmh67 Am: 23.05.2013 14:14:29 Gelesen: 81986# 7 @  
@ bekaerr [#6]

Es wird gebeten in Couleur zu erscheinen

Das war typisch für Studentenverbindungen, die hatten alle ihre eigenen Farben an Mützen, Schärpen, Säbelgriffen, Quasten an Tabakspfeifen usw., trugen bei Zusammenkünften auch eine Art Uniform und benutzten einen "Zirkel", d. h. ein monogrammartiges Zeichen - das ist der Schnörkel neben dem Namen des Adressaten. S. C. könnte für Senioren-Convent stehen, also eine übergeordnete Vereinigung, worauf auch der Doktortitel des Einladenden hinweist.

Jan-Martin
 
reichswolf Am: 23.05.2013 14:51:40 Gelesen: 81979# 8 @  
@ bekaerr [#6]

M.L. bedeutet wahrscheinlich Mitglied der Leopoldina, der Deutschen Nationalen Akademie der Wissenschaften. Den Rest kann ich grade nicht entschlüsseln. Um das zu klären, kannst du dich ja eventuell einfach mal an die Leopoldina wenden.

Beste Grüße,
Christoph
 
bekaerr Am: 26.05.2013 18:52:14 Gelesen: 81915# 9 @  
@ reichswolf [#8]

Habe die Leopoldina angeschrieben. Wenn die Antwort kommt, werde ich sie hier veröffentlichen. Vielen Dank für den Hinweis, von allein wäre ich da nie drauf gekommen.

@ jmh67 [#7]

Auch Dir ein herzliches Dankeschön.

Werde nächste Woche mit neuen Belegen weiter den Nachbarortsverkehr vorstellen.

Beste Grüße,
Bernd
 
guy69 Am: 27.05.2013 08:45:32 Gelesen: 81872# 10 @  
Andersherum gefragt. Wie lange bestand denn die Möglichkeit zur kostengünstigeren Versendung im Nachbarortsverkehr? Gibt es im Internet die Ortspaare einzusehen?

Habe hier eine Karte von Mainz nach Wiesbaden vom 24.01.1954


 
Rainer HH Am: 27.05.2013 10:10:20 Gelesen: 81856# 11 @  
@ guy69 [#10]

Gibt es im Internet die Ortspaare einzusehen?

Jetzt ja. ;)

Auch im Inlandsverkehr gab es ein paar Regeln, die man als Belegsammler beachten muss.

Nachbarorte

Normalerweise galten die ermäßigten Gebühren für den Ortsverkehr nur innerhalb einer Stadt oder Gemeinde. Bis 31.3.1921 galten sie auch im Nachbarortsverkehr.

Nachbarortsverkehr ist ein Begriff der deutschen Postverwaltungen, der die ermäßigte Gebühr für Briefsendungen im innerörtlichen Verkehr auf bestimmte Nachbarorte ausgedehnte.

Zum Nachbarortsverkehr sollten nicht nur zusammenhängende Postorte, sondern auch solche Postorte zugelassen werden, die, ohne baulich zusammenzuhängen, so nahe bei einander lagen und in so engen wirtschaftlichen Beziehungen standen, dass sie als ein einheitlicher Verkehrsbezirk angesehen werden konnten. (Aus der Begründung des Entwurfs zum genannten Gesetz). Quelle: Wikipedia

Ab 1.1.1922 wurden im Einzelfall Ausnahmeregelungen für gewisse benachbarte Orte getroffen, zwischen denen ab dem gelisteten Datum Ortsgebühren galten.

1.1.1922
Bremen - Hemelingen
Bremerhaven - Geestemünde
Bremerhaven - Lehe
Münster a. Stein - Ebernburg (OPD Coblenz-Speyer)
Bingen (Rhein) - Bingerbrück
Mainz - Biebrich
Hamburg - Altona
Hamburg - Wandsbek
Hamburg - Bramfeld
Hamburg - Kirchsteinbek
Hamburg - Lokstedt
Hamburg - Schiffbek
Hamburg - Stellingen
Hamburg - Wilhelmsburg
Besenhorst - Geesthacht
Harburg - Moorburg
Lübeck - Stockelsdorf
Mannheim - Ludwigshafen
Wertheim - Kreuzwertheim
Bad Süderode - Gernrode
Wilhelmshafen - Schaar
Ulm - Neu-Ulm

8.5.1922
Hamburg - Altenwerder

3.7.1922
Hamburg - Kleinflottbek

Postkarten und Standardbriefe zwischen oben genannten Orten unterlagen bis zum 28.2.1962 dem Ortsporto, danach galt das geringere Porto nur noch innerhalb von Berlin!

Ich habe oben genanntes Verzeichnis komplett aufgezeichnet, viele Orte (insbesondere bei den Hamburg-Verbindungen) wurden im Laufe der Geschichte eingemeindet.
 
guy69 Am: 27.05.2013 10:21:06 Gelesen: 81854# 12 @  
Hübsche Aufstellung. Leider ist die Verbindung Mainz-Wiesbaden nicht aufgeführt. Die Oranienenstrasse liegt in der Innenstadt von Wiesbaden. Biebrich ist ein Vorort von Wiesbaden. Liegt hier ein ermäßigtes Porto für Nachbarortsverkehr (Postkarte Ortstarif) oder um 2 Pfennig unterfrankierte (unbeanstandete) Inlandspostkarte vor?
 
Rainer HH Am: 27.05.2013 11:06:24 Gelesen: 81842# 13 @  
Oben genannte Aufstellung habe ich dem Postbuch von Werner Steven entnommen.

In der Postordnung vom 30.1.1929, die auch im Bereich der Bundespost Gültigkeit hatte, sind folgende Nachbarorte aufgeführt:

* Bad Münster a Stein - Ebernburg
* Bingen (Rhein) - Bingerbrück
* Frankfurt (Main) - Offenbach
* Frankfurt (Main) - Neu-Isenburg
* Wiesbaden - Mainz
* Wiesbaden - Bischofsheim
* Wiebaden - Ginsheim-Gustavsburg
* Hamburg - Garstedt
* Hamburg - Harksheide
* Hamburg - Schenefeld
* Lübeck - Stockelsdorf
* Lübeck - Bad Schwartau
* Mannheim - Ludwigshafen
* Wertheim - Kreuzwertheim
* Bad Siderode - Gernrode
* Ulm - Neu-Ulm

Unter § 6 (Briefe) heisst es dort:

I. Briefe werden im Ortsverkehr gegen ermäßigte Gebühr befördert.
II. Ortsverkehr ist der Verkehr innerhalb des Orts- und Landzustellbezirks des Aufgabeortes. Liegen mehrere Postanstalten in derselben Gemeinde, so bilden ihre Orts- und Landzustellbereiche einen einheitlichen Ortsverkehrsbezirk. Ortsverkehr kann vom Bundesminister f+r das Post- und Fernmeldewesen zugelassen werden, die baulich zusammenhängen und durch die Zugehörigkeit zu verschiedenen Ländern gehindert sind, sich zu einer Gemeinde zusammenzuschließen.
Soweit im Zuge der Neugliederung des Bundesgebietes in der Zugehörigkeit der Orte zu verschiedenen Ländern Änderungen eintreten, bleibt es bei dem bisher zugelassenen Ortsverkehr.

Anweisung zur Durchführung der AmtsblVf. Nr. 54/1963 (zum 01.03.1963)

5. Wegfall der Ortsgebühr für Briefe und Postkarten
Die ermäßigte Gebühr für Briefe und Postkarten im Ortsverkehr ist weggefallen.
Wegen der besonderen Verhältnisse in Berlin wird die ermäßigte Gebühr für Briefe und Postkarten für dieses Gebiet unverändert beibehalten.

Dort findest Du jetzt auch Deine Postkarte im Nachbarortsverkehr Mainz-Wiesbaden!

Gruß Rainer
 
guy69 Am: 27.05.2013 11:09:42 Gelesen: 81840# 14 @  
Vielen Dank. Das ist es.

Superschnelle Infos.

Dankeschön Rainer.
 
bekaerr Am: 27.05.2013 13:27:24 Gelesen: 81816# 15 @  
@ guy69 [#10]
@ Rainer HH [#11]
@ Rainer HH [#13]

Hallo zusammen,

vielen Dank für die Frage und die Antworten. Sowohl Frage und auch Antworten zeigen die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der jeweiligen Definitionen. Der "Nachbarortsverkehr" galt nur vom 1.4.l900 - 5.5.1920. Die Karte in guy69 [#10] kann demnach kein Beleg aus dem Nachbarortsverkehr sein. Auch die in den Beiträgen Rainer HH [#11] und Rainer HH [#13] aufgeführten Ortspaarungen sind keine Verbindungen des Nachbarortsverkehrs. Dennoch hat Rainer Recht, wenn er schreibt, dass zwischen diesen benachbarten Orten das ermäßigte Ortsporto galt! Die Lösung liegt in der postamtlichen Definition. Das Handwörterbuch des Postwesens (1953) schreibt dazu auf S. 442 unter Nachbarorstverkehr:

"... Der Nachbarortsverkehr hat im ganzen Deutschen Reich zu bestehen aufgehört. ... Jetziger Rechtszustand: Vom 1.4.1921 an sind zwar ... ermäßigte Gebühren für Postkarten und Briefe wieder eingeführt worden; der frühere Nachbarortsverkehr ist aber nicht wieder aufgelebt. Der auf Grund des Gesetzes über Postgebühren vom 19.12.1921 seit 1.1.1922 zugelassene Ortsverkehr zwischen Orten, die baulich zusammenhängen, aber durch die Zugehörigkeit zu verschiedenen Ländern gehindert sind, sich zu einer Gemeinde zusammenzuschließen, kann nicht als Nachbarortsverkehr gelten. Es handelt sich dabei vielmehr um einen erweiterten Ortsverkehr, worüber der Wortlaut des Gesetzes vom 19.12.1921 § 1 Abs. 2 keinen Zweifel aufkommen läßt."

Für den Postbenutzer machte es zwar keinen Unterschied, ob es "Nachbarortsverkehr" hieß, oder "erweiterter Ortsverkehr", Hauptsache die Kosten waren gering. Für die Post war dies aus rechtlichen Gründen offenbar jedoch immens wichtig, da das Handwörterbuch diesen rechtlichen Unterschied gleich mehrfach betont.

Ich persönlich halte mich an die Sichtweise der Post, da es sich in der Tat um zwei völlig verschiedene Dinge handelt. Der wichtigste Unterschied ist der, das beim späteren "erweiterten Ortsverkehr" nur Ortspaarungen zugelassen werden konnte, die in jeweils verschieden Gliedstaaten (zuerst des Deutschen Reichs, später der Bunderepublik) lagen und sich deshalb politisch nicht zusammenschließen konnten. Das zeigt sich allein schon an der Anzahl der zugelassenen Verbindungen. Die von Rainer genannte Aufstellung nennt schon die meisten davon. Im Vergleich dazu gab es im vorherigen "Nachbarortsverkehr" über 2.600 (!) Verbindungen.

Eine Übersicht über die Verbindungen des "erweiterten Ortsverkehrs" wurde von ein paar Jahren in der Rundschau der Arbeitsgemeinschaft Forschung Deutsche Bundespost abgedruckt.

Zwischenfrage: Gibt es die Möglichkeit, Excel-Tabellen in die Beiträge einzubauen? Dann könnte ich den aktuellen Forschungsstand veröffentlichen. Ansonsten für alle Interessierten: Ich sende Euch gerne die Tabelle mit den EOV-Daten per E-Mail.

Es gibt übrigens eine ganze Reihe von Ortspaarungen, die erst in den Genuß des "Nachbarortsverkehrs" kamen und später vom "erweiterten Ortsverkehr" profitierten, z. B. Mannheim-Ludwigshafen (siehe bekaerr [#6]) und:



Zwischen Mainz und Wiesbaden dagegen existierte kein Nachbarortsverkehr zwischen 1.4.1900 und 5.5.1920.

Mit Abschaffung des ermäßigten Ortsverkehrs im Bereich der DBP zum 28.2.1963 wurde gleichzeitig auch der EOV abgeschafft.

Beste Grüße,
Bernd
 
guy69 Am: 27.05.2013 13:32:00 Gelesen: 81815# 16 @  
Also ist die Karte als Sondertarif im erweiterten Ortsverkehr zu bezeichnen.
 

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