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Thema: Rumänien: Postrouten und Transportwege
Das Thema hat 189 Beiträge:
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10Parale Am: 23.07.2017 15:34:09 Gelesen: 106745# 140 @  
@ Heinz 7 [#139]

Ein Formular Nr. 19 ist wohl auch recht selten. Vom selben Monat November 1860 habe ich dieses Formular Nr. 5 mit dem identisch seltenen 4R-Stempel "Bacau", fig. 1507 Dragomir gefunden. Besonders gefällt mir die Kombination mit dem glasklaren roten Stempel von Galatz/Moldova vom 28/11.

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 27.07.2017 23:04:57 Gelesen: 106559# 141 @  
@ 10Parale [#140]

Ich gratuliere! Der Stempel "Bacau" (fig. 1507) ist sehr selten und sehr schön! Eine Bewertung von "4 R" bei Dragomir ist hoch.

Diese Stempel kommen generell nur auf Formularen vor, diese Stempel wurden meines Wissens nicht am Postschalter zur Entwertung von Briefmarken verwendet.

Ich darf hier auch einen Spezialstempel zeigen:



fig. 329 (Dragomir) zeigt diesen sogenannten "Draperie"-Stempel. Im ersten Handbuch 1994 ging Fritz Heimbüchler auf diesen Stempel ein.

Das oben gezeigte Formular ist grösser als Format A4, darum habe ich nicht das ganze Formular zeigen können. In Beitrag [#139] zeigte ich Formular No. 19 ganz. Die handschriftlichen Notizen auf diesem Formular sind leider kaum zu entziffern.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
10Parale Am: 31.07.2017 14:16:57 Gelesen: 106381# 142 @  
@ Heinz 7 [#141]

Die "Draperie"-Stempel gefallen mir sehr, sind selten in dieser schönen Klarheit und die Zierde einer jeden Rumänien Sammlung.

Obwohl ich stets danach Ausschau halte, wurden sie mir bislang immer vor der Nase weggeschnappt, was bedeutet, dass sie unter Rumänien Sammlern sehr begehrt sind. Bleiben wir bei der Hauptstadt Jassy:

"ROMANIA INAM form issued in 1848 in IASI. The applied cachet was the small seal of the Prince always applied in red ink."

Mit diesem englischen Text pries die rumänische Verkäuferin das hier gezeigte nicht sehr günstige Dokument an. Der auf dem Dokument abgeschlagene rote Stempel stellt demnach das kleine Siegel des Prinzen der Moldau dar.

Was eine INAM form ist, darüber bin ich noch am Rätseln. Da das Dokument rückseitig eine Nummer hat und von dem berühmten Herrn Pascanu unterschrieben und abgestempelt wurde, denke ich, handelt es sich um ein postalisches Dokument.

Der Stempel erinnert mich sehr stark an die bei K.Dragomir (Stampilografie postala) auf Seite 17 abgebildeten Verwaltungsstempel SM52 - SM 58. Im ersten Handbuch 1994 geht Fritz Heimbüchler ebenfalls kurz auf diese Stempel ein. So gab es wohl im Fürstentum Moldau neben dem Hauptbüro in Jassy weitere Distriktpostbüros.

Der Name "Inam" kann "Geschenk" bedeuten. Ich hoffe dass der gut lesbare kyrillische Text weitere Auskunft gibt. Das Dokument stammt aus dem Jahr 1848, ein Jahr von revolutionären Umbrüchen und Veränderungen. Sicher ist, dass das Dokument in Jassy verfasst wurde. Vielleicht könnte ein Experte den Text entziffern.

Übrigens ist das Dokument mittig gefaltet wie eine Art kleine Mappe, in der man weitere Dokumente einbringen konnte.

Liebe Grüße

10Parale


 
10Parale Am: 02.08.2017 21:46:07 Gelesen: 106260# 143 @  
@ 10Parale [#142]

In [#12] und in [#14] haben Heinz 7 und ich an Hand des Stempel von BRAILA die vorphilatelistischen Stempel der Walachei PV 53 in kyrillischer Schrift gezeigt und vorgestellt.

Von diesen zweizeiligen Stempel (1. Zeile Ort; 2. Zeile Datum) gibt es insgesamt 26 verschieden Stempel, wobei die Orte PLOESCI und BRAILA auch in lateinischer und kyrillischer Schrift auftreten.

Von folgenden Orten gibt es darüber hinaus einen großen und einen kleinen Stempel:

BUCURESTI (Bukares)
TURNU
ZIMNICEA

Ich zeige hier den Stempel SEVERINU PV 53 Abb. 252 K.Dragomir in kyrillischer Schrift auf einem Behördenbrief. Rückseitiges Siegel.

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 05.08.2017 10:38:42 Gelesen: 106138# 144 @  
@ 10Parale [#142]

Ein "INAM" ist meines Wissens eine hohe staatliche Anordnung, ein Befehl, eine Verfügung.

Damit verfügte der Prinz (wenn es denn sein Siegel ist) oder eine hohe Regierungsstelle, dass ein Postdienst ausgeführt werden soll/muss.

Diese Formulare sind meines Wissens sehr selten und der Preis ist entsprechend. Ich habe solche Formulare gesehen, wenige, zum Preis von mehr als Euro 500. Meines Wissens wurden sie auch schon für CHF 1000 an einer Auktion angeboten.

Es wäre gut, wenn wir den ganzen Text einmal Wort für Wort lesen und übersetzen könnten. Ich habe das bis jetzt noch nicht geschafft.

Heinz
 
10Parale Am: 05.08.2017 15:55:31 Gelesen: 106118# 145 @  
@ Heinz 7 [#144]

Vielen Dank, Heinz für deine Einschätzung, die mich ja sehr froh stimmt. Ich habe im Thread "Alte Belege: wer kann das lesen?" mal eine Sinn-Übersetzung vorgenommen und um Unterstützung der User gebeten. Vielleicht ist ja ein Experte für kyrillische Schrift vor Ort.

Allerdings glaube ich den Inhalt der "INAM" erkannt zu haben. Es ging einfach um die Überstellung von 4 Pferden wohl zu Postzwecken in die Walachei.

Auch in Anlehnung an den Thread "Rumänien für Sammler" und deine als hervorragend zu würdigenden Ausführungen über den Stempel "R" - Raritate (Seltenheit) bei Dragomir sehe ich in meiner Auffassung gestärkt, dass viele seltene Dokumente noch in Rumänien zu finden sind, unter Umständen sogar sehr günstig zu erwerben.

Liebe Grüße

10Parale
 
Heinz 7 Am: 11.08.2017 13:52:00 Gelesen: 105486# 146 @  
@ 10Parale [#142]

Lieber Kollege,

ich erlaube mir, anbei ein Dokument unseres leider verstorbenen ARGE-Mitgliedes Paul Hirsch hochzuladen. Es zeigt eine Postwagen-Fahrkarte für einen Transport in den alten Fürstentümern nach Braila aus dem Jahre 1861. Dazu war offenbar eine Erlaubnis eines Grenz-Ministeriums nötig.



Ob mit dem Postwagen auch Poststücke befördert wurden, wissen wir nicht, aber es ist anzunehmen. Es sind einige Begleitbriefe bekannt, die z.B. den Transport von Goldstücken belegen (vgl. Beleg 136).

Solche alten Formulare wurden oft sehr aufwändig und pompös hergestellt, wohl um damit die Bedeutung des Postwesens zu betonen. Viele dieser Formulare sind offenbar sehr selten. Sie eignen sich vorzüglich, um einen besseren Einblick zu gewinnen zum Post- und Verkehrswesen des XIX. Jahrhunderts in den Fürstentümern Moldau & Walachei.

Heinz
 
10Parale Am: 29.08.2017 19:58:13 Gelesen: 104693# 147 @  
@ Heinz 7 [#146]

Ein sehr interessantes Dokument, wobei eine adäquate Übersetzung der Überschrift nicht einfach ist. "Despartirea" heißt Trennung, Aufteilung, es bezieht sich auf die vier Postämter, die hier wohl einen gemeinsamen Postweg verwalteten.

Sehr schönes Wappen mit dem Adler der Walachei und dem Ochsenkopf der Moldau als Wappentiere. Vereint in einem Wappen. Leider habe ich Paul Hirsch nicht mehr kennenlernen dürfen, bestimmt war er ein hervorragender Philatelist und Kenner der Materie.

In den Beiträgen [#70] ff. haben wir über den Roten Turm Pass gesprochen, der über Jahrhunderte hinweg eine wichtige Poststation auf dem Weg zwischen der Walachei und den davon nördlich liegenden Gebieten war. Heute zeige ich eine sehr schöne ungarische Ansichtskarte aus dem Jahr 1910. Sie zeigt sehr schön den Roten Turm Pass und die berühmte Eisenbahnbrücke am Olt an den "ungarisch rumänischen Grenze".

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 29.08.2017 23:02:56 Gelesen: 104666# 148 @  
@ 10Parale [#147]

Danke für das schöne Bild vom "Roten Turm".

Wir haben am Samstag gehört, dass es nicht immer einfach ist, festzustellen, ob ein Brief per Schiffspost befördert wurde. Beim beiliegenden Brief könnte man auch falsche Schlüsse ziehen.



Dieser Brief von 1881 wurde auf mit einem vorgedruckten Couvert der "erste(n) k.k. priv. Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft" versandt von Turnu Severin nach Wien. Abgang 1. Juli (schön lesbar).

Der Brief ist wunderbar frankiert mit 15 Bani (10. Ausgabe 1880) und 10 Bani (9. Ausgabe 1879), also einer Mischfrankatur. Hinten trägt der Brief einen Ankunftsstempel "WIEN" (Datum nicht lesbar).

Emil Capellaro schrieb zu diesem Brief:

"Nachdem der Postdienst der D.D.S.G. in Rumänien im Jahre 1875 eingestellt werden musste, blieb auch der D.D.S.G. Firmenkorrespondenz nichts anderes übrig, als den rumänischen Postdienst zu benützen." (siehe: "Edition d'Or, Band XVIII, Österreich - Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft (D.D.S.G.); Die Emil Capellaro Sammlung").

Der Brief wurde also normal mit der rumänischen Landpost befördert, nicht mit der österreichischen Schiffspost.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.10.2017 16:59:05 Gelesen: 102607# 149 @  
@ Heinz 7 [#148]

Einen wahrhaft ungewöhnlichen Brief finden wir im Angebot eines Auktionshauses.

Im Jahr 1930 wird ein Brief offenbar aus Rumänien an einen Herrn H. Kägi geschickt, der im Grand Hotel in Lodz (Polen) sein sollte. Der Brief ist mit 30 Bani frankiert und ging ordnungsgemäss nach Lodz. Seltsamerweise klebt fein säuberlich daneben ein weiterer Viererblock, der nun in Lodz abgestempelt wird, weil der gute Herr Kägi ist inzwischen in einem Hotel Dianabad in Wien eingekehrt. Der Stempel ist schwer lesbar, es könnte aber 16.10.1930 sein.



Soweit, so gut. Nun ist aber auch die Hotel-Adresse in Wien nicht mehr gültig, sondern der gute Mann ist weitergereist nach Zürich! Also WIEDER ein Viererblock dazufrankiert, diesmal aus Österreich. Der Brief wird abgestempelt in Wien am 28.10.1930.

Aber auch in Zürich konnte der Brief anscheinend nicht ausgehändigt werden, sondern wurde weitergeleitet an eine Adresse in Altstetten (in der Nähe von Zürich). Hinten auf dem Brief bezeugt ein Ankunftsstempel von Altstetten dem Postweg (Datum: 1.11.1930).



Ob die zwei Schweizer Viererblöcke erst in Zürich auf den Brief kamen (nochmals 45 Rappen wurden mit Briefmarken bezahlt) wissen wir nicht. Fast sieht es so aus, als habe der Empfänger den Brief empfangen, einen oder zwei Viererblocks dazugeklebt und ihn (an sich) weitersenden lassen.

Normal sind solche Mehr-Länder-Frankaturen nicht! Wenn der Brief nicht zustellbar war, hätten wir eine Nachtaxierung durch die Post erwartet (aber nicht, dass die Post einen schönen Viererblock dazuklebt). Ferner erwarten wir postalische Vermerke wie "abgereist" (oder ähnlich).

Kurios!
Heinz
 
10Parale Am: 03.11.2017 18:49:49 Gelesen: 101527# 150 @  
Diese alte Faltbriefhülle wurde von "irgendeinem" Hafen an der Donau über Wien nach Birmingham befördert. Der schöne Ankunftsstempel von Birmingham datiert vom 29. September 1869. Nur 4 Tage zuvor passierte der Brief Wien.

Sehr schön rechts oben der doch nicht allzu häufig Stempel in Großbuchstaben und schwarzer Farbe "PER DAMPFSCHIFF". Nun habe ich diesen Stempel in der Literatur leider noch nicht gefunden, bin aber auf steter Suche.

Der Brief wurde mit großer Sicherheit in einer Hafenstadt in Rumänien aufgegeben, dafür spricht

1. die durchgestrichene Bezeichnung "LONDRA", rumänisch für London
2. die Signatur von L.PASCANU (rumänischer Philatelist und Prüfer) auf der rechten unteren Rückseite des Briefes

Genaues wird man jedoch wohl nie feststellen können.

Vorderseitige Taxierung 6 (schwarz) und 3 (blau) sehr gut zu erkennen. Bei der Aufschrift 300 € hat sich jemand reich gerechnet. Den Brief konnte ich im 2-stelligen Euro-Bereich erwerben.

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 31.01.2018 23:55:10 Gelesen: 92176# 151 @  
@ 10Parale [#150]

Ich habe das Buch von Edwin Müller nicht zur Hand, aber meines Wissens ist der Stempel "PER DAMPFSCHIFF" ein Stempel der österreichischen Post, der auf Briefen nach Wien angebracht wurde, wenn sie auf der Donau per Dampfschiff transportiert wurden.

Anbei eine Karte, die leider nur wenig preisgibt über ihren Beförderungsweg:



Die Karte wurde geschrieben am 12./25.10.1907 (julianisch/gregorianisches Datum) auf aufgegeben am 25. Oktober 1907.

Drei Tage später war die lange Fahrt beendet: Ankunftsstempel: "AMSTERDAM 28 OCT 07". Ich vermute, dass der ganze Weg per Zug zurückgelegt wurde.

"Durchgangsstempel", wie oft gesehen im XIX. Jahrhundert, wären hilfreich, um den genauen Streckenverlauf zu erkennen. Doch vielleicht helfen zeitgenössische internationale Bahn-Verkehrstabellen?

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.02.2018 21:58:52 Gelesen: 89845# 152 @  
Ich freue mich, dass ich einen Brief etwas näher bestimmen konnte.



Wir sehen schön und problemlos, dass der Brief am 12. Februar von Galatz abgesandt wurde. Wenn wir den Faltbrief entfalten, erkennen wir auch das Jahr: 1846, also ziemlich alt!

Der Absender wählte die österreichische Post für die Beförderung des Briefes nach Frankreich. Die österreichische Post unterhielt zu dieser Zeit ein gut funktionierendes Netz von Postorten und durfte Post befördern. Wie erkennen den blauen Poststempel "GALLATZ 12. FEB" (Zweizeiler). Bei Gmach (Band 1, 2014) ist der Stempel bezeichnet mit "Gal3", bei Tchilinghirian mit fig. 741, bei Blistyar "Galatz L3".

Ob der Brief über Wien lief, kann ich nicht feststellen. Erst der rote Stempel "AUTRICHE; ST. LOUIS; 1 MARS (1846)" gibt uns einen wichtigen Hinweis auf den Transportweg, ebenso wie der Schwarze Stempel "T.A." = Transit Austria.

Ich habe den Bestimmungsort des Briefes lange Zeit nicht erkannt, bis mir die gestrige Suche endlich weiterhalf: es handelt sich um die Ortschaft Mareuil sur Ay. Mein Internet-Berechnungstool ergibt eine Distanz von 2451 Kilometer für den (möglichen) Weg. Mareuil sur Ay liegt östlich von Paris. Dass es wirklich der gesuchte Ort ist, zeigt der rückseitige Ankunftsstempel: "AY - CHAMPAGNE; 3 MARS 46". Das liegt unmittelbar daneben!

Der Brief wurde gerastelt und erhielt den Vermerk "R.N. 14" = Räuchernummer 14.

Um die Taxvermerke zu entschlüsseln und zu verifizieren bin ich jetzt, nach über 10 Arbeitsstunden, einfach zu müde.

Schöne Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 01.03.2018 23:30:55 Gelesen: 89780# 153 @  
@ Heinz 7 [#152]

Den oben gezeigte Beleg möchte ich noch ergänzen mit einer Übersicht, wo sich denn die Orte befinden (Abgang und Ankunft: Galatz -> Mareuil sur Ay). Ich habe den Kartenausschnitt kopiert, die den möglichen Transportweg des Briefes von 1846 zeigt.

.

Für die 2451 Kilometer lange Distanz (falls der Brief wirklich DIESE Route nahm) benötigte der Brief 19 Tage. Wie lange davon die Desinfektion dauerte, wäre interessant zu wissen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.03.2018 10:26:57 Gelesen: 89457# 154 @  
@ Heinz 7 [#152]

Manchmal sind alte Briefe leicht zu "lesen", manchmal ersieht man aber auch fast gar nichts daraus. Das Anbringen von Stempeln und Taxvermerken ist uneinheitlich. Manchmal gab es viele Abstempelungen, auch von Durchgangsorten, manchmal überhaupt keine.



Dieser Falt-Brief ist alt. Für Rumänien ist er sogar sehr alt. Craiova 1839 können wir erkennen.



Auf der Rückseite des geschriebenen Textes wurde die Adresse geschrieben: Dieser Brief wurde nach Pest geschickt. Danach wurde er versiegelt.

Und ab die Post? - Schade - wir sehen gar nichts, keinen Stempel, keinen Taxvermerk.

Wurde dieser Brief überhaupt von der Post befördert? Von welcher?

Viele Fragen. Trotzdem wurde dieser Brief an einer Auktion vom Startpreis von 150 Euro auf immerhin Euro 420 hochgeboten. Warum wohl? Ist das Siegel so interessant "CONTUMAZ AMT"? Oder hat der Text des Briefes das Interesse von Sammlern geweckt?

Heinz
 
10Parale Am: 26.05.2018 19:48:46 Gelesen: 85130# 155 @  
@ Heinz 7 [#128]

Wenn es jetzt noch gelingt, eine offizielle Quelle dieser für mich sehr wertvollen Information zu finden bzw. zu nennen, so ist "das Wissens-Puzzle" dann fast komplett!

Hallo Heinz,

Zuerst einmal: Ein neues Buch ist auf dem Markt, welches ich nach der ersten Durchsicht als ein Wegweiser für die Forschung der Postrouten und Transportwege in Rumänien betrachten möchte.

Titel: FIVE CENTURIES OF POSTAL HISTORY IN WALLACHIA AND MOLDAVIA, Herausgeber: Vasile Braia

Das Buch ist erhältlich bei Corinphila in Zürich. Ich möchte es zu einem späteren Zeitpunkt vorstellen, doch ich schlage gleich mal die Seite 185 auf und lese dort mit großer Begeisterung, denn es betrifft deinen Brief, den hier alle gemeinsam zu erforschen suchten:

Zitat: "1821 - The Wallachian Boyars proposal presented to the Russian consul PINI: The travelers post- 20 bani per horse per hour plus 1 leu for the coachman."

Auf der Suche nach offiziellen Quellen also ein weiterer Beweis für die Existenz dieser Persönlichkeit und der Authentizität deines wertvollen Briefes.

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 27.05.2018 12:28:47 Gelesen: 85047# 156 @  
@ 10Parale [#155]

Als ich die Auktionskataloge Corinphila erhielt, sah ich auch mit Erstaunen, dass von Herrn Vasile Braia offenbar bereits 2016 ein neues Buch herausgegeben wurde, von dem ich bis Mai 2018 noch nie etwas gehört habe. Du hast dieses Buch schon gekauft - super! - und teilweise auch gelesen - ich gratuliere!

Und dass Du nun einen wichtigen Mosaikstein zu den Fragen meines Briefes von 1815 beisteuern kannst (siehe [#108]), ist natürlich höchst erfreulich. Ich danke Dir sehr für Deine sofortige Meldung. Vor 23 Monaten habe ich den Brief vorgestellt, damals noch mit vielen Fragezeichen. Nun weiss ich so viel mehr zu diesem Brief.

DANKE AN ALLE!

Somit haben wirklich eine ganze Gruppe Leute wesentliche Erkenntnisse zu dem Brief beisteuern können. Das funktioniert hier auf Philaseiten wirklich super - wie in einer wirklich guten Arbeitsgemeinschaft!

Wunderbar!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 25.03.2019 21:57:57 Gelesen: 64143# 157 @  
Ich wurde gefragt, wie denn wohl ein Brief von Bukarest nach Braunschweig transportiert wurde. (Siehe Thema: "Rumänien für Sammler"). Ich bin zwar kein Spezialist auf diesem Gebiet, aber einige Aussagen kann ich schon machen.

Ende XIX. Jahrhundert hatte Europa ein sehr dichtes Eisenbahnnetz. Dazu folgende Zahlen:

Länge des Eisenbahnnetzes (weltweit):

1840: (Einführung der Briefmarke!): 7700 km
1860: bereits 108'100 km
1900: nun: 791'200 km
1960: Ausbau auf "nur": 1'345'000 km

In den Jahren 1840-1900 wurden also wesentliche Teile des Eisenbahnnetzes erstellt!

Aus meiner Jugendzeit noch eine weitere Tabelle/Karte:



Quelle: "Wissen. Die grosse Sammlung des Wissens unserer Zeit (...) . Neue Schweizer Bibliothek, Band 12 (von 20). copyright: 1967 Fratelli Fabbri Editori, Mailand"

man sieht hier sehr schön die wichtigsten Transportachsen, die viele bereits 1900 bestanden.

Ich vermute also für die Strecke Bukarest - Braunschweig folgende Eisenbahn-Postroute:

Bukarest - Budapest - Wien - Berlin - ...

Liebe Grüsse
Heinz
 
10Parale Am: 26.03.2019 10:31:48 Gelesen: 64119# 158 @  
@ Heinz 7 [#157]

Wenn man heute bei Google Maps die Eisenbahnstrecke von Bukarest nach Braunschweig filtert, benötigt der Zug 1 Tag und 4 Stunden bei einer störungsfreien, planmäßigen Fahrt. Dies scheint mir aber nicht die Eisenbahn-Strecke zu sein, die 1896 genommen wurde.

Die interessante Frage für Rumänien-Sammler bleibt, welchen Weg der Zug innerhalb des rumänischen Territoriums bzw. welchen Übergang der Zug in die Donaumonarchie genommen hat. Ich denke die Bahn fuhr auf der Strecke durch das Gebiet des bekannten Fürstentums Moldau und benutzte das vorhandene Streckennetz von Bukarest - Galati - Roman und von dort auf das Teilstück bis zur Grenze zur k.u.k. Monarchie in Itzkany (heute: SUCEAVA). Von dort ging es dann nach Czernowitz und dann nach Lemberg. Von Lemberg wird es nach nach Prag gegangen sein und dann über Dresden - Leipzig - Halle - Magdeburg- Braunschweig.

Dies scheint mir die einzige Auslandsstrecke im Jahr 1896 gewesen zu sein. Ich glaube nicht dass es schon eine Verbindung über Ploesti, Sinaia, Brasov, Sighshoara, Medias, Blaj, Alba Julia, Deva..ARAD - BUDAPEST gab. Der Weg über die Karpaten war zu mühselig und wer heute mit dem Zug von Bukarest nach Hermannstadt fährt (immer noch eine pittoreske Fahrt!), braucht gut 7 Stunden.

Liebe Grüße

10Parale
 
Heinz 7 Am: 26.03.2019 21:40:43 Gelesen: 64085# 159 @  
@ 10Parale [#158]

Ich kann wirklich nicht mit Bestimmtheit sagen, ob der Zug von Bukarest mit Destination Braunschweig (siehe [#157]) nach Westen rollte (Pitesti - Turnu Severin) oder den von dir genannten Weg nach Norden nahm (Ploiesti - Buzau). Nach Galatz aber ist der Zug sicherlich nicht gefahren, denn dies lag in eine andere Richtung als Roman. Spätestens in Barbosi fuhr der Zug nach Norden (Tecuci - Marasesti).

Ob der Zug von Buzau weiter nach Norden fahren konnte (Focsani - Marasesti) oder zuerst den Weg nach Osten nehmen musste (Braila), hängt davon ab, wann das Schienennetz ergänzt wurde.

Das beiliegende Buch zeigt das Schienennetz 1876 und 1916; da wurden offenbar viele Zusatzstrecken gebaut.



Natürlich wäre es schön, wenn wir es genau wissen würden. Wenn du das Buch von Marinescu studieren möchtest, stelle ich es dir gerne zur Verfügung.

Heinz
 
10Parale Am: 27.03.2019 18:56:21 Gelesen: 64066# 160 @  
@ Heinz 7 [#159]

Ob die Bahn nun den Weg nach Westen oder nach Norden nahm, verrät uns der Brief tatsächlich nicht. Du berufst dich wie ich auf das o.g. Buch Seite 24, wo das Streckennetz am 1. Mai 1876 skizziert ist.

Deine in Rumänien für Sammler (#723 und #729) gezeigten wunderschönen Briefe stammen aus den Jahren 1895/96. Das Buch von Calin Marinescu habe ich selbst zu Hause, finde es sehr nett, dass Du mir es zur Verfügung stellen wolltest.

Leider ist es mir zu kompliziert im Aufbau und es sind kaum Hinweise auf den sogenannten "ausbrechenden", internationalen Eisenbahnverkehr zu finden. Alle Bücher von Marinescu gefallen mir grundsätzlich nicht in ihrer Struktur. Ohne die großartigen Leistungen dieses Mannes irgendwie schmälern zu wollen, die Bücher sind leider für mich zumindest wenig zu gebrauchen. Ich werde, - sollte ich dieses Jahr noch nach Rumänien kommen -, mir in Bukarest oder Sibiu ein Buch über die Geschichte der Eisenbahn in Rumänien kaufen, um meine eigenen Schlüsse aus der objektiven Darstellung zu ziehen.

Liebe Grüße

10Parale
 
10Parale Am: 09.04.2019 16:07:34 Gelesen: 63757# 161 @  
Am schönsten ist es, wenn die Stempel auf einem Beleg Auskunft über die Postroute geben.

Dabei ist es gar nicht so einfach, das Dorf MALURILE im KREIS (rumäniche Abkürzung jud. für judetul) RAMNICU SARAT zu finden. Es gibt eine gleichlautende Stadt im Kreis Dambovita, ca. 450 Kilometer entfernt.

Ich fand ein Dorf names MALURI, etwa 31 Kilomter von FOCSANI entfernt und ich vermute, es handelt sich um das Dorf mit dem seltenen Landpoststempel. Die leicht veränderte Schreibweise gibt mir aber schon ein wenig zu denken.

Weshalb braucht dieser Brief, am 13. Oktober 1896 in MALURILE abgeschlagen, ganze 3 Tage, um an das nah gelegene Ziel zu kommen? Der Brief nahm nicht den direkten Weg über ein paar weitere kleine Dörfer bis Focsani, sondern, wie die Rückseite dokumentiert, landete der Brief zunächst einen Tag später in MAICANESTI (14. Oktober 1896) und dann am 15. Oktober in der Kreisstadt RAMNICU SARAT. Erst von dort wurde es nach FOCSANI, Hauptstadt des Bezirks VRANCEA befödert, wo der Brief am 16. Oktober 1896 eintrag.

Lt. Google MAPS wurde daraus also anstatt dem direkten Weg von ca. 30 Kilometer ein Postlauf von ca. 100 Kilometer über 3 weitere Poststationen.

Wenn man das mal vergleicht mit den Briefen nach Deutschland, die Heinz 7 uns kürzlich (siehe "Rumänien für Sammler") vorgestellt hat und die sehr sehr viel schneller via Eisenbahn befördert wurden, ist das schon ein gewaltiger Unterschied im Arbeitsablauf.

Liebe Grüße

10Parale


 
Zinnenstadt Am: 11.04.2019 11:26:10 Gelesen: 63670# 162 @  
Vielleicht helfen die nachfolgenden Informationen, um den Stempelort zu lokalisieren und den Postweg des Beleges nachzuvollziehen.

Die Ortschaft "Malurile" gab es 1896 im Kreis Ramnicul Sarat (heutige Schreibweise des nicht mehr existierenden Landkreises); siehe dazu auch die Karte der Kommunikationswege im Kreis Romnicu-Sarat aus dem Jahr 1898. Der Ort liegt am rechten Rand des Kreis nahe des Sees "Balta Leica". Diese Lage entschlüsselt auch die Bezeichnung des Ortes: "Mal" bedeutet auf Rumänisch "Ufer", "Maluri" ist der Plural und "Malurile" bedeutet "die Ufer". Dies hilft eventuell auch als Erklärung der Namensänderung: vom bestimmten zum unbestimmten Plural.



Der Ort war zum Zeitpunkt des Briefversandes nicht an das Kommunikationsnetz des Kreises angebunden. Dies erläutert vermutlich auch die Route über Maicanesti (südlich von Malurile auf der Karte zu finden) und von dort über Ramnicul Sarat nach Focsani.

Interessant ist auch der - neben den Poststempeln - weitere Stempel auf der Rückseite: Es ist vermutlich der Amtsstempel von "Malurile" im Distrikt "Marginea de Jos", Ende des 19. Jahrhunderts einer von sieben Distriktesn des Kreises Ramnicul Sarat. Zu diesem Distrikt gehörte Maluri(le), seinen Vorort hatte er in Maicanesti. "PL." im Stempeltext steht für "plasa", d.h. Distrikt. Absender des Briefes ist daher vermutlich die Verwaltung von Malurile, Empfänger eine kirchliche Institution in Focsani.

Besten Gruß,
Zinnenstadt
 
10Parale Am: 12.04.2019 10:56:54 Gelesen: 63554# 163 @  
@ Zinnenstadt [#162]

Ich bin zutiefst beeindruckt ob solch einer ins Detail reichenden Hintergrundinformation. Vielen Dank.

Der Amtsstempel von Malurile beeindruckt mich auch sehr. Wie man sieht, zeigt er mittig das Motiv eines Pferdes. Dies müsste ein Wappenelement der Gemeinde sein.

Ich fand einen weiteren Amtsstempel auf einem Landpostbeleg der Gemeinde "SADOVA" im JUDETUL DOLJIU. Hier sehen wir mittig einen Fisch. Diese Amtsstempel sind alle wohl gleichförmig im Aufbau und es ist sicher ein Anreiz, sie zu suchen.

Oberste Behörde ist "REGATUL ROMANIEI", also das rumänische Königshaus. Dann kommt das JUDETUL DOLJIU, also der Kreis und anschließend der Distrikt "plasa" JIU DE JUS (lesbar).

Gibt es dazu schon bekannte Literatur?

Der Landpostbrief lief übrigens am 25. Juli 1899 von SADOVA über BECHET nach CARACAL, Empfänger war wohl eine juristische Behörde. Ankunft am 27. Juli in CARACAL, schöner Postweg.

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 07.08.2019 23:59:56 Gelesen: 60391# 164 @  
Wir haben hier schon einige Landkarten gezeigt, dies hilft uns, die Postrouten und Transportwege der verschiedenen Zeitepochen besser zu verstehen.

Anbei zeige ich den (teilweise leider etwas unscharfen) scan einer Nachbildung einer Karte von 1829 aus Wien. Das Original der Karte ist im Bundespostmuseum Frankfurt am Main.



Besonders interessant scheinen mir auch die Angaben zu den Entfernungen zu sein. Zwischen Jassy und Bukarest lesen wir z.B. die Zahl 21+29, gemäss Zeichen-Erklärung gilt:

"Die Zahlen bedeuten die summarischen Entfernungen und sind in geographischen Meilen angegeben. (...)"

Eine geographische Meile für Rumänien ist gemäss Wikipedia 7850 Meter (in Rumänien); 50 Meilen wären also ca. 392 Kilometer. Gemäss Viamichelin ist die Distanz 383 Kilometer, liegt also nahe beim soeben ermittelten Wert.

Wir sehen zudem, dass der Weg bis nach Constantinopel von der österreichischen Grenze ein langer war. Umso mehr bewundern wir die Posteinrichtungen, die schon vor rund 200 Jahren bestanden.

Heinz
 

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