Neues Thema schreiben   Antworten     zurück Suche   Druckansicht  
Thema: Rumänien: Postrouten und Transportwege
Das Thema hat 189 Beiträge:
Gehe zu Seite: 1   2   3 4 5 6 7 8 oder alle Beiträge zeigen
 
Marcel Am: 31.01.2015 01:05:55 Gelesen: 132728# 15 @  
@ Heinz 7 [#14]

Danke für Deinen Brief, jetzt ist es klar. Beide Briefe [#14] und [#12] gehen an den Herrn (domnului) Christi Georgiu in Bukarest.

Noch ein Wort dazu: Ich denke es handelt sich um die St. Georg Kirche [1]. Sie war lange Zeit die wichtigste Kathedrale der Stadt und wurde durch einen Stadtbrand in Bukarest am 23. März 1857 stark beschädigt. Also die Briefe gingen an den Geistlichen der Kirche.

schöne Grüße
Marcel

[1] http://www.sfantulgheorghenou.ro/istoric/
 
10Parale Am: 31.01.2015 19:28:31 Gelesen: 132694# 16 @  
@ Marcel [#15]

Vielen Dank für diese Zusatzinformationen, die mich absolut begeistern. Natürlich weckt das auch die Neugier auf den Inhalt.

Vielen vielen Dank.

10Parale
 
Heinz 7 Am: 31.01.2015 23:25:44 Gelesen: 132677# 17 @  
@ 10Parale [#12]

Das wird wieder richtig spannend hier!

Wenn wir über die Geschichte Rumäniens sprechen, müssen wir differenziert vorgehen. Siebenbürgen (und andere Regionen) nahmen eine ganz andere Entwicklung als die Moldau und die Walachei! Das Osmanische Reich hatte viel länger Einfluss auf Moldau & Walachei, und diese Regionen hatten auch stärker unter den Auswirkungen der ständigen Kriege zwischen Russland und dem Osmanischen Reich zu leiden als Siebenbürgen, das unter Österreichischem Einfluss mehr als hundert Jahre eine völlig andere Geschichte erlebte!

@ Marcel [#13]

Marcel, ich freue mich, dass Du wieder schreibst; Du hast in diesen Fragen schon viel Wichtiges beisteuern können.

Ich hoffe, wir können zu diesem Thema noch viel Wissenswertes einstellen und zeigen. Einen Brief, der mir echt Kopfzerbrechen bereitet, stelle ich Euch bei nächster Gelegenheit hier vor, aber vorher muss ich noch ein paar Vorarbeiten dazu leisten.

A bientôt, wie die Franzosen sagen - die hatten nämlich AUCH ihre Post in Rumänien!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 31.01.2015 23:54:00 Gelesen: 132670# 18 @  
@ 10Parale [#12]

Hallo 10 Parale,

ich habe Dir gestern fig. 235 aus der Stempelgruppe PV53 vorgestellt (Vorphila-Stempel der Walachei, nach Dragomir): Braila, kyrillisch. Anbei zeige ich Dir auf fig. 236:



Braila war neben Ploesci der einzige Ort, bei dem der Stempel sowohl kyrillisch wie auch lateinisch vorkommt!

Der hier gezeigte Brief ist ein Geschäftsbrief aus Braila nach Galatz vom 5. Januar 1862. Er kam am selben Tag an in Galatz, wie der M1-Stempel "GALATZ MOLDOVA 5/1" rückseitig zeigt. Ein Blick auf die Karte zeigt: Braila und Galatz liegen ja auch nahe beieinander.

Der blaue Taxvermerk deutet auf ein hohes Porto hin; das habe ich noch nicht ganz verstanden. Briefmarken für die vereinigten Fürstentümer (die etwas später, aber im selben Monat Januar 1862 den Namen "Rumänien" einführten) wurden erst im Juni 1862 herausgegeben.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 01.02.2015 12:09:19 Gelesen: 132647# 19 @  
@ 10Parale [#12]

Hello everybody!

Dieses Thema hier ist sehr vielseitig, und - quasi als "Sonntagsbraten" - möchte ich Euch anbei einen spektakulären Brief vorstellen, der auf den ersten Blick allerdings gar nicht speziell aussieht:



Das Handelshaus Theologo Galatz sandte seiner Filiale (Gebrüder Theologo) in Konstantinopel im März 1853 einen im voraus bezahlten Brief. Er wurde dem österreichischen Postamt in Galatz übergeben, die ihn entsprechend stempelten und auf die Reise schickten. Soweit so gut - nichts Besonders, das kennen wir aus mehreren anderen ähnlichen Briefen.

Ein Blick auf die Rückseite des Briefes bringt uns nun aber zum Staunen. Während andere Briefe dieser Zeit oft keine Durchgangs- oder Ankunftsstempel zeigen, finden wir hier gleich vier verschiedene!



Sereth = Siret; gehört zur historischen Region (Süd-)Bukowina, Kreis Suceava. Der deutsche Name war Sereth, rumänisch Siret. Siret spielte im alten Fürstentum Moldau eine wichtige Rolle, kam 1775 aber zu Österreich. Heute ist es eine Grenzstadt zur Ukraine

Semlin = Zemun; (bei (heute Teil von) Belgrad) gehörte 1541-1718 zum Osmanischen Reich und kam dann zu Österreich-Ungarn. Zitat Wikipedia: "In der folgenden Epoche war Zemun Grenzort und Zollstation der Donaumonarchie, erst zum Osmanischen Reich, dann zu Serbien. Nach Auflösung der Militärgrenze gehörte Zemun zur Gespanschaft Syrmien des Königreichs Kroatien und Slawonien"

Hermannstadt = Stadt in Siebenbürgen (= Nagyszeben = Sibiu) seit 1711 zu Österreich gehörend.

Temesvar = Timisoara, Stadt in der historischen Region Banat; gehörte 1552-1716 (also 164 Jahre lang!) zum Osmanischen Reich, bevor es zu Österreich kam.

Ich kann leider nicht mit genauer Sicherheit die Reihenfolge dieser Odyssee feststellen. Ich lese:

27. März Galatz
1. April Sereth
5. April Hermannstadt
9. April Temesvar
?. April Semlin

Warum nur nahm dieser Brief diesen sehr unerwarteten Verlauf? Konstantinopel liegt südlich von Galatz, aber die Reise startete ohne Zweifel in genau die entgegengesetzte Richtung, nach Norden, und wurde dann westlich weiter gesandt. Warum? Waren es bereits Vorboten des Krimkrieges, der 1853 startete? Eine weitere mögliche Erklärung könnte eine Seuchengefahr gewesen sein, denn der Brief wurde gerastelt (viele kleine Löcher). Das könnte wohl in Siret erfolgt sein ...

Ich weiss es nicht mit Sicherheit. Aber ich bin begeistert von diesem Dokument der europäischen Geschichte.

Anbei noch eine Karte, die die politischen Verhältnisse der damaligen Zeiten uns vor Augen führt.



Herzliche Grüsse - Heinz
 
Marcel Am: 01.02.2015 20:01:29 Gelesen: 132623# 20 @  
@ Heinz 7 [#17]

Wenn wir über die Geschichte Rumäniens sprechen, müssen wir differenziert vorgehen. Siebenbürgen (und andere Regionen) nahmen eine ganz andere Entwicklung als die Moldau und die Walachei! Das Osmanische Reich hatte viel länger Einfluss auf Moldau & Walachei, und diese Regionen hatten auch stärker unter den Auswirkungen der ständigen Kriege zwischen Russland und dem Osmanischen Reich zu leiden als Siebenbürgen, das unter Österreichischem Einfluss mehr als hundert Jahre eine völlig andere Geschichte erlebte!

Hallo Heinz,

das ist richtig, aber man sollte die Vorherrschaft der Bojaren (Großgrundbesitzer) nicht außer acht lassen. Anders als in Siebenbürgen, wo sie zunehmend an Bedeutung verloren, zu Bauern wurden oder im ungarischen Adel aufgingen, wurden Sie in der Walachei und Moldau direkt vom Fürsten bestätigt und gewannen so an Einfluss.

Die Russen selber hatten erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts zunehmenden Einfluss auf die unter Suzeränität des Osmanischen Reiches stehenden Donaufürstentümer.

Suzeränität (ein Staat der wichtige Befugnisse über einen anderen souveränen Staat ausübt, meist Militär- und Außenpolitisch, und dafür im Gegenzug die Verpflichtung zu dessen Schutz übernimmt)

So wurde auf Veranlassung der russischen Besatzungsbehörden das erste verfassungsähnliche Gesetzeswerk in den Donaufürstentümern erarbeitet „Das Organische Reglement“. [1] Sie wurde in der Walachei im Juli 1831 und in der Moldau im Januar 1832 rechtsgültig beschlossen und blieb bis zur Pariser Konvention 1858 gültig.

Das Osmanische Reich erkannte am 29. Januar 1834 das Organische Reglement als gültig an. Im Gegenzug beendete Russland seine Besetzung der Donaufürstentümer, behielt über seine Konsuln jedoch erheblichen Einfluss. Formell wurde das Osmanische Reich wieder der Suzerän der Moldau und der Walachei.

Der Bojarenstand konnte sich wirtschaftlich und politisch stabilisieren, wohingegen die Ausbeutung der Bauern gegenüber dem vorherigen Zustand eher noch zunahm.

Man befürchtete eine zunehmende Annexion der Russen und so kam es zum Aufstand 1848.

Eine Änderung bezüglich der Einflussnahme und des Wahlrechts kam mit dem Pariser Frieden 1856 und der darauffolgenden Botschafterkonferenz in Bukarest 1857.

Du siehst, alles ist möglich. Da würden mich auch andere Routen und verschiedene Taxvermerke nicht wundern, befand man sich doch in wirklich schwierigen Zeiten.

schöne Grüße
Marcel

[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Organisches_Reglement
 
nor 42 Am: 02.02.2015 23:20:15 Gelesen: 132580# 21 @  
Hallo Sammlerfreunde,

sehr interessant und lehrreich, wie sich die Diskusion um den Brief aus Gallatz nach Constantinopel entwickelt hat. Ich möchte an dieser Stelle ein paar Ergänzungen bringen und damit vielleicht noch offene Fragen klären. Und zwar:

- Die drei Tage Laufzeit von Gallatz nach Bukarest, in einem Fall sogar nur zwei, entsprechen den damaligen Postkutschenverbindungen zwischen den beiden Städten. Das ist auch aus den schon erwähnten INDRUMAR AL FILATELISTULUI Seite 257 u 261 zu entnehmen. Eine Bahnverbindung gab es zu dieser Zeit noch nicht, die erste Bahnlinie wurde in den Donaufürstentümern erst 1869 zwischen Bukarest und Giurgiu eröffnet, zu einer Zeit als die Österreichische Post dort nicht mehr tätig war.

- Für den Postweg Gallatz-Constantinopel gab es eine Winterroute über Bukarest-Giurgiu-Rustschuk in den Monaten, wo die Donau zugefroren war und eine Sommerroute mit Schiff in den anderen Monate. Der Post, Passagier und Warenverkehr zwischen Gallatz und Constantinopel wurde nach 1845 nicht von der DDSG sonder vom Österreichischen Lloyd getätigt.

-Leider fehlen bei den meisten vorgestellten Briefen Angaben über das Jahr, wahrscheinlich handelt es sich dabei um Briefhüllen. Um die Zeit eingrenzen zu können, müssen wir uns daher auf die Portoangaben beziehen. Auf den ersten Brief aus Gallatz vom 17/1 ist 15/20 vermerkt. Das entspricht der III. (15 kr/sld) und IV. (20 kr/sld) Levantezone. Das Porto beträgt also 35 kr/sld was bedeutet, dass der Brief zwischen 1858 und 1866 einzuordnen ist (Siehe auch Blistyar S. 50-51).

- Bis Herbst 1854 waren die Donaufürstentümern von Russland besetzt und mit Ausbruch des Krimkrieges 1853 der direkte Postweg nach Constantinopel über die Donau bei Giurgiu und auf der Donau abwärts, unterbunden. Die Briefe von Bukarest aus nach Constantinopel liefen über Herrmannstadt und Semlin. Die Portoangaben auf den Briefen vom 4 Feb und 19 Aug (beide wahrscheinlich aus dem Jahr 1853 oder 1854) 19 u 12 (kr) würden einem Gebührenbaum von 10 kr Konsulatstaxe Gallatz, 9 kr Öst Taxe und 12 kr Levantetaxe für Constantinopel entsprechen. Ich habe einen ähnlichen Brief aus Bukarest 1854 mit Portoangaben 15 u 12 bzw. 6 kr Konsulatstaxe Bukarest-Grenze, 9 kr Öst Taxe und 12 kr Levantetaxe Constantinopel. Wohlgemerkt hat dieser Brief aber auch den Transitstempel Herrmannstadt. Über einen "forwarded" Weg für die Zeit 1853-1854 ist in der Literatur bis heute noch nichts gemeldet. Die fehlenden Transitstempel könnten vielleicht so etwas andeuten, doch fehlt bis heute jede Information darüber.

Morgen sprechen wir über den Brief, der über Sereth lief.

nor 42
 
Heinz 7 Am: 03.02.2015 00:12:21 Gelesen: 132577# 22 @  
@ nor 42 [#21]

Hallo nor,

schön, dass Du mitmachst und danke für Deine Erläuterungen. Du hast recht, DDSG und Lloyd kamen sich nicht/kaum in die Quere; Lloyd bediente nur Galatz und Ibraila (und die Seestrecke im Schwarzen Meer), während die DDSG die Donau aufwärts bediente.

Einen Brief, der per Schiff von LLOYD transportiert wurde, kann ich anbei zeigen:



Das ging dann ziemlich rasch: GALATZ ab 29 / 8 (1866) und in Konstantinopel angekommen bereits am 1.9. Innen ist handschriftlich das Jahr vermerkt 1866 und der Taxvermerk ist: zehn. Schön, dass dieser Brief einen Ankunftsstempel hat!

Alle Briefe, die keinen Schiffs-Stempel oder handschriftlichen Vermerk (z.B. "cu vaporu") tragen, müssen wohl der Post auf dem Landweg zugerechnet werden, die (seltenere) Schiffs-Post sollte wohl nur angenommen werden, wenn dafür konkrete Hinweise bestehen.

Die von mir eingestellten Briefe haben alle eine Jahreszahl, die meisten sind bereits vermerkt. Anbei die ganze Übersicht:

Nr. 7 = 1855
Nr. 9 = 1856
Nr. 10 = 1866
Nr. 14 = 1856
Nr. 18 = 1862
Nr. 19 = 1853
Nr. 22 = 1866

Ich freue mich, wenn Du uns mehr zu den Porti sagen kannst und bin gespannt auf Deinen Beitrag zu Brief von Beitrag Nr. [#19].

Gute Nacht - Heinz
 
nor 42 Am: 03.02.2015 11:38:53 Gelesen: 132555# 23 @  
Als Ergänzung zur gestrigen Meldung:

- Der Brief vom März 1853 (Angabe des Sammlers), aus Gallatz nach Constantinopel nahm seinen Weg über Sereth, Herrmannstadt, Temeswar, Semlin weil der Weg über die Donau wahrscheinlich wegen Eistreiben oder Hochwasser nicht möglich war. Der Gebührenbaum 9 u 21 besteht aus 9 kr Konsulatstaxe Gallatz-Grenze, und 21 = 9 kr Öst Taxe für den Weg Sereth-Semlin + 12 kr Levantetaxe Constantinopel. Der Brief wurde in Bojan gerastet und dann nach Sereth weitergeleitet und nicht wie üblich mit der Post aus der Moldau über Czernovitz. Der Postweg ist für diesen Fall ganz normal. Das Handelshaus Gebrüder Theologo war das bedeutendste Handelsunternehmen in Gallatz und hatte Niederlassungen in Constantinopel, Triest, Venedig u. a. Die Aufrechterhaltung der Postverbindung mit den anderen Niederlassungen war lebenswichtig und dafür nahm man auch ein längeren Postweg im kauf. 1853 war der Postweg über Bukarest wohl noch nicht üblich.

- Noch eine Bemerkung zu den Briefen mit der Adresse Chirsto Georgiu, öffters auch Georgiev geschrieben. Wie die Gebrüder Theologo in Gallatz, so war Christo Georgiev ein bedeutender Handelsunternehmer in Braila und hatte Niederlassungen in Bukarest, Constantinopel u. a. Es sind viele Belege aus seiner Korrespondenz übrig geblieben und schmücken viele Sammlungen. Der Brief war also nicht an einen Geistlichen der Bukarester Kirche gerichtet, sonder an der Bukarester Niederlassung.

- Und nochmals zu Gallatz, in den 60er Jahre waren dort 9 (!) verschiedene Postdienste tätig.

Hoffe mit meinen bescheidenen Ergänzungen ein wenig zum Thema beigetragen zu haben.

Nor 42.

Nochmals für Heinz 7

- Prüfen Sie bitte nochmals die Jahresangaben bei den Briefen aus Gallatz vom 19 Aug und 4 Feb. Sollten diese aus 1855 u. 1856 stammen, so stimmt etwas nicht mit der Portoangabe. 1855 u. 1856 zur Zeit der Öst. Besetzung war der Briefverkehr über Giurgiu und Rustschuk offen und das Porto würde dann nur 9 + 12 kr ausmachen, 9 kr Konsulatstaxe Gallatz-Grenze + 12 kr Levantetaxe.
Auch für das Jahr 1854 muß über den Gebührenbaum nochmals nachgedacht werden. Mit Bezug auf den Rundstempel Bukarest (Blistyar R 2) müseen wir auch das Jahr 1853 ausschließen.

- Die Jahresangabe für den letzt eingestellten Brief, 1866, ist auch fraglich. Das Porto wird dort mit 10 kr/sld angegeben, dieses Porto ist aber nur für die Zeit nach 15 Okt 1866 möglich (siehe Blistyar S.46). Die Postbeförderung von Gallatz nach Constantinopel und zurück erfolgte normalerweise mit den Schiffen des Öst Lloyd, ohne dass dort Schiffsstempel oder per Hand was geschrieben wurde. Auch der Ankunftstempel ist nicht immer ein Lloyd-Stempel.

Bin sehr neugierig auf die Jahresangaben, vielleicht auch Kopien.
Nor 42
 
10Parale Am: 03.02.2015 15:26:31 Gelesen: 132538# 24 @  
@ nor 42 [#23]

Ich bin jedesmal neu erstaunt, was diese Briefe uns verraten oder auch nicht verraten. Seit zwei Tagen lese ich in den Büchern von BLISTYAR "Die österreichische Post in den Donaufürstentümern und der Dobrudscha" und im großen Werk von G. Gmach und kann einzelne Gebührenbäume leichter nachvollziehenm auch wenn mir ehrlich gesagt nicht alles verständlich wird. Vielen Dank für die anschaulichen Erläuterungen, auch ich bin gespannt auf die Fortsetzung. Die sogenannte Konsulatstaxe ist die Gebühr für die Beförderung der Briefe innerhalb der Fürstentümer bis zur österreichischen Grenze, wenn ich das richtig verstehe.

Dieser Beitrag heisst ja Rumänien: Postrouten und Transportwege. Das Wort "Rumänien" wird hier ja als Oberbegriff verwendet, um eine geographische Zuordnung zu gewährleisten. Auf Seite 36 sind bei "BLISTYAR" sehr frühe Routen der rumänischen Landesposten abgebildet und wir sehen 2 Landkarten der beiden Fürstentümer, Moldovei (1846) und Tarei Romanesti (1833). Das Letztere bedeutet so viel wie "rumänisches Land (Boden)" und ist ein veraltetr Begriff für die Walachei.

Es ist wichtig für mich zu verstehen, was Rumänien eigentlich bedeutet und wie der Verlauf der Postgeschichte die wechselseitige Geschichte dokumentiert. So ist Deutschland grob formuliert ja auch nicht mehr oder weniger als ein Zusammenschluss alter Herzog- und Fürstentümer. Der Einfluss des osmanischen Reiches, des Zarenreiches und der öster.-ung. Doppelmonarchie haben diese Fürstentümer mit geprägt, bis heute. Ich bin sehr dankbar, dass diese Thema hier so spezialisiert behandelt wird.

10Parale
 
Heinz 7 Am: 04.02.2015 00:30:17 Gelesen: 132507# 25 @  
@ 10Parale [#24]

Hallo 10 Parale,

das ist genau das Spannende! Sibiu gehört HEUTE genau so zu Rumänien, obwohl es jahrhundertelang eine völlig andere Geschichte erlebte als z.B. Bukarest oder Jassy! Rumänien hat mit seinen Gebietserweiterungen nach dem ersten Weltkrieg eine "Erweiterung seiner Geschichte" bekommen wie z.B. ein Mann, der sich verheiratet und danach plötzlich mit einer zweiten Familien verbunden ist!

Die Moldau und die Walachei haben jahrzehntelang dieselben Erfahrungen gemacht und dieselben Schicksale erlitten und sind sich deshalb im Selbstverständnis viel näher als Gebiete, die erst vor knapp 100 Jahren zu Rumänien dazukamen. Nur viel geschichtliches Verständnis und die Bereitschaft, das Andere/Fremde verstehen zu wollen, können helfen, Trennendes zu überwinden und Gemeinsamkeiten zu finden.

Die zwei Karten im Buch von Blistyar (S. 36) sind dem Werk von Minescu entnommen. Ich hatte das Vergnügen, Herrn Norbert Blistyar am Treffen der ARGE Rumänien 2014 in Würzburg zu treffen, privat, das war ein schönes Erlebnis! Herr Blistyar ist ein sehr fleissiger Philatelist, den viele Fragen antreiben, und er steht in regem Austausch mit anderen Spezialisten. Schön, wenn Sammler versuchen, den Stand ihres Wissens zu konsolidieren und mitzuteilen; all diese Bücher sind für die Sammler eine grosse Hilfe. Grundlegend NEUES Wissen ist zwar meines Erachtens nicht sehr viel dazu gekommen, aber die Wiederaufnahme der alten Erkenntnisse von Tchilinghirian/Stephen, ergänzt durch eigene Beobachtungen und Feststellungen, ist an sich schon wertvoll.

Das Dazufügen von Posttarifen (Seiten 37-62) erachte ich als sehr hilfreich, wenngleich viele Fragen unbeantwortet bleiben (bleiben müssen). Das ist aber (versteh mich nicht falsch!) niemals als "Kritik" an dem Buch von Herrn Blistyar zu verstehen! Es ist eine Kunst, auf 221 Seiten so viel kompaktes Wissen über solch komplexe Zusammenhänge darzustellen. Ich bin überzeugt, dass das Buch von Blistyar hilft, das Interesse an diesem Gebiet zu fördern, umso mehr, als die Hefte von Tchilinghirian/Stephen heute kaum mehr angeboten werden und "etwas in die Jahre gekommen" sind.

Herzliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.02.2015 00:39:30 Gelesen: 132506# 26 @  
@ nor 42 [#23]

Hallo Nor 42,

Deine "bescheidenen Ergänzungen", wie Du sie nennst, sind hochwillkommen und ich will darauf genauer eingehen, aber nicht mehr heute. Gute Nacht!

Vorerst aber: Danke!

Heinz

Eine Frage zum Ende: Galatz Postdienste: rumänisch, türkisch, russisch, französisch, österreichisch, griechisch, DDSG, Lloyd; ich komme spontan auf 8 Postdienste. Du sprichst von 9. Welchen habe ich ausgelassen? Rumänische Landpost?

u.A.w.g.
 
nor 42 Am: 04.02.2015 11:17:32 Gelesen: 132478# 27 @  
Sie haben die Post der T. B. Morton Company ausgelassen. Mit dieser sind es neun.
 
10Parale Am: 04.02.2015 12:57:55 Gelesen: 132469# 28 @  
@ nor 42 [#27]

Für das letztere kann ich hier eine Marke zeigen.

Danube & Black See Lines of Steamers bedeuten die Initialien D & B.S.L.S. in der unteren Schriftreihe und oben eine Referenz zu der Firma T.B.Morton Company in Konstantinopel gegründet 1855.

Meines spärlichen Wissens nach wurden von diesem Postdienst von Konstantinopel aus die Donauhäfen Sulina, Tulcea, Galatz und Braila bedient. Zwischenstationen waren Burgas, Varna und Konstanza.

Ich habe noch nie einen Brief mit diesen Marken versehen gesehen und wäre gespannt auf lebende Exemplare.

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 04.02.2015 22:25:39 Gelesen: 132434# 29 @  
@ 10Parale [#24]

Blistyar benennt das Porto mit folgenden Begriffen:

- Konsulatstaxe: Beförderungstaxe bis zur österreichischen Grenze
- Österreichische Taxe: Taxe für die Beförderung innerhalb Österreichs
- Taxe für Briefe in Drittländer

Vermutlich haben bereits Edwin Müller und Heinrich Birnbach diese Begriffe eingeführt (wäre zu verifizieren); auch Nor 42 verwendet sie, ich will mich auch daran halten.

Blistyar schreibt, dass mit der Einführung der Briefmarken nun der Absender für die Freimachung der Briefe zu sorgen hatte, ansonsten eine Zusatztaxe erhoben wurde (siehe Seite 41). In der Zeit der Militärbesetzung wurde aber für unfrankierte Briefe kein Zusatzporto mehr erhoben (s. Seite 42). 1858 gab es eine Umstellung der österreichischen Währung, woraus u.a. der "Neukreuzer" entstand.

Es ist ein grosser Verdienst von Blistyar, auf wenigen Seiten kompakt das Wichtigste zu den damals gültigen Posttarifen zusammenzufassen. Ich habe viel von diesen Ausführungen profitieren können, weiss aber noch längst nicht alles, schon gar nicht auswendig.

Gemäss Birnbach ("Die fremden und einheimischen Posten bis 1875" von 1930) bestand seit mindestens 1803 eine ständige Postverbindung Wien - Konstantinopel über Rumänien. Siehe Seite 22: "Es wurde der Grenzübergang von Rothen Turm gewählt und die Strecke über Piteschti - Bukarest - Giurgevo geführt. Um 1820 kam eine nördliche Nebenlinie über Czernowitz nach Bottuschani - Jassy hinzu."

Von Giurgevo übernahmen "berittene Janitscharen mit Packpferden" die Post und "bewältigten die Reststrecke bis Konstantinopel in zirka drei Tagen" (siehe Seite 23). Die gesamte Reisezeit von Wien bis Konstantinopel betrug "etwa 18 Tage"; im Winter "natürlich länger".

Das - in Kürze - einige Merkpunkte (auch für mich!).

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.02.2015 23:15:31 Gelesen: 132430# 30 @  
@ nor 42 [#23]

Guten Abend,

der Brief aus Beitrag [#7] ist datiert 855 (= 1855), das dürfen Sie mir schon glauben. Und auch beim Brief aus Beitrag [#9] bleibe ich beim Datum 1856, das auf der Seitenklappe des Briefes vermerkt ist.



Ich habe Ihren Wunsch, die Jahresangabe zu scannen, erfüllt. Ich denke, 1856 ist eindeutig, das darunter wird wohl 23 Januar heissen, was die julianische Kalenderangabe war. Die österreichische Post arbeitete natürlich mit dem gregorianischen Kalender, der (damals) 12 Tage Differenz ausweist.

23. Januar + 12 Tage = 4. Februar = Datum des Stempels (siehe Beitrag [#9]) = passt also!

Ich wundere mich nicht, dass diese "19" schwer zu erklären ist, und ich bedaure, wenn ich Ihnen damit Kopfzerbrechen bereite. Da aber eine Übereinstimmung besteht zum Brief vom 19.8.1855 ist es meines Erachtens angebracht, diesem Tarif Beachtung zu schenken und mögliche Erklärungen zu suchen. Ich gebe zu, ich habe sie auch noch nicht gefunden.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Fips002 Am: 05.02.2015 17:44:05 Gelesen: 132392# 31 @  
@ nor 42 [#27]
@ 10Parale [#28]

Von mir noch einige Ergänzungen zur Donau- und Schwarzmeer Linie von T.B. Morton & Co.

Die Dampfschiff Company wurde 1855 mit Hauptsitz in Constantinopel gegründet. Die Schiffe der Company verkehrten regelmäßig zwischen der Türkei und den Häfen des Schwarzen Meeres und auf der Donau bis Braila. Es wurde Fracht und Post befördert.

Zwischen dem 1.Juli 1870 und 31.12.1872 wurde die Company für den Post Dienst zwischen Constantinopel und Galatz via Sulina registriert. Bis 1869 mussten die mit den Schiffen zu beförderten Briefe vorausbezahlt werden. Auf den Briefen wurden die Postgebühren mit Tinte oder Bleistift markiert, oder es wurden Handstempel mit dem Vermerk "FRANCO" abgeschlagen.

Die 1. und 2. Ausgabe der Company waren Handstempel und wurden in grün-blau oder rot auf verschieden farbigen Papier abgeschlagen. Die Farbe des Papiers hatte lokale Bedeutung. Jene auf weißem Papier wurden in Burgas, Kustendje und Varna benutzt. Auf gelben Papier in Sulina, auf roten Papier in Tulcia (Tulcha) und Galatz und auf blauen Papier in Braila, dem Endpunkt der Donau-Route. Die dritte Ausgabe hat das Aussehen wie von 10 Parale vorgestellt. Die vierte bis sechste Ausgabe sind Zeitungsmarken von 10 Para.

Nachstehend von mir ein original Handstempel der zweiten Ausgabe



T.B. Morton & Co., 1 Piaster Handstempel von Braila
1 Piaster = 40 Para



Gruß Dieter
 
10Parale Am: 05.02.2015 23:05:37 Gelesen: 132368# 32 @  
@ Heinz 7 [#25]

"Sibiu gehört HEUTE genau so zu Rumänien, obwohl es jahrhundertelang eine völlig andere Geschichte erlebte als z.B. Bukarest oder Jassy! Rumänien hat mit seinen Gebietserweiterungen nach dem ersten Weltkrieg eine "Erweiterung seiner Geschichte" bekommen wie z.B. ein Mann, der sich verheiratet und danach plötzlich mit einer zweiten Familien verbunden ist!"

Eine wunderschöne Metapher, Heinz, und zutreffend.

Herr Gmach führt in seinem Werk "Österreichische und ungarische Posteinrichtungen in den Donaufürstentümern" auf Seite 86 aus, dass zumindest ein Grund für die Notwendigkeit für die Einrichtung von Kommunikationslinien Russlands und Österreichs in den Donaufürstentümern am mangelnden Interesse des osmanischen Reiches am "Handel und Wandel" bestand (siehe auch Beitrag von Marcel [#20] Suzeränität - mangelnde Souveranität der beiden Fürstentümer). Ich zitiere: " Die Herstellung von Korrespondenzverbindungen mit auswärtigen Staaten lag nicht in der Kompetenz der Donaufürstentümer Walachei und Moldau".

So war die Folge, dass in Richtung (Nord)west und Südeuropa Österreich und in Richtung Südosten und Osten Russland Konsularposteinrichtungen gründeten, wie weiter erläutert wird.

Die erste österreichische Konsularagentie wurde demnach im 18. Jahrhunder (1782 - bin nicht sicher) in Bukarest eröffnet. Die erste Postverbindung von Bukarest nach Österreich (Handelsweg nach Wien) lief über Hermannstadt, bzw. den Rothenturmpass. Weitere Zwischen-Stationen waren Rimnicu-Valcea und Pitesci. Der walachische Fürst Alexander Ypsilanti (Fanariotenfamilie) stand dieser Verbindung mit offenem europäischen Geist wohlwollend gegenüber, wie ich denke.

Ich meine, es ist von Bedeutung, einmal eine physikalische Ansicht dieser Korrespondenzverbindung zu zeigen, um zu sehen, dass dieser Weg auch deshalb ausgewählt wurde, weil er der einfachste und am wenigsten beschwerliche Weg ist zwischen dem Tiefland der Walachei und den Höhenzügen des Karpatengürtels. Beigefügt zeige ich einen Ausschnitt aus einer relativ modernen physikalischen Karte, wie sich das Land Rumänien heute darstellt. Links oben sieht man SIBIU (Hermannstadt). Rechts unten Bukarest, eine Millionenmetropole, zu den Zeiten der hier vorgestellten Briefe war es um einiges beschaulicher.

Marcel hat in Beitrag [#20] schon erwähnt, welche Bedeutung Bojarenfamilien in den Fürstentümern hatten. Das solche Bojaren sich das Recht zur Beförderung der Post vom Fürsten pachten konnten, darüber später mehr.

Liebe Grüße

10Parale
 
nor 42 Am: 06.02.2015 11:08:26 Gelesen: 132347# 33 @  
Ich bitte um Entschuldigung, wenn meine wiederholte Frage nach der gesicherten Datierung der Briefe einem Sammler übertrieben vorkam. In der Schnelligkeit werden manchmal unzutreffende Angaben gemacht. Sie wissen, dass eine gesicherte Angabe nur vom Absender in der Form eines Briefdatums oder vom Empfänger als Datum der Ankunft, kommen kann. Jahresangaben im Brieftext sind mit Vorsicht zu genießen und Einträge von dritter Hand sind nicht maßgeblich. Die Datumangabe des Briefes vom 4 Feb ist m. E. einwandfrei, nur eine Notize "855" ohne anderen Zusatz ist fraglich, aber angelehnt an den Brief vom 4 Feb hinnehmbar. In diesem Falle sind einzelne Teile des Gebührenbaumes neu zuzuordnen, aber eine Erklärung ist m. E. möglich.

Was den Brief vom 29/8 angeht, sollte auch dort das Datum unmißverständlich dem Jahr 1866 zuordnen zu sein, so ist die einzige Erklärung dafür, dass der Postbedienstete ein Fehler machte. Er hat wahrscheinlich von der bevorstehende Reduzierung der Levantetaxen schon erfahren, wußte von der Reduzierung der Öst. Taxen und brachte es ein wenig durcheinander. In der Levante möglich, da dort Ausbildung und Arbeitsplatz ganz anders als in Österreich waren (siehe Dr. Ferchenbauer, Band IV, S. 555.

Ich habe mir Blistyar S. 41 nochmals angesehen dort steht: bei unfrankierten Briefe wird von nun an in Österreich eine Zusatztaxe erhoben. In den Donaufürstentümern wurde diese Zusatztaxe erst ab 1866 erhoben (siehe Dr. Ferchenbauer und Beispiel bei Blistyar S 48).

Damit ist wohl alles zum Thema gesagt.

Nor42
 
Heinz 7 Am: 06.02.2015 21:49:09 Gelesen: 132307# 34 @  
@ nor 42 [#33]

Lieber Herr Nor,

ich habe volles Verständnis für Ihren Wunsch, gesicherte Daten zu erhalten und hoffe, Sie teilen weiterhin Ihre Überlegungen und Betrachtungen mit uns. Ich finde das sehr wertvoll! Wir sind hier in einem "Chat", und es muss/sollte auch erlaubt sein, Gedanken und Überlegungen niederzuschreiben, ohne sie vorher 100% abgesichert zu haben. Gerade die Freiheit "dumme Fragen" oder "gewagte Hypothesen" einmal (auf)stellen zu dürfen bringt eine Gruppe von Forschern/Denker manchmal entscheidend weiter. Von daher bitte auch ich um Toleranz für gewagte Fragen (z.B. Beitrag [#7]: "forwarded?") und ermuntere ausdrücklich Sammler (wie 10 Parale), ihre Fragen und Zweifel loszuwerden und zu beschreiben. Bekanntlich versteht man die Materie immer am besten, wenn man sie erklären muss ... oder realisiert dann eben, dass man eigentlich auch nicht genau Bescheid weiss.

Also hoffe ich, dass noch nicht alles zum Thema gesagt sei, sondern dass wir gemeinsam weiterfahren, diese so interessanten Fragen zu besprechen.

Ihre Überlegungen zu den Gebühren finde ich hochspannend und möchte mich gerne auch darauf einlassen. Die Möglichkeit, dass die Posthalter die Gebühren nach verschiedenen Methoden festhielten, eröffnet ganz neue Möglichkeiten. In Beitrag 23 zeigen Sie, dass der Brief 27.3.1853 Gallatz (Beitrag 19) "9 / 21" vermutlich "9 + 9 + 12" (=30) gelesen werden sollte (Konsulatstaxe + Österreichische Taxe + Levantetaxe). Das liegt nun aber ganz nahe bei den 31 Kreuzern für den Brief 19.8.1855 Gallatz (Beitrag 7), den Sie wie folgt aufschlüsseln: "10 + 9 + 12" (wobei die ersten beiden Zahlen zusammengezählt wurden!).

Gerne versuche ich, noch mehr Stücke und Überlegungen beizusteuern und bitte auch Sie, lieber Herr Nor, uns dabei (weiterhin) zu unterstützen!

Herzliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 06.02.2015 23:38:02 Gelesen: 132293# 35 @  
@ nor 42 [#23]

Bis jetzt haben wir 10 Briefe hier gezeigt, von drei verschiedenen Staaten (rumänische, österreichische und russische Post), wobei 7 x der Abgangsort Galatz ist.

Ich freue mich, anbei die Palette noch erweitern zu können um einen neuen Brief vom 4./16. November 1867 (100 % sicher zu identifizieren, sehr saubere Handschrift, handschriftliches Datum vom Absender (BEIDE Kalenderangaben) und handschriftlicher Vermerk des Empfängers.



Wir sehen zwei französische Briefmarken, gestempelt mit dem grossen Punktstempel "5085" von Galatz! Hinten auf dem Brief finden wir einen schwachen Stempelabschlag von "CONSTANT... TUR... .. NOV ..". Der Brief wurde mit der französischen Post in Rumänien befördert, und zwar via Schiffspost, wie der Nebenstempel im Kästchen auf der Briefvorderseite zeigt. Leider ist der Stempel nicht klar, aber wer diese Stempel kennt, erkennt ihn doch als Stempel "MER NOIR" (= Schwarzes Meer).

Die Frankatur von 40 Centimes habe ich auch auf ähnlichen Briefen bereits gesehen und war (wohl) der damals übliche Tarif für eine solche Briefsendung.

Französische Post ist nicht häufig und schwieriger zu finden als österreichische Post in Rumänien.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.02.2015 18:01:22 Gelesen: 132202# 36 @  
@ nor 42 [#23]

Liebe Alle,

die muntere Diskussion zu diesem Thema hat auch mich angeregt, mich erneut in das Thema zu vertiefen, und es ist wirklich sehr hilfreich, dass gleich mehrere Autoren in neuester Zeit zu diesem hochinteressanten Gebiet uns ihr Wissen zusammenfassend darstellen (Blistyar/Smith/Gmach/u.a.). Natürlich ist es nach einem "bahnbrechenden" Werk wie Tchilinghirian/Stephen vor rund 50 Jahren gar nicht mehr MÖGLICH, nun noch x neue Fakten vorzustellen, aber die (kritische) Auseinandersetzung mit dem Bekannten und dem Gelisteten und das Setzen von Fragezeichen hinter ungesicherte Aussagen/Vermutungen kann extrem wertvoll sein!

Sobald Autoren versuchen, mehrere Aspekte übersichtlich nebeneinander zu stellen, (so wie Norbert Blistyar das grossartig fertig gebracht hat - ich wiederhole: es ist eine tolle Leistung, ein so komplexes Gebiet so kompakt zu erschliessen wie ihm dies gelang in seinem Buch 2011!), finden immer wieder neue Leute Zugang zu dem Thema und interessieren sich neue Sammler für dieses schöne und spannende Sammelgebiet. Die Leser können von den Erfahrungen der Autoren profitieren und das ist ein wunderbares Geschenk, das wir Leser dankbar annehmen dürfen.

Fast jeder, der sich vorwagt mit Veröffentlichungen, macht Folgerungen, die sich später als nicht unbedingt richtig herausstellen. Die Autoren deswegen aber zu kritisieren, ist kurzsichtig und unfair. Das gilt natürlich speziell für Autoren, die ein grösseres Gebiet bearbeiten. Betrachtet man Tchilinghirians Gesamtwerk, so ist klar, dass einzelne seiner Erkenntnisse aus heutiger Sicht korrigiert werden müssen. Andererseits ist es einem Autoren nicht zu verübeln, wenn er - aus lauter Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit - zu vielen Fragen ein Fragezeichen setzt. Erst das Zusammenspiel von "mutigen Generalisten" und von "detailgenauen Spezialisten" (um diese zwei Pole plakativ darzustellen) bringt in der Regel die besten Resultate.

Ich hoffe, dass viele Sammler sich ermuntert fühlen, sich auf diese Materie einzulassen. Man muss nicht ALLES verstanden haben, über ein Gebiet, um es mit Freude & Lust zu sammeln. Die Auseinandersetzung mit dem Thema erst bringt uns allmählich weiter.

Damit an dieser Stelle auch zum Thema ein weiterer Mosaik-Stein dazukommt, stelle ich einen weiteren Brief aus Galatz vor; diesmal transportiert durch den Lloyd Austriaco. Der Lloyd war die dominierende Schifffahrtsgesellschaft im Mittelmeer im 19. Jahrhundert, und die erschloss auch das schwarze Meer. Die Donau überliess sie ab Braila flussaufwärts der DDSG (siehe separates Thema). Galatz war - wie Herr Nor richtig vermerkt hat - ein "Schmelztiegel" aller möglicher Postanstalten!



Anbei ein Geschäftsbrief (bekannte Absenderadresse!) von 1860 (Datierung innen) an das "Schwesterhaus" in Konstantinopel. Dieser Brief wurde mit Sicherheit auf dem Schiffsweg transportiert.

Blistyar stellt uns den Stempel vor auf Seite 135 (Thema Lloyd 131-136), bei Tchilinghirian finden wir den Stempel als fig. 828.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.02.2015 18:53:05 Gelesen: 132192# 37 @  
@ [#36]

Die Sammler werden wohl zustimmen, dass der Stempel von Brief in Beitrag [#36] ausserordentlich schön ist. Dagegen ist der untenstehende Brief (derselbe Stempel) weniger deutlich:



Dieser Brief ist sehr ähnlich wie der Brief von Beitrag [#36]; er stammt aus dem Jahr 1856. Ich zeige diesen Brief trotzdem gerne, weil wir im Faltbrief einen interessanten Hinweis finden:



Dieses Gekritzel ist für mich sehr schwierig (bzw. "teilweise nicht") zu entziffern, aber etwas Wesentliches denke ich, daraus lesen zu können (neben dem Jahr, das oben klar vermerkt ist):

Die vierte Zeile wird das Datum des Versandes gewesen sein: (1. bzw. 13. eines (welches?) Monates),
die fünfte Zeile wird das Datum der Ankunft gewesen sein: (5. bzw. 17. eines (welches?) Monates).

Das gibt uns also einen wichtigen Hinweis auf die Dauer, welchen dieser Transport benötigte: Offenbar dauerte es vier Tage, diesen Brief 1856 von Galatz nach Konstantinopel zu spedieren. Auf dem Landweg war dies damals meines Wissens noch nicht möglich (vgl. Beitrag [#29]). Nor hat uns bereits informiert, dass eine Eisenbahn dort erst später gebaut wurde.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Fips002 Am: 09.02.2015 19:14:22 Gelesen: 132153# 38 @  
Nachstehend ein kurzer Beitrag von mir zum Thema.

Die Donau und Schwarzmeer Eisenbahn, die Lokal Post von Kustendje und Czernawoda.

Die Donau und Schwarzmeer Eisenbahn verkehrte zwischen Szernawoda an der Donau über Medjidie und Kunstendje (heute Constanta) am Schwarzen Meer.

Die Eisenbahnlinie war 46 Meilen lang. Der Bau der Linie wurde 1857 begonnen und 1860 durch die englische Firma J. Trevor Barkley und John Staniforth fertiggestellt.

Von diesem Zeitpunkt an bediente die D:B:S:R: (Danube and Black Sea Railway) die Beförderung der Fahrgäste und Post von der Donau Dampf Navigations Company auf der Donau zu den Schiffen der österreichischen Lloyd am Schwarzen Meer.

Die Eisenbahn verkehrte täglich in beiden Richtungen. Dadurch bekam Kustendje eine wichtige Verbindung mit dem Osten und die Österreicher eröffneten ein Konsulat Post Amt im Hafen.

Als der österreichische Lloyd Postboot Dienst gegründet wurde, wurden die Fahrgäste und die Post mit den Schiffen dieser Linie über Galatz befördert.
Zwischen Czernawoda und Galatz macht die Donau einen Bogen nach Norden und verläuft ca. 240 Meilen parallel zum Schwarzen Meer bis Galatz und von dort wieder ostwärts Richtung Schwarzes Meer Auf dieser langen Route auf der Donau verloren die Fahrgäste 1 Tag gegenüber der neu gebauten Bahnstrecke.

1867 wurde die Gebühr für die Beförderung von Briefen mit der Bahn von Czernawoda nach Kustendje, nach einer Vereinbarung zwischen der D:B:S:R. und der Kustendje Hafen Company, auf 20 Paras festgelegt.



Die Marke von 20 Paras wurde in schwarz auf grünem Papier hergestellt.

Die Abbildung zeigt eine Ansicht des Hafens von Kustendje mit der Eisenbahn und Berge im Hintergrund. Der Rahmen der Marke Initialen der Eisenbahngesellschaft und die Inschrift LOKAL-POST Kustendje & Czernawoda. Der Wert unten 20 PARAS. Dieser Wert erscheint auch in arabischer Sprache in jeder Ecke.

Die Marken wurden auf Lokal Briefen zwischen den Städten Czernawoda, Medjidie und Kustendje verwendet. Sie wurden ebenfalls in Kombination mit den Marken der österreichischen Levante oder Lombardei-Venedien verwendet



Für die Entwertung kamen drei Stempel zum Einsatz.

Die erste Entwertung war der Standard Stempel von den österreichischen Lloyd Dampfschiff Company Postagenten in Kustendje und ist die bekannteste Entwertung der Marken.

Die zweite Entwertung ist die bekannte Entwertung von D:B:S:R: Marken auf einen örtlichen Umschlag von Kustendje an den Bahnhofsvorsteher von Czernawoda.
Die dritte Entwertung ist nur auf losen DBSR Marken bekannt und somit selten.
Von den Marken gibt es 6 Typen, 3 Nachdrucke und 5 verschiedene Fälschungen.

Verwendete Literatur:

The Private Ship Letter Stamps of the world, Part 2, Australia-Europe-South America

Gruß Dieter
 
Heinz 7 Am: 09.02.2015 21:15:08 Gelesen: 132130# 39 @  
@ Fips002 [#38]

Hallo Dieter,

1857 war das ganze Gebiet türkisch und kam erst beim Friedensschluss von Berlin 1875 an Rumänien. Die DBSR ist also meines Erachtens kein "rumänisches Thema".

Die obigen Stempel zeigen ja auch im Stempel die Bezeichnung "Turquie", so wie auch die französischen Stempel dieser Tage:

Galatz = Moldavie
Ibraila = Valachie

Ein Beispiel zu einem französischen Brief ist hier gezeigt:



Der Stempel ist zwar nicht sehr stark, aber doch deutlich zu lesen "VALACHIE". Es ist ein Brief von Braila nach Patras (Griechenland), der den Weg über Konstantinople nahm.

Sulina = "Levante", Tultscha = "Levante", Kustendje = "Levante" sind alles französisch/türkische Stempel, keine rumänischen.

Freundliche Grüsse
Heinz
 

Das Thema hat 189 Beiträge:
Gehe zu Seite: 1   2   3 4 5 6 7 8 oder alle Beiträge zeigen
 
  Antworten    zurück Suche    Druckansicht  
 
Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.