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Thema: Tschechoslowakei unter polnischer Verwaltung
Das Thema hat 82 Beiträge:
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gabriele Am: 05.07.2018 23:37:17 Gelesen: 32100# 8 @  
@ Detlev0405 [#7]

Hallo Detlev,

danke für die Richtigstellung, dass meine "Studenten" reichlich "verkalkt" sind. ;-))

Das mit dem "provisorischen" geht mir vom Prinzip her nicht aus dem Sinn. Irgendwie betrachte ich den grauen FRANKO-Aufdruck Deiner Marke so, als wenn eine Portomarke "provisorisch" zu einer Freimarke umgewandelt betrachtet werden sollte.

Naja, mit den Sammelgebieten Tschechoslowakei und Polen kenne ich mich absolut nicht aus. Vielleicht melden sich zu diesem Thema ja doch noch echte Fachleute.

Hoffentlich bist Du nun nicht genervt von meinen unqualifizierten "geistigen Ergüssen". Ich finde es (für mich) total sinnvoll, sich in "unbekannte Problemstellungen" hinein zu denken.

Also wenn Dein "Inkognito-Beleg" seine Geschichte wirklich kennenlernen darf, freue ich mich mit ihm und mit Dir.

LG und schönen Feierabend, Gabi
 
Detlev0405 Am: 06.07.2018 06:36:23 Gelesen: 32085# 9 @  
@ gabriele [#8]

Hallo Gabi,

vorab - ich bin auch kein Spezialist für die Tschechoslowakei, habe mich lediglich bezüglich der Luftpost etwas spezialisiert und bekomme auch da große Unterstützung von saintex hier aus dem Forum. Nun atmet mein Beleg erleichtert auf - der wird mein Geheimnis also auch nicht lüften. :-)

Und genervt bin ich auch nicht, es ist doch der Austausch, der Wissen erweitert. Auch wenn man dabei Irrwege geht. Schön wäre es ja, wenn Rudi63 sich hierzu äußern könnte - ein echter Spezialist für die alte Tschechoslowakei.

Den Franco - Aufdruck habe ich auch bereits versucht so zu definieren wie Du es machst, als Bestätigung für eine Verwendung zur normalen Marke im Postverkehr. Dem gegenüber stehen aber einige Hinweise in der Fachliteratur hier, das diese Franco Aufdrucke eher eigenmächtige "Spielereien" örtlicher Postbeamten waren.

Da es noch früh am Morgen ist kommt mir tatsächlich eine gute Idee (wen uns keiner aus dem Forum weiter helfen kann). Vielleicht kann uns Herr Petriuk weiter helfen, es ist ja - wenn auch nur zeitweilig - ein polnisches Gebiet und er Prüfer für Polen.

LG Detlev
 
gabriele Am: 06.07.2018 13:03:39 Gelesen: 32038# 10 @  
@ Detlev0405 [#9]

Hallo Detlev,

vielleicht habe ich nun trotz der "verkalkten Studenten" wieder einen Mosaikstein gefunden, der Zielort könnte Studenka (Stauding) [1] gewesen sein. Darauf bin ich zufällig durch eine Bahnlinie [2] gekommen.



Falls das stimmen kann und Du nun noch mit kundiger Unterstützung das Geheimnis der Briefmarke lösen kannst, steht einer Beschreibung nichts mehr im Weg.

Achja, ich bin keine Bahnspezialistin, dafür gibt es mir viel zu viele Betreiber. :-)

LG, Gabi

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Stud%C3%A9nka
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstrecke_Stud%C3%A9nka%E2%80%93B%C3%ADlovec
 
Detlev0405 Am: 06.07.2018 19:53:50 Gelesen: 32001# 11 @  
@ gabriele [#10]

Hallo Gabi,

heute habe ich meinen Beleg geärgert und ihm die Mail vor sein Gesicht gehalten, die ich Herrn Petriuk geschickt habe. Wir kommen bestimmt nicht weiter, da unsere Möglichkeiten tiefer einzudringen eher beschränkt sind. Ich habe angefragt, ob er dafür zuständig ist und den Beleg prüfen würde. Dann bekommen wir ein sehr ausführliches Attest, das alle Fragen beantworten wird. Der Beleg ist schon eingetütet und da kann er nun schmollen. :-)

LG und ruhiges Wochenende
Detlev
 
gabriele Am: 06.07.2018 21:36:00 Gelesen: 31989# 12 @  
@ Detlev0405 [#11]

Hallo Detlev,

eine geniale Entscheidung von Dir. :-) Jetzt bin ich auch total gespannt auf das Ergebnis!

Das hier ist inzwischen wirklich Belege-Philatelie, wie sie nur das Leben schreiben kann.

LG, Gabi
 
Detlev0405 Am: 08.07.2018 14:04:05 Gelesen: 31926# 13 @  
@ gabriele [#12]

Hallo Gabi,

naja - der Entschluss war sowohl genial als auch enttäuschend. Herr Petriuk ist für den Beleg nicht zuständig bzw. er räumt auch ein, das er möglicherweise zu wenig Erfahrung hat mit dieser lokalen Besonderheit.

Fakt ist aber, das der Tagesstempel in die Irre führt. Nach seiner Auskunft handelt es sich um einen bilingualen weiterverwendeten österreichischen Tagesstempel. Heute bin ich auch in der Lage, mich seiner Meinung anzuschließen, denn ich habe für Oderberg 1 Tagesstempel aus dem Jahre 1917 gefunden, der mit Bogumin 1 ausgewiesen war (mehrfach).

Das spricht sehr für die Nachverwendung des gezeigten Stempels zur Zeit der Tschechoslowakei.

Da der Fakt des "Olsa Konfliktes" nicht von der Hand zu weisen ist, muss ich nun Tschechoslowakei Spezialisten finden, die dazu Auskunft geben können.

LG
Detlev
 
rudi63 Am: 08.07.2018 19:09:58 Gelesen: 31891# 14 @  
Servus Detlev,

in meiner Sammlung habe ich ein Briefstück aus Oderberg, andere Stempeltype, andere Marke aber vermutlich der gleiche "Franko" Aufdruck.



In der Umsturzzeit 1918/1919 wurden häufiger Portomarken in Freimarken und auch umgedreht mittels Handstempeln bei Markenmangel umgewandelt.

Zu den Vorgängen in Oderberg/Bogumin/Bohumin kann ich auch nichts sagen.

Schöne Grüße

Rudi
 
Detlev0405 Am: 08.07.2018 19:42:21 Gelesen: 31879# 15 @  
@ rudi63 [#14]

Ich grüße dich Rudi,

schön das Du dich dazu äußerst. Ja stimmt ein außergewöhnlicher Stempeltyp für mich, ich habe in Oderberg 1 und 2 immer nur diese Zweikreisstempel mit doppeltem Mittelsteg gefunden. Dafür stimmt mich erst einmal der Franco Stempel optimistisch.

Ich habe mich nun mal direkt nach Bohumin gewandt, an die Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit Frau Mgr. Balcarova mit der Bitte mir mitzuteilen, unter welcher Verwaltung Oderberg im Januar 1919 gestanden hat.

Erst dann werden wir weiter sehen können vermute ich.

Beste Grüße

Detlev
 
Marcel Am: 08.07.2018 20:37:19 Gelesen: 31852# 16 @  
@ Detlev0405 [#15]

Hallo Detlev,

hier wird gut beschrieben unter welchen Umständen das Teschener Gebiet stand. Dein Stempel und auch der andere fallen in die Zeit der gemeinschaftlichen Verwaltung zw. Polen und Tschechen, vielleicht hilft dies schon weiter.

schöne Grüße
Marcel

http://ome-lexikon.uni-oldenburg.de/regionen/teschener-schlesien/
 
gabriele Am: 08.07.2018 21:20:26 Gelesen: 31833# 17 @  
@ rudi63 [#14]
@ Detlev0405 [#15]
@ Marcel [#16]

Hallo Rudi und Detlev und Marcel,

nach den Stempeln geurteilt gab es in Oderberg ja mindestens zwei Postämter. Auf Ebay [1] habe ich eine weitere Ansichtskarte entdeckt.

Extra zur Dokumentation die Artikelbilder:



Vielleicht kann es uns weiterhelfen, die Stempel von Oderberg näher zu erforschen, KuK - Polen - CSR.

Geschichtlich geht es wohl insgesamt um das frühere Herzogtum Teschen [2] als Grenzgebiet, wie auch Marcel schon andeutet.

Hoffen wir mal, dass zumindest Ungarn dort keine Rolle gespielt hat.

Was wohl die Verwaltung in Oderberg mitteilt, es wird immer interessanter, Detlevs Karte zu beschreiben.

LG, Gabi

[1] https://www.ebay.de/itm/105996-AK-Oderberg-Bohumin-1918-Bahnhof-Nordbahnstrass-Kaiser-Franz-Josef-Jubilae-/372358388693?oid=352371817793
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Herzogtum_Teschen#Grenzgebiet_zwischen_der_Tschechoslowakei_und_Polen
 
Marcel Am: 08.07.2018 21:50:09 Gelesen: 31821# 18 @  
Stefan Am: 08.07.2018 22:18:52 Gelesen: 31813# 19 @  
@ Detlev0405 [#1]

Wenn man dem Inhalt der Karte aus [1] (siehe auch Beitrag [#4]) vertraut, kam der Ort Oderberg (polnisch Bogumin, tschechisch Bohumín) mit Stand vom 05.11.1918 zum erneut gegründeten Staat der Republik Polen. Zwischen dem 23.01. und 30.01.1919 [2] marschierte die tschechoslowakische Armee in Polen ein und besetztes das Gebiet um Teschen, wobei nicht ersichtlich ist, zu welchem Datum welcher ort seitens der Tschechoslowakei besetzt wurde. Anschließend war eine Volksabstimmung für Ostschlesien vorgesehen, wo seitens Polen und der Tschechoslowakei eigene Briefmarken mit Aufdruck "S.O. 1920" bzw. "SO 1920" vorbereitet und ausgegeben wurden. Diese Volksabstimmung wurde nicht durchgeführt. Zwischen dem 28.07.1920 und Oktober 1938 war dieser Ort aufgrund eines internationalen Schiedspruches Bestandteil der ebenfalls neu gegründeten tschechoslowakischen Republik. Zwischen Oktober 1938 und September 1939 wurde Oderberg durch Polen besetzt. Mit der deutschen Besetzung Polens im September 1939 fiel die Stadt bis maximal Mai 1945 an das Deutsche Reich. Am 09.05.1945 wurden die vor 1938 gültigen Staatsgrenzen wiederhergestellt, weshalb sich Oderberg seither wieder in der Tschechoslowakei (bzw. ab 01.01.1993 Tschechische Republik) befindet.

Die in Beitrag [#1] gezeigte Karte datiert vom 19.01.1919. Demnach sollte der Ort Oderberg zu diesem Zeitpunkt noch für wenige Tage unter polnischer Verwaltung gestanden haben.

Stempeltechnisch muss ich passen. Mir liegen keine Abschläge aus der Zeit der polnischen Verwaltung von Oktober 1918 bis vermutlich Januar 1919 vor.

Im August 1920 waren (noch) die tschechoslowakischen Briefmarken des Abstimmungsgebietes Ostschlesien in Oderberg gültig. Das vorliegende Exemplar trägt eine Entwertung des vermutlich identischen Handstempelgerätes analog dem Beispiel aus Beitrag [#14]:



Ausgabe der Tschechoslowakei für Ostschlesien, Mi-Nr. 5, Stempelabschlag von Oderberg 2 / Bogumin 2 vom 15.08.1920

Gruß
Pete

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Polnisch-Tschechoslowakischer_Grenzkrieg#/media/File:%C5%9Al%C4%85sk_Cieszy%C5%84ski.PNG vom Beitrag https://de.wikipedia.org/wiki/Polnisch-Tschechoslowakischer_Grenzkrieg
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Polnisch-Tschechoslowakischer_Grenzkrieg
 
Detlev0405 Am: 09.07.2018 08:49:12 Gelesen: 31772# 20 @  
@ Pete [#19]

Guten Morgen allen wünsche,

das sind nun mal einige handfeste Informationen, die sich hier eingestellt haben seit gestern Abend - danke dafür.

Für mich das wichtigste erscheint mir der Artikel von Marcel im Beitrag [#16] - wo explizit auch auf Oderberg und die Bahnlinie eingegangen wird. Zur Zeit der ausführlichste Artikel, den ich zu diesem Problem zu Gesicht bekommen habe. Deshalb kann ich der Meinung von Pete im Artikel [#19] komplett folgen und hoffe nun auch, dass sich diese Tendenz in der Antwort aus Bohumin bestätigt.
Ja, Gabi es gab zu diesem Zeitpunkt zwei Ortsteile von Oderberg, sowohl 1 und 2. Oderberg selbst (also 1) war der ursprüngliche Ort und erst mit der Schaffung der Bahnlinie entstand der zweite Teil des Ortes, etwas außerhalb vom eigentlichen Oderberg (zwischen 3-5 km je nach Quelle).

@ Marcel [#18]

Den Beleg halte ich für eine Fälschung, Marcel, auch wenn er bei einem renommierten Auktionshaus angeboten wird / wurde. Die Krakauer Aushilfsausgabe ist per se hoch fälschungsgefährdet und eigentlich nur geprüft handelbar. Deinem Artikel folgend, wäre zu dieser Zeit wieder Oderberg unter tschechischer Verwaltung und zumindest die Krakauer Aushilfsausgabe völlig deplatziert. Auch habe ich bei geprüften Belegen mit der Krakauer Aushilfsausgabe (das prüft dann auch wieder Herr Petriuk) ausschließlich polnische Ortsstempel gefunden (kann Zufall sein).

@ Pete [#19]

Deine Marke ist komplett schlüssig - Ostschlesienmarke mit dem Aufdruck SO und Stempel von Oderberg 2 aus dem Jahr 1920, einfach nur eine Augenweide. Deckt sich in etwa mit dem gezeigten Stempel von Rudi63 im Beitrag [#14].

Was die Stempel generell angeht, sind Aussagen eh sehr schwer. Herr Petriuk hat mich ja in seiner Reaktion auf meine Anfrage darauf aufmerksam gemacht, das gerade in dieser Zeit Anfang 1919 in dieser Region viele österreichische Stempel nachverwendet wurden. Das zeigen auch die hier aufgeführten Beispiele, die einen Zweikreisstempel mit und ohne Zwischensteg als möglich zeigen.

Ziel muss es jetzt sein, eine eindeutige Zuordnung über die am 21.01.1919 zuständige Postverwaltung in Oderberg zu erlangen und somit dann einen geeigneten Prüfer für den Beleg zu finden.

Einen schönen Tag wünsche ich allen
Detlev
 
Stefan Am: 09.07.2018 19:11:07 Gelesen: 31729# 21 @  
@ Detlev0405 [#20]

Was die Stempel generell angeht, sind Aussagen eh sehr schwer. Herr Petriuk hat mich ja in seiner Reaktion auf meine Anfrage darauf aufmerksam gemacht, das gerade in dieser Zeit Anfang 1919 in dieser Region viele österreichische Stempel nachverwendet wurden. Das zeigen auch die hier aufgeführten Beispiele, die einen Zweikreisstempel mit und ohne Zwischensteg als möglich zeigen.

Zur Stempelsituation in Polen ab November 1918 allgemein gesprochen: Das Gros der verwendeten Stempel stammt aus den Beständen der früheren Kaiserreiche Österreich-Ungarn (hier der österreichische Teil) und dem Deutschen Reich. Diese Stempel kommen unverändert bzw. in aptierter Form vor, Letztere im Bereich des Ortsnamens und der Uhrzeitangabe. Von der Ausgangssituation her konnten österreichische Tagestempel in der ursprünglichen Fassung einsprachig (deutsch) bzw. zweisprachig (deutsch und polnisch, ggf. abweichend auch tschechisch) gehalten sein.

Soweit ich bei früheren Recherchen feststellen konnte, kamen auch etwas mehr als ein Dutzend Dörfer aus dem ungarischen Teil der Doppelmonarchie in den äußersten Süden Polens. Die ungarischen Stempel weichen im Stempelaufbau und der Angabe des Datums ab.

Die Stempelsituation in der Tschechoslowakei ab Ende 1918 ist in Bezug auf weiterverwendete österreichische Stempel (beide Landesteile) im Grunde genommen ähnlich. Zusätzlich kamen bereits zeitnah neu angefertigte Stempel in Gebrauch, welche auch die Landesbezeichnung "ČSR" beinhalten.

Gruß
Pete
 
gabriele Am: 09.07.2018 21:46:10 Gelesen: 31697# 22 @  
@ Pete [#21]

Hallo Pete und Detlev,

den Stempel Oderberg 1 6b gab es 1914 auch schon, siehe ebay [1]. Das Gebiet hieß zu der Zeit noch Österreichisch-Schlesien [2].

Zur Dokumentation die kopierten Artikelbilder:



Die akzeptierten amtlichen Fremd-Sprachen (böhmisch, italienisch, polnisch, ruthenisch, slovenisch) wurden auch bei den frühen Correspondenzkarten ab P 3, ab 1871, als zweite Vordrucksprache eingesetzt.

Könnte aus den zweisprachigen Kartentexten auf mögliche Zweisprachen-Stempel geschloßen werden?

LG, Gabi

[1] https://www.ebay.at/itm/51381631-Bohumin-Bahnhof-Bohumin-Oderberg-1914/302766879832?hash=item467e4ff458:g:ulUAAOSwdTZbHUBq
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreichisch-Schlesien
 
Detlev0405 Am: 10.07.2018 07:40:52 Gelesen: 31656# 23 @  
@ gabriele [#22]

Guten Morgen Gabi,

Könnte aus den zweisprachigen Kartentexten auf mögliche Zweisprachen-Stempel geschlossen werden?

Eindeutig nein, denn bei der Betrachtungsweise zäumst du das Pferd vom Schwanz auf - mal bildlich interpretiert. Das Postwesen eines Staates ist Spiegelbild seiner politischen und speziell seiner verwaltungstechnischen Organisation. Die K.u.K. Monarchie war ein Vielvölkerstaat und dementsprechend musste die Postverwaltung den verschiedenen Völkern entsprechend sich auch verständlich präsentieren.

Eine sehr schöne Übersicht dazu findest du hier: https://www.deutsche-schutzgebiete.de/kuk_bevoelkerung.htm

LG
Detlev
 
gabriele Am: 11.07.2018 18:25:14 Gelesen: 31585# 24 @  
@ Detlev0405 [#23]

Hallo Detlev,

wie soll ich Deinen letzten Beitrag verstehen ? * grübel *

Habe ich das falsch interpretiert, dass durch die Poststempel annähernd auf die Landesverwaltung geschlossen werden kann? Die Correspondenzkartensprachen hatte ich nur für einen Überblick zu den K.u.K. Amtssprachen erwähnt, was ist daran als Landessprachen-Hilfsmittel inkorrekt?



Aus ebay [1] noch ein BO HUMIN-CSR-Stempel vom 24.IV.(19)22. Alle bisherigen ODERBERG-BO GUMIN-Stempel sind demnach zweisprachig deutsch-polnisch, von der K.u.K.-Postverwaltung, siehe auch den Stempel vom 21.8.(18)98 [2].

Die ebay-Bilder, nur zur Dokumentation:

24.IV.(19)22:



21.8.(18)98



Die weiteren Eingrenzungen und Erklärungen mit partriarchalischen und absolutistischen Hintergrund überlasse ich gerne den versammelten Fachmännern.
Geschichtliche Abläufe finde ich sehr interessant, aber eine Bewertung von Staats-Ereignissen kann und mag ich nicht vornehmen.

Jetzt bin ich gespannt darauf, ob Du mit der Antwort aus Bogumin/Bohumin den zeitlichen Ablauf der Staatszugehörigkeit von Oderberg abklären kannst. :-)

LG, Gabi

[1] https://www.ebay.de/itm/19-107-AK-BOHUMIN-ODERBERG-JAHR-1922-FABRIK-WOHNHAUSER/162176620443?hash=item25c27ad79b:g:mc4AAOSw-itXujr~
[2] https://www.ebay.de/itm/52605680-Bohumin-Bahnhof-Hotel-Garni-Lustig-Kaiser-Franz-Josef-Bohumin/163101491736?hash=item25f99b4218:g:kFoAAOSwg4tbJeaq
 
Detlev0405 Am: 11.07.2018 19:00:23 Gelesen: 31569# 25 @  
@ gabriele [#24]

Hallo Gabi,

Könnte aus den zweisprachigen Kartentexten auf mögliche Zweisprachen-Stempel geschlossen werden?

Das war Deine Fragestellung und ich habe mit nein geantwortet. Es gibt auch einsprachige Karten aus der Zeit mit zweisprachigen Stempeln und umgedreht. Insofern war Dein Ansatz eben sehr unglücklich gewählt, vor allem für die K.u.K. Monarchie, die ein Vielvölkerstaat war und im Postwesen auch entsprechend vielsprachig auftreten musste.

Nicht mehr und nicht weniger wollte ich damit zum Ausdruck bringen.

LG
Detlev
 
Detlev0405 Am: 13.07.2018 14:34:37 Gelesen: 31494# 26 @  
@ gabriele [#2]

Hallo Gabi und alle die es interessiert,

ich hatte mich neben Bohumin auch an das Historische Institut der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik gewandt und von Herrn Jiri Friedl heute per Mail Bescheid bekommen. Seine Auskunft kann ich hier erst veröffentlichen, wenn er aus dem Urlaub zurück ist und er seine Zustimmung gegeben hat.

Vorab aber das Ergebnis - bis zum 23.01.1919 gehörte Oderberg definitiv zur polnischen Verwaltung des Teschener Schlesiens. Ab spätestens den 30.01.1919 war dann Oderberg für immer Bestandteil der Tschechoslowakei (als Ergebnis des 7 Tage Krieges zwischen der Tschechoslowakei und Polen).

Nun grinst mich mein Beleg wieder ganz frech an - er sieht das ich ratlos bin. Er wedelt mit seinem kleinen Hemd herum und lästert, tschechischer Sachverhalt auf der Karte, tschechische Schrift, K.u.K. Marke und nachverwendeter K.u.K Stempel und das alles unter polnischer Postverwaltung. Wer will dieses Knäuel als Prüfer denn entwirren ? Zumal es räumlich eng begrenzt ist.

LG
Detlev
 
Detlev0405 Am: 14.07.2018 09:31:21 Gelesen: 31450# 27 @  
Noch vor seinem Urlaubsantritt hat mir Herr Jiri Friedl seine Zustimmung geschickt zur Veröffentlichung seiner Stellungnahme. Ich empfehle, um die Bedeutung seiner Aussage richtig einzuordnen, sich mit der Vita dieses Spezialisten bekannt zu machen. (1)

Hier sein Statement vom 13.07.2018:

Sehr geehrter Herr Röhn,

Ich habe Ihren Brief zur Erledigung gegeben und ich gestatte mir auf Ihrer Frage, die der Stadt Oderberg (Bohumín auf Tschechisch; Bogumin auf Polnisch) betrifft, antworten.

Es gab ein Streit über das Teschener Schlesien nach der Erneuung des polnischen Staates und der Entstehung der Tschechoslowakei in 1918. Am 5 November 1918 wurde ein Abkommen über die vorläufige Verteilung des Teschner Schlesiens zwischen den tschechischen Landesauschuss für Schlesien in Troppau (Opava) und den polnischen Aufsichtsrat des Teschner Herzogtums in Teschen abgeschlossen. Beide Seiten haben in dem Abkommen betonen, dass die Grenze im Teschener Schlesien nur provisorisch ist und dass die Regierungen Polens und Tschechoslowakei in Zukunft eine neue Grenze feststellen müssen. Nach diesem Abkommen hat Oderberg zur Polen gehört. Die tschechoslowakische Regierung hat jedoch dieses Abkommen nicht anerkennt und hat in im Januar 1919 entschieden, das ganze Teschener Schlesien mit Hilfe des Heeres zu gewinnen. Am 23 Januar 1919 haben die tschechoslowakischen Truppen den Angriff begonnen. Nach dem Krieg, die nur eine Woche gedauert hat, hat Oderberg zur Tschechoslowakei gehört. Das hat sich nicht auch nach der Arbitrage am 28 Juli 1920, wenn die Grenze zwischen der Tschechoslowakei und Polen im Teschner Schlesien festgestellt wurde, geändert.

Es gibt zu diesem Thema zahlreichen Bücher und Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften. Mehre Einzelheiten können Sie zum Beispiel im Buch von Jaroslav Valenta (Èesko-polské vztahy v letech 1918-1920 a Tìšínské Slezsko. Ostrava/Ostrau 1961) oder Marek Kazimierz Kamiñski (Konflikt polsko-czeski 1918-1921. Warszawa/Warschau 2001) finden. Leider, beide sind auf Tschechisch und Polnisch. Ein Überblick durch diese Thema können Sie im Buch von Benjamin Conrad Umkämpfte Grenzen, umkämfte Bevölkerung. Die Entstehung der Staatsgrenzen der Zweiten Polnischen Republik 1918 – 1923 (Stuttgart, Franz Steiner Verlag, 2014) finden. Dort gibt es ein Kapitel über den Streit zwischen der Tschechoslowakei und Polen über das Teschener Schlesien.

Mit freundlichen Grüssen,

Jiøí Friedl

Historisches Institut

Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik

http://www.hiu.cas.cz/en/people/members/friedl-jiri.ep/



Eine Ergänzung schickte er noch heute mit seiner Mail:

Sehr geehrter Herr Röhn,

ja, Sie haben meine Zustimmung meine Darstellung in der Diskussion zu veröffentlichen.

Der wichtigste Fakt für Sie ist, dass Oderberg am 21 Januar 1919 noch unter der polnischen Verwaltung war und deshalb der Stempel auch die Benennung «Bogumin» hat. Vergessen Sie aber nicht, dass in Oderberg damals auch die deutsche Bevölkerung gelebt hat. Deshalb - aus meiner Sicht - hat die Post auch die deutsche Benennung «Oderberg» benutzt.
... ( privat )

Mit freundlichen Grüssen,

Jiøí Friedl"



Somit ist nun auch von wissenschaftlicher Seite geklärt, dass es sich bei dem Beleg um eine Beförderung unter polnischer Verwaltung handelt. Nun fehlt noch ein zuständiger Prüfer für diese Zeit und Region, der die Identitätskrise des Beleges auch aus philatelistischer Sicht beenden kann. Vielleicht kann uns jemand einen Tipp geben ?

LG
Detlev


(1)http://www.hiu.cas.cz/en/people/members/friedl-jiri.ep/
 
Stefan Am: 14.07.2018 13:15:03 Gelesen: 31412# 28 @  
@ Detlev0405 [#27]

Nun fehlt noch ein zuständiger Prüfer für diese Zeit und Region, der die Identitätskrise des Beleges auch aus philatelistischer Sicht beenden kann. Vielleicht kann uns jemand einen Tipp geben ?

National, d.h. die Prüferverbände BPP und VP, ist derzeit kein Prüfer für Polen ersichtlich.

BPP: https://www.bpp.de/de/Gebietssuche-und-Pr%C3%BCfersuche.html
VP: http://vpev.de/index.php/de/pruefgebiete.html

Im deutschsprachigen Ausland (Österreich und Schweiz) ist ad hoc leider ebenfalls nichts zu finden:

VÖB: http://www.voeph.at/fileadmin/pdf/Allgemein/Briefmarkenpruefer/PRUEFERLISTE_des_VOEB.pdf
VPEX: http://www.vpex.info/
SBPV: http://www.briefmarken-pruefer.ch/?tsk=show_page&id=4

Die ArGe Polen verweist auf einen in Deutschland lebenden Prüfer des Polnischen Philatelisten Verbandes (PZF), der für Polen zuständig ist: Stefan Petriuk aus 24977 Langballigholz, siehe auch https://www.arge-polen.de/p_Pruefer.asp

Gruß
Pete
 
Detlev0405 Am: 14.07.2018 15:11:32 Gelesen: 31396# 29 @  
@ Pete [#28]

Hallo Pete,

danke für Deine Bemühungen. Mit Herrn Petriuk stehe ich in Verbindung, er hatte mir aber mitgeteilt, das es ein lokales Spezialgebiet darstellt. Und obwohl er gerade für die Anfangszeit in Polen besonders für uns deutschsprachige Sammler der Spezialist ist, hatte er in der Korrespondenz mit mir schon eingeräumt, das es sich möglicherweise um eine lokale Besonderheit handelt - wenig erforscht und von ihm nicht einzuordnen.

Ich trage mich nun mit dem Gedanken, den Beleg einem Prüfer für die Anfangszeit der Tschechoslowakei vorzulegen. Zum Glück sind von den 3 Prüfern zwei auch der deutschen Sprache mächtig, so das eine Kommunikation ohne Probleme möglich ist.

Gruß
Detlev
 
gabriele Am: 14.07.2018 18:14:27 Gelesen: 31369# 30 @  
@ Detlev0405 [#29]

Hallo Detlef,

vielleicht sollten wir noch einmal bewußt detailiert die Marke betrachten.

- 1916: Die Urmarken wurden für eine Freimarkenserie gedruckt, aber 4 Werte (24, 36, 54, 42 H.) wurden NICHT ausgegeben. Hier stellt sich schon die Frage, warum und wofür solche krummen Werte gedruckt wurden.

- 1917: Die vier überzähligen Werte (Nr. 60-63, Klischee bc ohne Wz.) wurden in April/Mai mit Porto-Überdruck (10, 15, 20, 50 H.) versehen. Es sind die letzten Portomarken vom K.u.K.-Österreich.

Wurden diese Überdruck-Marken überall in K.u.K.-Österreich verteilt?

- 1919: Portomarken bekommen zumindest in Oderberg-Bogumin/Polen einen (eventuell ungenehmigten ?) grauen FRANKO-Handstempel zur Umwandlung in Freimarken, siehe [#1] und [#14].

Ein weiterer Schritt zur Auflösung hängt meiner Meinung nach mit den zwei gezeigten FRANKO-Stempeln zusammen, sind die echt und für Polen belegbar?

Wir können Deine leicht freche und widerspenstige Karte doch nicht triumphieren lassen. :-)

LG, Gabi
 
Stefan Am: 14.07.2018 19:11:51 Gelesen: 31358# 31 @  
@ Detlev0405 [#29]

Du hast mit deinem Beleg aus Oderberg aus Beitrag [#1] in ein richtiges "Wespennest" gestochen. ;-)

In den Beiträgen [#19]; [#26] und [#27] wurde ein kurzer geschichtlicher Abriss des Ortes Oderberg im 20. Jahrhundert gegeben. Das Handbuch von Oberschlesien der früheren ArGe Oberschlesien (1970-1990) befasste sich in zwei Kapiteln [1][2] ebenfalls mit den Briefmarken des Abstimmungsgebietes Ostschlesien. In diesen Kapiteln wird auch auf die Vorgeschichte eingegangen, welche zur Entstehung der Abstimmungsgebiete auf polnischer und tschechoslowakischer Seite führte. Der Autor von [1] führt auf Seite 7 aus, dass am 23.01.1919 der Einmarsch tschechoslowakischer Truppen im polnischen Teil des Teschener Gebietes erfolgte. Diese Besetzung begann mit der Einnahme des Ortes Oderberg am 23.01.1919. Wenn diese Aussage zutrifft, wäre Oderberg im Laufe des 23.01.1919 von der polnischen in die tschechoslowakische Verwaltung "gewechselt". Die militärische Besetzung hielt bis zum 25.02.1919 an - bis sich die tschechoslowakische Armee aus den besetzten Orten Freistadt, Jablunkau, Teschen und Trzyniev zurückzog. Es blieben danach dennoch weiterhin die folgenden Orte tschechisch besetzt: Karwin, Ober-Suchau, Reichwaldau und eben Oderberg. In der Zeit der Besetzung wurde die Verwendung tschechoslowakischer Briefmarken (Hradschin-Ausgaben) eingeführt, wobei die bisherigen Ausgaben von Österreich und Polen weiterhin gültig blieben.

Gruß
Pete

[1] Abt. B III von 1979 mit Ergänzungen von 1984 - polnische SO-Ausgaben, Autor Heinz Erwin Jungjohann aus St. Peter-Ording, seinerzeit BPP-Prüfer
[2] Abt. B IV von 1973 mit Ergänzungen von 1977 und 1979 - tschechoslowakische SO-Ausgaben, Autor H. P. Vouhsem aus Hamminkeln bei Wesel
 
Detlev0405 Am: 14.07.2018 20:31:13 Gelesen: 31326# 32 @  
@ gabriele [#30]

Hallo Gabi,

was die Frankatur betrifft vertraue ich einfach dem Michel Katalog zu Osteuropa und dessen Aussage, das die Porto Nr. 61 der österreichischen Post im Bereich Böhmen und Mähren ab Gründung der Tschechoslowakei weiterhin frankaturgültig waren und als echte Vorläufer der tschechoslowakischen Briefmarken angesehen werden dürfen (in der Regel nur auf Beleg oder Ausschnitt).

Wichtig erscheint mir tatsächlich die Frage, welche Bedeutung der Franco Stempel haben könnte - beliebige Spielerei eines Postbeamten oder Anerkennung der K.u.K. Marke unter polnischer Postägide ? Dann würde der Stempel die ursprüngliche tschechische Frankatur als bezahlt akzeptieren.

@ Pete [#31]

Hallo Pete,

eigentlich war es ja nur als ein lustiger Beitrag zu Gabi´s Thread gedacht, nun merke ich selber mehr und mehr, das es sich um einen Beleg mit historischer Bedeutung handelt. Ich bin übrigens in meiner Einordnung (dazu habe ich meinen Beleg nicht um Erlaubnis gefragt) auf einen Terminus umgeschwenkt, den Du allerdings noch nicht in der Literatur finden wirst - Tschechoslowakei unter polnischer Verwaltung (Olsagebiet).

Mit Deiner Präzisierung über die tschechische Einnahme von Oderberg am 23.01.1919 lässt sich die polnische Verwaltung nun konkret auf den Zeitraum vom 05.11.1918 bis zum 22.01.1919 eingrenzen.

Da der liebe Michel bei der 1. Hradschin Ausgabe nur vage 1918/19 als Ausgabezeit angibt, musste ich im Spezialkatalog des tschechischen Philatelisten Verbandes von 1988 nachsehen. Hier wird konkret der 18.12.1918 für die erste Hradschin Serie angegeben. Damit können echte Belege von Oderberg mit Hradschin Marken erst nach dem 23.01.1919 auftauchen. Belege mit polnischen Marken hingegen wären theoretisch möglich gewesen, auf Grund der Abgelegenheit von Oderberg doch eher unwahrscheinlich.

Kommt bei mir langsam die Theorie auf, das es sich bei der Frankatur um ein Provisorium handelt in Ermangelung von polnischen Marken zu dieser Zeit. Und K.u.K. Marken waren bestimmt noch reichlich vorrätig - auch unter polnischer Postägide.

Gruß
Detlev
 

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