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Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
Das Thema hat 960 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 25.06.2018 15:46:34 Gelesen: 272288# 286 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine Armensache, die portofrei von Nördlingen am 29.9.1818 nach Speyer in der Pfalz abgegangen ist, wiewohl das so nicht ganz richtig war, was die Dienstesvorschriften betraf. Aber egal, wichtig ist der Inhalt, den ich hier transkribiert habe:

"Das Königlich Baierische Polizei-Commissariat der Stadt Nördlingen benachrichtigt das Königlich Baierische
Oberbürgermeisteramt in Speier, daß Paul Steiger, Taglöhner von Raab in Ungarn gebürtig und in Speier wohn-
haft, am 12ten dieses Monats ganz entkräftet hieher gekommen, sofort in das hiesige Lazareth gebracht worden,
und hierauf vermög anliegenden Todtenscheins den 14ten gestorben seyn.
Seine Verlaßenschaft bestand bloß in 48 Kreuzer und wenigen Habseligkeiten im Werth von 8 Gulden, die durch
seine Beerdigung gänzlich absorbirt wurden.
Indem man die bei semselben vorgefundene Legimation anschließt, beharrt mit vollkommenster Hochachtung
Nördlingen den 29. Septbr. 1818
Der Königl. Landrichter und Polizei-Vorstand"



Heute, in einer Zeit nie gekannten Überflusses, kann man sich derlei Schicksale kaum vorstellen. Wer wohl seine ungarischen Verwandten informiert hat? Vermutlich gar keiner ... und hier wird wieder klar, dass man nicht alles und nicht jeden im Internet findet, denn Tagelöhner waren und sind Individuen, um die sich niemand kümmert - nicht im Leben und nicht im Tod.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.07.2018 12:08:03 Gelesen: 270105# 287 @  
Liebe Freunde,

telegraphische Depeschen hatten prinzipiell nichts mit der Briefpost zu tun - außer sie hätten jemanden erreichen sollen an einem Ort ohne Telegraphenstation; dann wurde das Telegramm von der diesem Zielort nähesten Telegraphenstation in ein Kuvert gesteckt und per Post an die näheste Poststelle geleitet, um von dort aus ausgetragen zu werden.





Des weiteren unterscheiden wir Staats - Depeschen, die kostenfrei waren und Privat - Depeschen, die dies eben nicht waren. Hier zeige ich eine PD = Privat - Depesche der Telegraphenstation Straubing vom 31.8.1858 an "H. Otto Schmutzer bei C. Arnold junior in Straubing".

Die Depesche hat noch vollen Inhalt, was sie für mich sehr wertvoll macht(e), denn ursprünglich stammte der Text aus Passau und wurde dort am selben Tag um 16.45 Uhr in die Feder diktiert, um 16.53 Uhr telegraphiert und war in Straubiing um 16.56 Uhr angekommen. Schon um 17.00 Uhr gab man in Straubing die eingetütete Depesche einem der dortigen Telegraphenboten zur Bestellung (nicht dem Postboten, weil das ja ein anderer Postdienst war!).

Als Text lesen wir:

"Otto Schmutzer bei C. Arnold junior Straubing
Beide Briefe erhalten. Näheres per post.
Max Wenz"

Demnach nutzte der gute Max aus Passau diese Depesche gewissermaßen als Rückschein bzw. Retour - Recepisse, die dem Absender den Erhalt von 2 sicher sehr wichtigen Briefen bescheinigte. Da die Depesche weder Gebühren noch Taxen aufweist, ist davon auszugehen, dass Herr Wenz alles in Passau bezahlt hatte bzw. ein entsprechendes Depositum hinterlassen haben musste.

Einen weiteren Beleg dieser Art kenne ich bisher nicht. Wenn man sich die Kosten hierfür überlegt, ahnt man auch, warum wohl.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.07.2018 13:06:12 Gelesen: 270100# 288 @  
Liebe Freunde,

ein Hoch auf die Pfalz - Philatelie, bescherte sie mir doch einen der ganz wenigen Briefe "mit Briefen ..."



Leider ohne Inhalt (wie so oft bei dieser seltenen Species!), aber aus Landau in der Pfalz mit treffendem geschlossenen Mühlradstempel 267 in erster (großer = 5,2mm) Type abgeschlagen, die Peter Sem vom 9.2.1858 bekannt ist, ehe wohl zum Mai 1860 der offene 267 Einzug hielt. Über die Marke 9 Kreuzer Type II d) können wir nicht datieren, aber er sollte aus 1857-1859 stammen und das ist ja auch ein gerüttelt Maß an Präzision der Datierung, mit der ich gut leben kann.

Empfänger war Hermann Westerkamp mit Briefen d. Herrn Braselmann & Breck in Schwelm b. Elberfeld.

Vlt. kann uns ein Kenner der dortigen Materie wertvolle Hinweise auf das Versandjahr geben?

In jedem Fall wog der Brief mit seinen Briefen als Inhalt weniger als 1 Loth, was erstaunlich, aber gewöhnlich ist.

Das Absendersiegel trägt Psalm 92.11 und eine dreizinnige Krone - auch da bin ich leider überfragt. Das Einhorn kenne ich als Laie nur von Hannover her, aber ob das hier zutraf?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.07.2018 18:25:51 Gelesen: 269070# 289 @  
Liebe Freunde,

ich zeige einen Brief aus Redwitz (noch ohne eigene Post) mit Aufgabe in Wunsiedel am 5.12.1840 an Poschacher in Tittmoning. Ausweislich des Inhalts übermachte der Absender "Hosenzeuchproben" und bat um gefl. Beachtung derselben und Erteilung eines Auftrages an die Firma Schwarz.



Da ich ja eine Mini - Sammlung von Wunsiedel mein Eigen nenne (eine Heimatsammlung ist es nicht, weil Wunsiedel halt leider nicht meine Heimat ist), passt er sowohl in diese, als auch in eine andere, kleine Sammlung über Muster (Proben) ohne Wert(h).

Die Aufgabepost taxierte hier 17 Kreuzer. Die Entfernung von Auf- zur Abgabepost beträgt 227 km = 30 Meilen. Demnach kämen in Frage über 24 - 30 Meilen mit 10 Kreuzer einfach, oder 30 - 36 Meilen mit 12 Kreuzer einfach. Jeder routinierte Postgeschichtler erkennt damit auf den ersten Blick, dass weder von der Basis einer 10 Kreuzer Taxe, noch von einer 12 Kreuzer Taxe ein Betrag von 17 Kreuzern erreichbar ist, da je Gewichtsstufe immer 50% auf das einfache Porto aufgeschlagen wurden (also 10, 15, 20 usw. bzw. 12, 18, 24 usw.).

Demnach müssen die Muster dem Brief angehängt worden sein, so dass eine Portomoderation zum tragen kam. Die Verordnung sagte aus, dass Drucksachen und Muster ohne Wert die Hälfte der Taxe des einfachen Briefes kosteten. Demnach hätten wir bei bis 30 Meilen 5, 7.5, 10, 12.5, 15, 17.5 Kreuzer vor uns. Dieser hier hätte also in der 6. Gewichtsstufe gelegen, wobei von 17,5 Kreuzern auf 17 Kreuzer abgerundet worden wäre.

Ob ich so schnell einen zweiten Muster ohne Wert - Brief mit 17 Kreuzern Taxe finden werde? Vermutlich eher nicht und wenn überhaupt, dann sicher keinen mehr aus dem lieblichen Wunsiedel. :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.07.2018 18:34:00 Gelesen: 269064# 290 @  
Liebe Freunde,

Briefe aus den 1850er Jahren an Carl Möller in Würzburg darf man auch gerne mal öffnen und nachsehen. Nicht intime Dinge sind darinnen zu gewärtigen, aber ab und zu auch einmal ein nettes Muster aus der Zeit, wie dieser Sofortkauf beweist (leider nicht zum Schnäppchenpreis, aber was nichts kostet, ist auch nichts). :-)



Im wunderschönen Dinkelsbühl am 13.12.1851 geschrieben, schickte man eine Probe aus Stoff der Firma Adam Kellermann an Carl Möller und gab ihm nach inliegendem Muster einen Auftrag, 1 Pack rothe Battist Band nach Muster in Baumwolle anzufertigen und per Post ihm zukommen zu lassen. Hier also kein Muster zum Verkauf, sondern ein Muster zum Kauf bzw. zur Herstellung.

Am Folgetag kam der Brief in Würzburg an und wurde ausgetragen. Die milchigblaue 3 Kreuzer blau ist nicht die schönste Farbnuance, aber da der Brief in 2 meiner Mini - Sammlungen passt, sehe ich darüber guten Gewissens hinweg.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 17.07.2018 12:42:29 Gelesen: 268242# 291 @  
Liebe Freunde,

aus anderen Gründen, als unbedingt einen Bischofsbrief haben zu wollen, ist mir der hier ins Netz gegangen: Nr. 21 auf Brief aus Grafing an "Seiner Excellenz Hochwüdigsten Herrn Herrn Gregorius, Erzbischof von München-Freising, Patr: Rom:, Reichsrath, Großkreuz etc: etc: Meinem gnädigsten Herrn in München

Mit drey Beilagen

Zum hochwündigsten Ordinariate frei".



Der Brief datiert vom 17.9.1869, wie man aus dem siegelseitig perfekt abgeschlagenen Zweizeiler Münchens ersehen kann und damit wären wir auch bei der Besonderheit - nämlich dass 3 Beilagen dem Brief einst untergebunden waren und trotzdem die Abgabepost (solch) einen perfekten Ankunftsstempel setzen konnte. Oft sieht man es, dass bei Briefen mit Unterbund/Beilagen gar keine Ankunftsstempel zu sehen sind, weil es keinen Platz dafür gab, bzw. man hat aus Dokumentationszwecken den Ankunftsstempel vorne abgeschlagen hatte, was natürlich sachlich falsch, aber den besonderen Umständen geschuldet war.

Sem bewertet in seinem Band "BAYERN Ortsstempel 1849-1875" den Grafinger Stempel übrigens mit 90 DM Aufschlag zum Briefpreis, aber das erwähne ich nur am Rande, jedenfalls sind mir Briefe über 1 - 15 Loth mit Nr. 21 auf Bischofsbriefen noch nicht so häufig untergekommen, nicht einmal mit nur einer Beilage.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.07.2018 18:04:02 Gelesen: 267320# 292 @  
Liebe Freunde,

nach Jahren wieder mal einer im Angebot - und dann noch 2 Contraventionen; eine kleine, die unschwer zu sehen ist und eine sehr große, die man aber erst einmal erkennen muss. Wer findet die Besonderheit heraus? Nur Mut, denn Mut wird immer belohnt!



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 24.07.2018 19:37:44 Gelesen: 267292# 293 @  
@ bayern klassisch [#292]

Hallo Ralph,

hätte der Brief nicht als Partei Sache (PS) deklariert werden müssen und wofür waren die 30 Kreuzer die unterhalb stehen, ich kann leider das Kürzel nicht deuten.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 24.07.2018 19:46:11 Gelesen: 267286# 294 @  
@ Gernesammler [#293]

Hallo Rainer,

du bist auf der richtigen Spur! Der Absender hatte notiert "30 Xr" für 30 Kreuzer, die in dem Brief waren, also haben wir einen Wertbrief vor uns.

Wertbriefe gehörten zur Fahrpost, nie zur Briefpost. Aber bei der Fahrpost konnte man mit Briefmarken nichts frankieren - hier hätte man das Franko der Fahrpost bar erlegen müssen. Im richtigen Leben wäre der Wert der Marke verfallen und der Brief hätte eingeschrieben werden müssen.

All das ist nicht passiert - wohl, weil man diesen Vermerk übersehen hatte; auf der anderen Seite hätte im Falle des Verlusts der Absender keine Ersatzleistung für diese 30 Kreuzer bekommen!

Die 2. (kleine) Contravention ist die Entwertung der Marke mit 2 Stempelabschlägen - es sollte immer nur ein Stempelabschlag mittig erfolgen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 25.07.2018 15:43:34 Gelesen: 266957# 295 @  
Liebe Freunde,

von dieser Art Briefe gab und gibt es nicht viele, so dass man ruhig mal zuschlagen kann, wenn solch eine Besonderheit mal angeboten wird.



Chargébrief aus Ansbach vom 6.9.1856 nach Nürnberg. Für die 39 km reichte eine 3 Kreuzermarke. Diese klebte auch sicher auf dem Brief, den Chargébriefe von Privaten unterlagen dem Frankozwang. Der Mühlradstepel von Ansbach mit der Nr. 12 wurde etwa hälftig auf der Marke und dem Brief abgeschlagen.

Aber dann muss im Laufe des Transports die Marke abgegangen sein. Man erkannte aber, dass der Brief einst frankiert worden war, machte ein # - Zeichen an die Stelle, wo sie einst klebte und ließ es gut sein.

Im bayerischen Amtsdeutsch las sich das aber anders, denn Briefe, bei denen Marken abgefallen waren, sollten als unfrankiert gelten und mit entsprechendem Porto belegt werden.

Dergleichen Briefe kenne ich keine 10 Stück und ich bin sehr froh, mal solch eines zeigen zu können, zumal ich bisher 2 Stück habe, die aber nicht auf recommandirten Briefen belegbar sind.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.07.2018 17:32:32 Gelesen: 266700# 296 @  
Liebe Freunde,

der folgende Brief ist nicht datiert - und braucht es auch nicht zu sein! Dennoch kann man auf den Tag genau alles bestimmen - warum?



Für die Markenfans unter uns: Schaut euch mal die Marke genau an - die Nr. 16 wurde in waagrechten Streifen aus dem Bogen geschnitten und bei Bedarf, ohne Zuhilfenahme einer Schere, einfach 2 Mal senkrecht gerissen. Hier lief das nicht perfekt ab, aber doch recht manierlich.

Um zum 1. Punkt zurück zu kommen - ich kenne bisher genau 3 Briefe mit diesem, der das zeigt, weswegen ich ihn gekauft habe. Mal sehen, wer das Rätsel als erster knackt.

Ein Blick in die Tariflisten ist nicht nur manchmal sehr hilfreich.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.07.2018 23:25:50 Gelesen: 266513# 297 @  
@ bayern klassisch [#296]

Dann löse ich mal:

Abgesandt im Dezember 1867, als Briefe über 1 - 15 Loth noch 6 Kreuzer kosteten, mit 6 Kreuzern korrekt frankiert.

Zurück geschickt im Januar 1868, als die gleichen Briefe 11 Kreuzer Porto kosteten (statt zuvor 12 Kreuzer, wenn sie nicht frankiert wurden).

Am 1.1.1868 gab es die große Gebührenumstellung in Bayern, die dieser Brief sehr schön nachspielt (und dazu mal franko, mal porto, was ihn noch besser macht).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.07.2018 23:32:01 Gelesen: 266511# 298 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief, der unterfrankiert von Nürnberg nach Frankreich lief. Der Absender frankierte nur 12 Kreuzer lila, Nr. 18, in Erwartung, dass der Brief nur bis 10g = einfach schwer sein würde. Aber er war über 10 - 20g schwer und fiel daher in die 2. Gewichtsstufe.



Daher hatte die Aufgabepost den Job, ihn dem Absender zur Auffrankatur der fehlenden 12 Kreuzer zurück zu geben, was man nicht tat, oder ihn als unterfrankiert zu kennzeichnen, was man tat.

In der linken oberen Ecke notierte man zuerst 1p für "premier port" = 1. Gewicht, dann aber "2" und "affri insuf" für "deux ports" = 2. Gewicht und affranchissement insuffisant = Freimachung ungenügend. Der zuerst abgeschlagene P.D. - Stempel war zu streichen, da sonst in Frankreich hätte kein Nachporto erhoben werden dürfen!

Frankobriefe kosteten 12 Kreuzer = 4 Decimes, Portobriefe 50% mehr. Daher rechnete man: 2 mal 18 Kreuzer = 36 Kreuzer, abzüglich des Wertes der Marke = 24 Kreuzer Nachporto. Diese entsprachen 8 Decimes, die auch notiert wurden.

Von Nürnberg ging es am 7.12.1869 über Forbach nach Paris, wo er 2 Tage später einlief.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.08.2018 17:12:24 Gelesen: 265752# 299 @  
Liebe Freunde,

die Überschrift stimmt hier nicht ganz, aber darüber bitte ich heute einmal wegsehen zu wollen.



Im DinA 5 Format findet man nicht jeden Tag etwas aus alter Zeit, zumal die Entwertung am 29.8.1872 in bläulicher Farbe dem Stück ganz gut steht - aber es ist kein Brief, wie man annehmen möchte, sondern es war und ist eine sehr große Schleife für einen heute leider nicht mehr vorhandenen Inhalt, die zusammen als Drucksache in der 3. Gewichtsstufe lagen.

Ab 1.1.1872 galten für Bayern die gleichen Maßgaben, wie für alle anderen ehemaligen Vertragsstaaten auch: Je 40g Gewicht 1 Kreuzer, so dass wir hier ein Stück über 80 bis 120g vor uns haben, das immerhin noch am selben Tag (!) in Lindau im Bodensee ausgetragen werden konnte.

Ich werde noch die einschlägigen Postvorschriften untersuchen, um festzustellen, ob man nicht hätte "Drucksache", oder "Gedrucktes" vermerken sollen, um auf den Charakter der Postendung hinzuweisen. Damals steckte wohl ein Teil des gedruckten Inhalts (Zeitung ?) vorn und hinten heraus, so dass das leicht zu sehen war, aber gerade bei höheren Gewichtsstufen schrieb man das manchmal dazu, um sie von schweren Briefen zu unterscheiden.

Im übrigen ist das hinten ein Lindauer Stempel Type 20b, kein kleiner Einkreiser, wie man ob des außerordentlichen Formats prima vista annehmen könnte!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.08.2018 13:47:05 Gelesen: 265247# 300 @  
Liebe Freunde,

lange habe ich nach einem gesucht - jetzt habe ich einen gefunden, so wie ich ihn haben wollte.

Wir erinnern uns, dass alle Ortsdaten bei den Halbkreisstempeln in der "Kurve", also dem oberen Teil zu stehen hatten. War der Ort kurz, war das kein Problem, war der Ortsnamen lang, rückten die eher dünnen Buchstaben eben etwas näher zusammen.

Aus der Lameng kenne ich nur einen Halbkreisstempel, bei dem das nicht mehr reichte: Schwarzenbach an der Saale.





Heute zeige ich einen sehr leckeren Brief mit einer Nr. 15 vom 7.9.1868 an die Firma Speiser & Haug in Sonthofen im Allgäu, der den Zusatz "A/S" zwischen dem Datum und "URG" zeigt, also hineingemurkst wurde. Diese Winkler Nr. 12a des Halbkreisers kennt Winkler nur 1863 (ich nicht) und 1869 und 1870. Bei einem mittleren Postort ist es sonderbar, dass ein Stempel 1863 zum Einsatz kam, dann aber erst wieder 1868, wie mein Brief beweist, um dann final 1870 abzutreten.

Darf ich die Sammlerfreunde bitten mal nachzuschauen, ob sie weiterführende Daten dieses Halbkreisstempels kennen/haben?

Gerne wüsste ich auch, ob es noch mehr Halbkreiser gibt, bei denen "Vergessenes" innen im Stempel nachgeholt wurde. Viele können es aber wohl nicht sein.

"On top", wie der Italiener sagt, lese ich noch im Inhalt folgendes: " ... die Beilage wollen Sie besorgen ...". Aha, also hat man dem Brief noch einen weiteren für einen Kunden im Raum Kempten beigeschlossen und damit eine Defraudation begangen, oder wie man Postbetrug damals nannte. Dann hätten wir ja schon 2 Contraventionen auf einen Schlag: Die bayerische Post vermurkst einen Dienststempel und ein Absender betrügt die Aufgabepost um 3 Kreuzer.

Liebe Grüsse von bayern klassisch (glücklich heute ob dieses Briefes!)
 
Gernesammler Am: 07.08.2018 19:35:22 Gelesen: 265198# 301 @  
@ bayern klassisch [#300]

Hallo Ralph,

zu dem Stempel Typ 12a von Schwarzenbach an der Saale wird im Sem, Bayern Ortsstempel von 1849-75 hingewiesen dass dieser auf den Marken 8/13, 14/21 und 22/36 abgeschlagen wurde was ja eine Verwendungszeit ab 1862 bis 1875 inne hat.
Der Stempel von Schwarzenbach am Wald welches ja in der Nähe liegt wurde bis 1884 verwendet.

Der Helbig selbst sagt zu diesem Stempel überhaupt keine Daten aus und im Winkler steht die Verwendungszeit von 1863-69/70, vielleicht fehlt bei Deinem Winkler mittlerweile schon der Bindestrich.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 07.08.2018 19:41:59 Gelesen: 265196# 302 @  
@ Gernesammler [#301]

Hallo Rainer,

als Altbayern - Sammler habe ich den Winkler von 1951 (wenn ich mich recht erinnere); vielen Dank für deine Ergänzung meiner Daten; ich nehme auch an, dass der Stempel vielleicht sogar durchgehend von 1863 bis in die 1870er Jahre verwendet wurde, ohne das jetzt (oder jemals?) belegen zu können, denn so häufig ist er doch nicht, wie die Kataloge suggerieren könnten.

Wenn ich wieder einen sehe, melde ich ihn dir. Jede gute Bayernsammlung sollte solch eine Stempelspezialität haben.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 14.08.2018 21:37:17 Gelesen: 264630# 303 @  
Liebe Freunde,

der folgende Brief war von vorn abgebildet - ein Siegel konnte man gerade so erkennen, aber nicht, welches und ein Teil der Rückseite war gar nicht zu sehen.



Sieht man ihn sich so an, schien es ein Privatbrief gewesen zu sein, der mit folgender Anschrift aufgegeben wurde:

Seiner Hochwohlgeboren Herrn
Herrn Erasmus Freiherrn von
Malsen
k: bayer: Kämmerer, Maltheser Ordens-
Ritter, in
Marzoll Marzoll
bey Reichenhall

fr(ey)

Die Postaufgabe erfolgte in Berchtesgaden am 2.8.1847 (Teilinhalt).

Jetzt, da ich ihn vor mir liegen habe, stellt sich heraus, dass die restliche Siegelseite blank ist - dafür ist die Inschrift des Siegels wunderbar schön erhalten und sagt uns folgendes:

Hofmarschall - Amt S(eyner) Maj(estät) D(es) Königs Ludwig V(on) Bayern

Oha, dachte ich mir - vlt. geruhte die Majestät im schönen Reichenhall zur Sommerfrische zu kuren? Leider blieben meine Ergoogleungsversuche unergiebig, denn ich hätte zu gerne gewußt, ob der König damals dort weilte, oder ob es möglich war, dass das Hofmarschallamt auch ohne ihn korrespondierte.

In jedem Fall ein leckeres Stückchen Post- und bayer. Königsgeschichte, die ich so nicht erwartet hätte - und bezahlt hat hier natürlich niemand etwas, weil hier der Franco - Vermerk nur demonstrieren sollte, dass der Brief frei war, ohne dass einer hätte etwas bezahlen müssen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.08.2018 10:59:36 Gelesen: 264337# 304 @  
Liebe Freunde,

heute darf es gleich mal ein doppeltes Lottchen sein, was die Insinuation angeht.







Ad primum: Brief mit 3 Kreuzern frankiert des Landgerichts Türkheim an den Kaufmann Josef Gerhauser in Kaufbeuren. Als Partei - Sache "I. M. Pöppel, Anton" frankiert, zeigt er siegelseitig den Vermerk: "ins(inuirt) am drei und zwanzigsten Dezbr. 1855 - Unterschrift".

Der Inhalt datiert aber nicht auf den 23.12., sondern vom 19.12.1855, was mich doch etwas verwundert. Es ging um rückständige Hypothekenzinsen, die ein Herr Graf dem Herrn Gerhauser schuldete. Der Brief wurde aber wohl vor Postabgang vom Gerichtsboten angeschleppt, denn die Abstempelung erfolgte erst am 24.12.1855, womit auch dem letzten Sammler klar sein muss, dass an allen Sonn- und Feiertagen in Bayern die Post ihre Dienste verrichtete.







Ad secundum: Brief des Stadt- und Landgerichts Erlangen vom 1.7.1870 an den Advocaten Rapp in Bamberg als Partei - Sache portopflichtig und mit 11 Kreuzer Post für den Advocaten ein Fernbrief über 1 - 15 Loth. Innen, wie schon bei dem Brief zuvor, eine 3 Kreuzer Fiskalforderung des Absendergerichts. Siegelseitig lesen wir: "Ins(inurit) der Post am 1. Juli 1870. Wunderlich".

Der Empfänger hat oben rechts im Inhalt die Kosten aufgeschlüsselt: 11x Porto 6x Empfang. Der eigentliche Brief war am 29.6.1870 verfasst worden, die Insiunation kam 2 Tage später.

Wir werden mal genauer darauf zu achten haben, wann Briefe geschrieben und wann sie insinuiert wurden. Dazu käme noch ein Datum für die Postaufgabe.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
t.knörich Am: 18.08.2018 22:22:00 Gelesen: 264222# 305 @  
Altdeutschland Bayern

Guten Abend,

kann mir ev. jemand sagen, ob man das beigefügte Dokument irgendwo im Netz "übersetzt" einsehen kann ?

Ich kann leider nur "Einführung von Francomarken" entziffern.

Vielen Dank und einen schönen Sonntag !
Timm


 
bayern klassisch Am: 20.08.2018 17:30:59 Gelesen: 264164# 306 @  
Liebe Freunde,

1 Kreuzer gelb Ortsbriefe sind langweilig - aber nicht alle.

Hier einer aus München vom 8.2.1867 an "Seine Wohlgeboren Herrn Dr. Leonhard Kickinger, k. pensionirter Regimentsarzt in München Gabelsbergerstr. No. 6 / 2".



Es fällt mir schwer, eine präzisere Anschrift auf irgendeinem meiner Briefe zu finden, als diese, die alles aufwies, was man sich denken konnte:

Titel, Vorname, Nachname, Stand (Beruf bzw. ehemaliger Beruf), Straße mit Angabe der Hausnummer und des Stocks und den Ort.

Dennoch gelang zu Zustellung zuerst nicht - man gab den Brief dem Briefträger Nr. 46 in München, der ihn nicht zustellen konnte und siegelseitig nicht seinen Briefträgerstempel abschlug, sondern manuell "46 - Nullparaphe" anbrachte und ihn seinem Oberbriefträger zurück gab. Der entwertete die 46 nicht, weil nicht gestempelt, nicht mit seinem roten Oberbriefträgerstempel, sondern gab ihn dem Briefträger Nr. 47 weiter, der ihn offensichtlich auch nicht zustellen konnte.

Auf der Adresse strich man zuerst München, um es dann wieder zu vermerken und fügte "vertatur" = hinten dazu. Das Glück für den Absender war, dass er eine Siegeloblate aufgeklebt hatte: Advokat Dr. Hühnle München. Jetzt war der Brief dem Absender zurück zu geben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bignell Am: 21.08.2018 17:27:37 Gelesen: 264099# 307 @  
@ bayern klassisch [#306]

Hallo Ralph,

München durch München zu ersetzen ist schon klasse, den hätte ich gern mit Wien statt Wien ;)

Aber woran erkennst Du dass Briefträger 47 ihn nicht zustellen konnte und der Brief wieder zurückgeschickt wurde?

Lg, harald
 
briefmarkenwirbler24 Am: 21.08.2018 17:53:45 Gelesen: 264092# 308 @  
@ bignell [#307]

Hallo Harald,

vielleicht weil siegelseitig kein Ankunftsstempel abgeschlagen wurde bzw. nichts darauf hindeutet, dass der Brief zugestellt werden konnte?

But just a guess.

Liebe Grüße

Kevin
 
bayern klassisch Am: 21.08.2018 17:55:54 Gelesen: 264090# 309 @  
@ bignell [#307]

Hallo Harald,

ich mache das daran fest, dass man vorne "München" gestrichen und wieder notiert hatte. Ein Beweis ist es nicht, aber ich stelle es mir so vor.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 23.08.2018 19:24:00 Gelesen: 263983# 310 @  
Liebe Freunde,

ein Brief, der in mehrere Sammlungen passt, ist immer eine Überlegung (zum Kauf) wert. Diese gekauft zu haben bereue ich keine Sekunde.



In Tegernsee am 23.8.1874 als H.D.S. = Herrschaftliche Dienst Sache portofrei aufgegeben, fällt er in meine Mini - Sammlung der persönlichen Postportofreiheiten. Schön!

Adresse: An das Hochwürdige k(öniglich) b(bayerische) prot(estantische) Pfarramt (in) Birk. Über München (23.8.) lief unser Brief nach Birk bei Seybottenreuth, wo er am Folgetag ankam. Der Brief wurde vom Landbriefträger (Landbriefträger - Mini - Sammlung) an den Pfarrer von Birk bei Seybottenreuth ausgehändigt, der ihn öffnete und las.

Siegelseitig sehen wir, dass er nicht gemeint war, denn man notierte: Wurde vom Pfarrer in Birk bei Seybottenreuth geöffnet, gehört aber nach Birk bei Weißenstadt; daher amtlich versiegelt: Kgl. Postexpedition Seybottenreuth, Unterschrift.

Die beiden dunkelroten Dienstsiegel der Postexpedition verschlossen den Brief wieder und man sandte ihn nach Birk bei Weißenstadt, wo er via 25.8. (Markt Schorgast) kurze Zeit später ankam.

Die Adresse musste natürlich auch geändert werden und man ergänzte "Weißenstadt" und unterstrich es blau (fast hätte man es durchgestrichen). Der Pfarrer dort dürfte sich gewundert haben, solch einen Brief ausgehändigt zu bekommen und immerhin war jetzt der 2. Landbriefträger involviert worden (immer noch die Landbriefträger - Mini - Sammlung).

Wegen seiner Weiterleitung passt er auch in die Hin- her und zurück - Mini - Sammlung, so dass ich bald zwei Kopien vorn/hinten anfertigen darf, damit er überall, wo er Sinn macht, vertreten ist.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 

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