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Thema: Altdeutschland Württemberg: Schöne Belege
Das Thema hat 174 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 08.04.2018 10:42:10 Gelesen: 51227# 50 @  
Liebe Freunde,

eine kleine Besonderheit kann ich heute hier vorstellen. Stuttgart, 26.5.1851 via Baden nach Paris voll frankiert. Der Absender zahlte 4 Kreuzer für Württemberg (= Taxispost dort), 4 Kreuzer für den Transit Badens bis Kehl/Strasbourg und 9 Kreuzer = 3 Decimes für den unter 7,5g leichten Brief für Frankreich bis Paris.



Baden war ab 1.5.1851 bereits im Postverein, doch hatte dies keinerlei Auswirkungen auf diesen Brief, da er noch nach dem Altvertrag Baden transitierte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 30.04.2018 16:29:19 Gelesen: 51036# 51 @  
Liebe Sammelfreunde,

durch "Mosigkau" sammle ich auch wieder Dessau mit. Wieviel Dessau dann in eine Mosigkau-Sammlung passt, ist dann immer eine Ermessensfrage.

Jedenfalls hatte ich diesen Brief dann doch in der Bucht geschossen:



Am 08.08.1855 in Wildbad aufgegeben und über Frankfurt Main ging es nach Dessau. Im Ausgabestempel ist Tag/Monat vertauscht und kopfstehend. Da Dessau immer über 20 Meilen von allen Orten in Württemberg trennen, waren also 9 Kreuzer Franco richtig. Frankiert wurde mit einer schönen Nr. 4 und wenn es siegelseitig richtig sein sollte, handelt es sich um eine "c".

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
gabriele Am: 05.06.2018 15:05:07 Gelesen: 50157# 52 @  
@ SH-Sammler [#28]

Hallo,

SH-Sammler (Hanspeter) zeigt im Beitrag [#28] einen Brief aus der Schweiz nach Stuttgart/Württemberg mit Bahnpoststempel von K. Württ. Fahrendes Postamt. Aus der Gegenrichtung von Stuttgart/Württemberg in die Schweiz habe ich eine Ganzsache, versendet am 17.VII.1882. In diesem Fall mit einem schweizerischen Bahnpoststempel Ambulant No 50.



Ab 22. Februar 1869 gab es zwischen Friedrichshafen und Romanshorn eine Eisenbahnfähre, auch als Bodensee-Trajekt [1] bezeichnet. Vermutlich durfte der Bahnpostwaggon nicht über den Bodensee schippern, nur die Briefe in die Schweiz traten die Reise in einen Postsack an. In beiden Bodenseehäfen gab es separate Hafenbahnhöfe, jeweils mit Bahnpostamt. Von dort wurden die Bahnreisen der Briefe fortgesetzt, mit zusätzlich abgeschlagenem Bahnpost-Zwischenstempel (?).

Meine Karte fuhr also von Stuttgart nach Friedrichshafen, dann über den Bodensee und Romanshorn nach Rigi-Kaltbad [2]. Was allerdings der blaue Eintrag /2 oder 72 bedeutet, weiß ich leider nicht; vielleicht eine Nachgebühr der Schweizer Post.

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Bodensee-Trajekte
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Rigi

Schöne Grüße, Gabi
 
SH-Sammler Am: 05.06.2018 18:01:08 Gelesen: 50128# 53 @  
@ gabriele [#52]

Hallo Gabi,

die 72 hat nichts mit einer Nachgebühr zu tun, die Postkarte war ja korrekt frankiert.

Beim Versand von Belegen in zusammengebundenen Paketen an den gleichen Bestimmungsort wurde oft auf dem obersten Beleg die Gesamtstückzahl von Belegen in diesem Paket notiert.

Nachstehend ein unterfrankierter Beleg von Cannstadt mit Portomarken.



Cannstadt, Württemberg nach SCHAFFHAUSEN, 22. Dez. 1884
Um 5 Pfennige unterfrankierte Karte, umgerechnet = 6¼ Rappen.
Taxierung: Doppelter fehlender Betrag = 12½ Rappen, dann aufgerundet auf die nächsten vollen 5 Rappen.

Auch hier wieder Zahlen in blau, muss ein grosses Paket gewesen sein. Daraus wurde ein Teil entnommen und der Rest mit neuer Notierung weiterverschickt.

Interessant ist die Berechnung der fehlenden Taxe in der Währung des Empfängerlandes. Es wurde folgendermassen berechnet

Ausl. Fehlbetrag
-----dividiert durch-----. Ergebnis multipliziert mit dem Schweiz. AUSLAND-BRIEFPORTO und dann den Betrag verdoppeln
Ausl. Briefporto

Dazu musste man wissen, wie hoch die korrekte ausl. Postkartentaxe war, auch die Taxe des normalen Auslandbriefes in das Empfängerland.

Ob dann die fehlende Taxe verdoppelt und aufgerundet wurde, war jeder Postanstalt selbst überlassen.

Viele Grüsse

SH-Sammler
Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 05.06.2018 18:36:00 Gelesen: 50117# 54 @  
@ gabriele [#52]

Hallo Gabi,

in diesem Punkt teile ich die Auffassung von Hanspeter nicht - ich denke, die 72 war die Zimmernummer des Gastes im Hotel.

Bei Hanspeters Beleg mit einer Nummer in Höhe von 2232 ist auszuschließen, dass jemand mehrere Tausen Belege abgezählt hat - das sind Listen - Nummern, wobei diese Nummern zu jedem 1.1. anfangen konnten, oder auch jeden Monat mit der 1 anfingen, oder jedes Quartal.

Aber das alles macht eure Belege ja um keinen Deut schlechter, im Gegenteil.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
gabriele Am: 06.06.2018 16:56:08 Gelesen: 50079# 55 @  
@ SH-Sammler [#53]
@ Bayern klassisch [#54]

Hallo Hanspeter und Ralph,

vielen Dank für eure Hinweise und Ideen. :) Bei dem ersten Zeichen bin ich mir nicht ganz sicher, ob das nun a.) ein Punkt-Schrägstrich oder b.) eine Sieben darstellen soll.

Bei der Möglichkeit a.) könnte ich mir auch noch vorstellen, dass eine zusätzliche Gebühr von 2 Rappen für die Zahnradbahn bei der Ankunft in Rigi-Kaltbad notiert wurde. Aber da weiß ich wirklich nicht, ob und wie solche Extra-Kosten in der Schweiz berechnet wurden. Dazu müßte ein weiterer Beleg an einen Gast im Hotel auftauchen.

Mich irritiert ein wenig der blaue Wachsstift für die Zimmernummer.

Herzliche Grüße, Gabi
 
bayern klassisch Am: 06.06.2018 17:27:53 Gelesen: 50071# 56 @  
@ gabriele [#55]

Hallo Gabi,

ich werde einen Freund von mir, der über 100 Bände Schweiz sein eigen nennt, hinsichtlich deiner Karte zum Rigi befragen. Wenn er es nicht weiß, weiß es eh keiner.

Ich gebe laut, wenn die Antwort da ist.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
hajo22 Am: 06.06.2018 18:11:27 Gelesen: 50059# 57 @  
@ gabriele [#52]

Wahrscheinlich Zimmer 72. Schließlich geht die Karte an einen Gast im Hotel. Jedes Zimmer hatte ein eigenes Postfach in der Rezeption.

hajo22
 
gabriele Am: 08.06.2018 16:52:53 Gelesen: 50004# 58 @  
@ hajo22 [#57]

Hallo hajo22,

das jede Zimmernummer ein eigenes Postfach bei der Rezeption hatte ist ja logisch. Hatte die Post darauf auch einen Zugriff und hat die Zimmernummer auf eingehender Post vermerkt?

Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, sonst müßte die Post doch immer tagesaktuelle Gästelisten der örtlich vorhandenen Hotels gehabt haben. Oder die Hotelpost wurde vom Postbeamten erst an der Rezeption mit Hilfe des Rezeptionisten fertig bearbeitet.

Da warte ich lieber mal ab, ob Ralph die in Beitrag [#56] skizzierten Informationen von seinem Bekannten erhalten kann.

Freundliche Grüße, Gabi
 
hajo22 Am: 08.06.2018 17:09:42 Gelesen: 49999# 59 @  
@ gabriele [#58]

Der Postler übergab die gesamte Post für das Hotel dem Mann an der Rezeption, der dann die einzelnen Briefe in die Postfächer einlegte. Vorher nummerierte er noch die Poststücke nach Zimmernummern anhand der Gästeliste.

Erscheint mir logisch, aber Du kannst natürlich auf Infos von bayern klassisch warten.
 
bayern klassisch Am: 08.06.2018 17:15:49 Gelesen: 49997# 60 @  
@ gabriele [#58]

Hallo Gabi,

es ist wohl so, wie ich geschrieben habe. Die Post für die Hotels wurden vom Postboten entweder an der Rezeption der unten im Dorf gelegenen Hotels abgegeben, oder aber von einem Hotelbediensteten bei der Post selbst abgeholt, wie in deinem Fall.

Dann fuhr dieser zum Hotel hoch (Rigi) und gab dem Portier die Eingangspost. Dieser kannte seine Gäste und vermerkte auf den Briefen die Zimmernummer. Ein Bediensteter legte dann die so nummerierten Briefe und Karten in die Fächer, über denen auch die Zimmerschlüssel hingen.

Ca. 15 Jahre früher durfte für diesen Dienst noch 5 oder 10 Rappen von den Hotels kassiert werden, so dass vergleichbare Poststücke älterer Art noch Taxen aufwiesen. Der Vorteil für die Gäste war, dass sie nicht runter ins Tal laufen mussten, um ihre Post abzuholen, um danach wieder hoch zum Hotel kraxeln zu müssen. Ein günstiger Service also! Diese Briefe, immer an Hotelgäste im Rigi und mit Taxierung versehen, sind gesucht und werden durchaus dreistellig gehandelt, je nach Schönheit.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
hajo22 Am: 08.06.2018 17:52:33 Gelesen: 49989# 61 @  
@ bayern klassisch [#60]

Ca. 15 Jahre früher durfte für diesen Dienst noch 5 oder 10 Rappen von den Hotels kassiert werden, so dass vergleichbare Poststücke älterer Art noch Taxen aufwiesen. Der Vorteil für die Gäste war, dass sie nicht runter ins Tal laufen mussten, um ihre Post abzuholen, um danach wieder hoch zum Hotel kraxeln zu müssen. Ein günstiger Service also! Diese Briefe, immer an Hotelgäste im Rigi und mit Taxierung versehen, sind gesucht und werden durchaus dreistellig gehandelt, je nach Schönheit.

Richtig! Bayern klassisch weiß ALLES! Irgendwo habe ich so einen Beleg mit Hotelpostmarke rumliegen. Wenn ich den finde, zeige ich ihn mal.

"Wer alles aufräumt ist nur zu faul zum Suchen."

hajo22
 
bayern klassisch Am: 08.06.2018 18:00:34 Gelesen: 49983# 62 @  
@ hajo22 [#61]

Hallo hajo22,

nein, um Gottes Willen, ich weiß längst nicht alles - aber es gibt 2 Briefe aus Bayern, die ich leider nicht habe, die an eine dieser Adressen liefen (Rigi - Kaltbad wenn ich nicht irre) und die 5 oder 10 Rappen extra kosteten (glaube jetzt, da ich das schreibe, eher an 5 Rappen).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
gabriele Am: 08.06.2018 19:52:24 Gelesen: 49965# 63 @  
Hallo hajo22 und Ralph,

vielen Dank an euch beide, ich finde es schon ungewöhnlich, wie eine belanglose Ganzsachen-Postkarte ihre Kreise durch die Post- und Eisenbahn-Geschichte zieht.
Da wäre noch ältere Post an Hotelgäste auf der Rigi, mit zusätzlicher Berechnung weiterer Transportkosten, bestimmt sehr interessant. :-)

Nun glaube ich euch auch, dass es um Zimmernummer 72 geht. Dann muß es wohl erlaubt gewesen sein, dass der Hotel-Portier die Gästepost zusätzlich mit blauem Wachsstift beschriften durfte.

Die Geschichte der Rigi [1] beschreibt und erzählt die frühen Tourismus-Aktivitäten im Bezirk Schwyz [1].

Herzliche Grüße, Gabi

[1] https://www.rigi.ch/Information/Service/Geschichten-der-Rigi/Die-Rigi-im-Wandel-der-Zeit
 
gabriele Am: 30.06.2018 23:24:24 Gelesen: 49374# 64 @  
Hallo Altdeutschland- und Württemberg-Spezialisten,

wurden früher (19. Jahrhundert) Schreiben an Ämter nach einer Aufbewahrungsfrist (wie lange?) öfters mal zu Briefumschlägen verarbeitet?

Die Frage betrifft einen netten Briefumschlag ohne Inhalt vom 29.4.1866, der von (Aalen-)Ebnat nach (Gmünd-)Großdeinbach, Bereich Remstalbahn ab 1861 [1], gesendet wurde.



Der Umschlag hat zwar keinen Inhalt mehr, ein Schriftstück wurde aber zu diesem Umschlag "umgearbeitet". Nachdem ich das bemerkt hatte, trennte ich die erste Verklebung relativ grob. Die zweite Verklebung habe ich dann per Wattestäbchen mit Wasser befeuchtet und konnte sie sanfter trennen.

Das alte Schreiben gehörte scheinbar zum Schultheißenamt (Bürgermeisteramt) Lauchheim. In Lauchheim gab es ein Gästehaus der Deutschritter-Kommende Schloss Kapfenburg [2]. Das Gästehaus Lauchheim wird heute als Stadtrathaus genutzt.

Der alte Text ist ziemlich leserlich, hier mal meine Amateur-Übersetzung, ich bitte die Schriftkundigen gerne um Berichtigungen/Ergänzungen:

Brieftext:

Wohllöbliches Schultheißenamt
Bereits unterm 4 Dezbr. vorig. Jahres
ist der dem Anton Glaser doch gegebene
Zahlungsbefehl verstrichen, ohne daß
ich bis heute eine Zahlung erhielt.
Ich ersuche deshalb __ __
Schultheißenamt gegen denselben
sofort die Exekution verfügen
u. mich hiervon in Kenntniß setzen
zu wollen.

Achtungsvoll __ Neuburger

Lauchheim
d. 12 Feb 1804




Es hat mich natürlich gereizt, auch Infos zu Neuburger [3] in Lauchheim zu finden. Im Württemberger Deutschordensgebiet durften sich Juden ansiedeln.

Gab es in der Vorzeit vom Deutschen Krieg [4] (14. Juni bis 23. August 1866, Preußen gegen Österreich) auch Papiermangel oder war das nur die "schwäbische Sparsamkeit"?

Der Siebenwochenkrieg führte zur kleindeutschen Lösung und zum Norddeutschen Postbezirk (NDP).

Viele Grüße und gute Nacht, Gabi

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstrecke_Stuttgart-Bad_Cannstatt%E2%80%93Aalen
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Kapfenburg
[3] http://www.alemannia-judaica.de/lauchheim_synagoge.htm
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Krieg
 
bayern klassisch Am: 01.07.2018 08:18:00 Gelesen: 49353# 65 @  
@ gabriele [#64]

Hallo Gabi,

schönes Stück und gut gemacht. Zum Text, jetzt von mir korrigiert:

Wohllöbliches Schultheißenamt!
Bereits unterm 4 Decbr. (= Decembris) vorig. Jahres
ist der dem Anton Glaser dort gegebene
Zahlungsbefehl verstrichen, ohne daß
ich bis heute eine Zahlung erhielt.
Ich ersuche daher Ein wohllb. (= wohllöbliches)
Schultheißenamt gegen denselben
sofort die Exekution verfügen
u. mich hievon in Kenntniß setzen
zu wollen.

Achtungsvoll L. Neuburger

Lauchheim
d. 12 Feb 1864

Das war schon ganz gut transkribiert - Respekt!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
gabriele Am: 01.07.2018 16:57:02 Gelesen: 49322# 66 @  
@ bayern klassisch [#65]

Hallo Ralph,

danke für Deinen Respekt zu meiner "Versuchs-Übersetzung", darüber habe ich mich sehr gefreut. Noch dazu von einem sehr hilfsbereiten Sternträger, herzlichen Glückwunsch!

Bei der Jahreszahl war ich unsicher, ob nun 1864 oder 1804 gemeint war. Scheinbar mußten solche privaten Anschreiben dann (zumindest im Württemberg) nur 2 Jahre archiviert werden?

Jetzt folgt das schwierigere Thema der Briefbeschreibung mit Laufweg:

Unfrei versendeter Brief 1. Gewichtsstufe von Ebnat(Aalen) nach Großdeinbach (Gmünd) mit dem Deutsch-Österreichischen Postverein, blaue 3 Kreuzer für einen Amtsbrief (?) zwischen zwei Schultheißenämtern (?).

Der Brief wurde am Versandtag zugestellt, Strecke ca. 5,5 Meilen (~ 41 Km). Transport:

von Ebnat nach Aalen per Kutsche (?)
von Aalen nach Gmünd per Bahn (?)
von Gmünd nach Großdeinbach per Amtsbote (?), Deinbach war erst von 1905 bis 1962 ein Haltepunkt an der Remstalbahn.

Du kannst meine Unsicherheit an den ganzen Fragezeichen erkennen. Den Amtsbrief nehme ich an, weil kein Zuschlag erhoben wurde.

Über eine weitere kompetente Nachhilfe würde ich mich sehr freuen. :-)

Viele Grüße, Gabi
 
Magdeburger Am: 01.07.2018 18:48:05 Gelesen: 49304# 67 @  
@ gabriele [#66]

Hallo Gabi,

wie lange Briefe aufbewahrt wurden, kann ich auch nicht sagen. Jedoch kommt es immer wieder vor, dass Briefe mehrfach versendet wurden. Bekannt aus damaliger Zeit ist es auch, dass Schreiber angestellt wurden, Briefe abzuschreiben, vor allem dann, wenn es Verordnungen oder um Anfragen ging, welche vor Ort nicht ganz geklärt werden konnten, wo erst Informationen eingeholt werden mußten.

Natürlich konnte es auch so sein, dass der "Inhalt gerettet" wurde und die leeren Blätter genutzt wurden, oder der Inhalt "uninteressant" war.

Der angefertigte Briefumschlag lief innerhalb Württembergs und da galt dann auch nur das Innenporto und dies war allgemein unabhängig davon wer an wenn versendete. Ausnahmen waren selbstverständlich Portofreiheiten.

Vielleicht hilft dir es erst einmal weiter.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 01.07.2018 22:10:10 Gelesen: 49291# 68 @  
@ gabriele [#66]

Hallo Gabi,

danke für die Blumen. :-)

Mit dem Postverein hatte dein Brief nichts zu tun, weil er ja "nur" innerhalb Württembergs lief. Von einem Postvereinsbrief spricht man, wenn er mindestens 2 Postvereinsgebiete tangierte. Die Taxen konnten sich bei Briefen im Postverein zu denen im Inlandsverkehr teils erheblich unterscheiden.

Zu den Leitungen kann ich wenig beitragen - hier kann ich nur auf die ieg-maps der Uni Mainz verweisen.

Die 3 Kreuzer Taxe (Porto) deutet für mich darauf hin, dass hier kein Portozuschlag angefallen war, weil es sich um eine dienstliche, portopflichtige Versendung gehandelt hatte. Aber ich habe wenig Ahnung von innerwürttembergischen Taxen und bin da als Gesprächspartner leider nicht kompetent.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
gabriele Am: 03.07.2018 14:43:28 Gelesen: 49216# 69 @  
@ bayern klassisch [#68]

Hallo Ralph und Ulf,

das ist ja toll, jetzt sammle ich hier Hilfeleistungen von Sternträgern, ich danke euch. :-)

Was ich bisher noch nicht verstehe ist "Innerwürttembergisch" (= WUE) zu "Deutsch-österreichischer Postverein" (= DÖPV). Durch den DÖPV wurden doch auch die "inneren Gebühren" der Mitgliedstaaten vorgegeben (?).

Wahrscheinlich liegt das an den Württemberg-Freimarken Nr. 1 - 5, dort sind Württemberg und der DÖPV vermerkt. Bis 31.12.1867 kostete in WUE ein Briefversand bis 12 Meilen drei Kreuzer. Im DÖPV galt die gleiche Gebühr für Entfernungen bis 10 Meilen (im Wechselverkehr).

Also kostete "Innerwürttembergisch" (= WUE) genauso viel wie "Innerbayerisch" (= BAY), oder ist das falsch?

Wie werden die internen Gebühren der Mitgliedstaaten im DÖPV genannt? Wäre das WUE-DÖPV-Kreuzerzeit oder BAY-DÖPV-Kreuzerzeit?

Was kostete 1866 ein Brief von Aalen (WUE) über Nördlingen (Austauschbahnhof ?) nach Donauwörth (BAY) ~> 62 Km ~ 8,4 Meilen? Nach meiner Vermutung: im DÖPV eine Gebühr von 3 Kreuzern.

Liebe Grüße, Gabi
 
bayern klassisch Am: 03.07.2018 15:12:11 Gelesen: 49208# 70 @  
@ gabriele [#69]

Hallo Gabi,

wegen deiner vielen, interessant gestellten Fragen habe ich dein Posting hierher kopiert und beantworte die Fragen, so ich das kann, darunter.

"Was ich bisher noch nicht verstehe ist "Innerwürttembergisch" (= WUE) zu "Deutsch-österreichischer Postverein" (= DÖPV). Durch den DÖPV wurden doch auch die "inneren Gebühren" der Mitgliedstaaten vorgegeben (?)"

Durch die Gründung des DÖPV wurden nur die Gebühren im Wechselverkehr vorgegeben, nicht aber die inneren Gebühren von Bayern, Württemberg, Baden, Hannover, Preußen usw.. Die Gebührenhoheit bei rein bayerischen, württembergischen oder badischen Briefen verblieb bei jeder Postverwaltung, wenngleich auch die ein oder andere Postverwaltung durch das Gebührenprogramm des DÖPV Anleihen für den inneren Postverkehr nahm (Bayern z. B.).

"Wahrscheinlich liegt das an den Württemberg-Freimarken Nr. 1 - 5, dort sind Württemberg und der DÖPV vermerkt."

Der Grund für die Nominierung von Württemberg und dem DÖPV auf den Marken Württembergs lag allein darin, dass die Kundschaft, die ja bisher keine Marken kannte, nun wusste, wohin man mit diesen neuen Marken überhaupt frankieren konnte. Da hier z. B. nicht Frankreich, die Schweiz oder Japan genannt wurden, wussten bzw. ahnten die damaligen Korrespondenten, dass die Frankatur mittels Marken nach diesen Ländern nicht legitim war.

"Bis 31.12.1867 kostete in WUE ein Briefversand bis 12 Meilen drei Kreuzer."

In Bayern auch!

"Im DÖPV galt die gleiche Gebühr für Entfernungen bis 10 Meilen (im Wechselverkehr)."

Aber intern galt das Loth inklusive, im DÖPV immer exklusive. Ein Brief mit genau 1 Loth Gewicht von Stuttgart nach Leonberg kostete also einfach bis 12 Meilen nur 3 Kreuzer, während ein Brief von Ulm nach Neu-Ulm mit dem gleichen Gewicht schon 6 Kreuzer gekostet hätte (bis 10 Meilen, 2. Gewichtsstufe).

"Also kostete "Innerwürttembergisch" (= WUE) genauso viel wie "Innerbayerisch" (= BAY), oder ist das falsch?"

Nein - ist sehr gut beobachtet!

"Wie werden die internen Gebühren der Mitgliedstaaten im DÖPV genannt? Wäre das WUE-DÖPV-Kreuzerzeit oder BAY-DÖPV-Kreuzerzeit?"

Wir unterscheiden zwischen Postvereinsgebühren und württembergischen bzw. bayerischen (oder sächsischen) Inlandsgebühren.

"Was kostete 1866 ein Brief von Aalen (WUE) über Nördlingen (Austauschbahnhof ?) nach Donauwörth (BAY) ~> 62 Km ~ 8,4 Meilen? Nach meiner Vermutung: im DÖPV eine Gebühr von 3 Kreuzern."

Frankiert kostete ein Brief dieser Art unter 1 Loth 3 Kreuzer, weil bis 10 Meilen = 75 km im 1. Rayon (= Entfernungszone) im Postverein. Nördlingen war aber nicht Austauschbahnhof, sondern Kartenschlußamt Bayerns von und nach Württemberg. Austauschbahnhof ist vlt. nicht der glücklichste Ausdruck, auch wenn erfahrene Sammler wissen, was du damit meinst.

Aber diese 3 Kreuzer galten nur für frankierte Briefe - unfrankierte kosteten 3 Kreuzer Zuschlag je angefangenes Loth.

Ich finde es toll, dass du dich so bei Altdeutschland / Württemberg engagierst; es gibt nichts Besseres als Altdeutschland zu sammeln, weil man in die Geschichte eintaucht, vieles sich selbst beibringt, in historischen Dimensionen zu denken lernt und, wenn man nicht die Bomben des Sammelgebietes kauft, mit moderatem Finanzeinsatz viel Interessantes und Schönes zusammentragen kann. "Go for it", würden jüngere Sammler jetzt sagen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
gabriele Am: 03.07.2018 23:08:41 Gelesen: 49162# 71 @  
@ bayern klassisch [#70]

Hallo Ralph,

deine Art, meinen "wilden" Fragenkatalog zu beantworten finde ich sehr zielführend! Vielen Dank dafür! So macht es richtig Spaß, sich mit Altdeutschland zu beschäftigen. :-)

Das "provoziert" natürlich noch eine Anschlußfrage zu dem Ausdruck "Kartenschlußamt Bayerns". Was sagt Kartenschluß aus? Bezieht sich das auf das westliche Landkarten-Ende vom Kgr.B.? Dann müßte theoretisch Friedrichshshafen ein "südliches Kartenschlußamt Wüttembergs" sein oder Romanshorn ein "nördliches Kartenschlußamt Schweiz". Genauso wäre es ja mit Ulm - Neu-Ulm oder auch Pforzheim (Württemberg - Baden).

Nördlingen [1] war, so habe ich das verstanden, ein Doppelbahnhof. Aus württembergischer Sicht ein "K.W. Endbahnhof in Bayern mit gepachtetem Zufahrtsland und Strecken-Unterhaltspflicht"?

Liebe Grüße, Gabi

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnhof_N%C3%B6rdlingen
 
bayern klassisch Am: 04.07.2018 15:08:37 Gelesen: 49109# 72 @  
@ gabriele [#71]

Hallo Gabi,

nur zu! :-)

Wenn früher die Post von A nach B transportiert wurde, z. B. Stuttgart nach Ulm, dann sammelte Stutgart alle Poststücke nach und über Ulm ein und fertigte ein Begleitdokument an, in welchem - einzeln, oder summarisch - die entsprechenden Briefe, Drucksachen, Muster ohne Wert, Einschreiben usw. aufgeführt waren.

Nachdem man das getan hatte, packte man diese einzelnen Bündel zusammen und schrieb "Ulm - Bahnhof" auf die Beutelfahne. Dann gab man diesen Briefbeutel der Bahnpost, die rückseitig die Poststücke stempelte - oder auch nicht, das war unterschiedlich.

In Ulm angekommen, hatte die dortige Postexpedition das Briefepaket zu öffnen und den Inhalt mit der beifolgenden Briefkarte zu vergleichen. So konnten z. B. in Stuttgart 20 Portobriefe nach Ulm aufgegeben worden sein, wobei jeder mit 6 Kreuzer im einfachen Gewicht auszutaxieren war, in Summa also 120 Kreuzer, gleich 2 Gulden.

Ulm musste nun prüfen, ob wirklich 120 Kreuzer summarisch an Portobriefen vorhanden waren und nicht 114 oder 126 Kreuzer, denn bei Portobriefen belastete die Aufgabepost Stuttgart die Abgabepost Ulm mit eben diesen 2 Gulden und Ulm musste diese von den Empfängern einkassieren.

Einschreiben waren einzeln in den Briefkarten aufzuführen mit a) der laufenden Nummer, dem Name des Empfängers und den Ort des Empfängers. Hätte man da geschlampt, wäre der Annahmebeamte pro Recobriefe mit 24 1/2 Gulden zu Kasse gebeten worden und das war damals ein Monatsgehalt eines einfachen Beamten.

Hatte Stuttgart aber auch Briefe an diesem Tag nach Bayern und Österreich zu verschicken, die über Ulm hinaus zu laufen hatten, so packte man diese dem Ulmer Paket bei und nahm an, dass die Ulmer nun ihrerseits ihre eigenen Briefe nach Bayern und Österreich mit diesen zusammen unter Ausfertigung einer Ulmer Briefkarte z. B. nach Augsburg oder Wien zusammenpackten, genauso gegliedert, wie zuvor von Stuttgart nach Ulm. Kam das Briefepaket dann in Augsburg an, wurden zuerst einmal alle Briefe siegelseitig mit dem Ankunfts- bzw. Transitstempel bedruckt, ehe es weiter gehen konnte nach München oder Österreich.

Man nennt dies das Kartierungsverfahren, wobei die eine Post (Stuttgart) "encartirt" und die andere (Ulm) "decartirt".

Liebe Grüsse,
Ralph
 
gabriele Am: 04.07.2018 19:19:30 Gelesen: 49089# 73 @  
@ bayern klassisch [#72]

Hallo Ralph,

die Cartierung ist ja schon ganz schön kompliziert gewesen. Über Google habe ich ein Buch von 1788 zur preußischen Postordnung [1] gefunden. Mal sehen, wann ich das genauer lesen mag.

LG, Gabi

[1] https://books.google.de/books?id=9bZIAQAAMAAJ&pg=PA116&lpg=PA116&dq=encartieren&source=bl&ots=lLGebxJ3bf&sig=f5D4Imel1olcj8d7xRoBSYGoc4E&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjy0P3984XcAhXHasAKHZbIAPIQ6AEINTAC#v=onepage&q=encartieren&f=false
 
bayern klassisch Am: 04.07.2018 20:38:13 Gelesen: 49080# 74 @  
@ gabriele [#73]

Hallo Gabi,

ja, nicht so einfach und ehe ich zu den Details komme, solltest du dir die Quelle gut durchlesen, denn das Verständnis für die internen Abläufe ist unabdingbar, wenn man sich die Postgeschichte der Klassikzeit auf die Fahne geschrieben hat.

Liebe Grüsse,
Ralph
 

Das Thema hat 174 Beiträge:
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