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Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
Das Thema hat 969 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 25.07.2018 15:43:34 Gelesen: 269476# 295 @  
Liebe Freunde,

von dieser Art Briefe gab und gibt es nicht viele, so dass man ruhig mal zuschlagen kann, wenn solch eine Besonderheit mal angeboten wird.



Chargébrief aus Ansbach vom 6.9.1856 nach Nürnberg. Für die 39 km reichte eine 3 Kreuzermarke. Diese klebte auch sicher auf dem Brief, den Chargébriefe von Privaten unterlagen dem Frankozwang. Der Mühlradstepel von Ansbach mit der Nr. 12 wurde etwa hälftig auf der Marke und dem Brief abgeschlagen.

Aber dann muss im Laufe des Transports die Marke abgegangen sein. Man erkannte aber, dass der Brief einst frankiert worden war, machte ein # - Zeichen an die Stelle, wo sie einst klebte und ließ es gut sein.

Im bayerischen Amtsdeutsch las sich das aber anders, denn Briefe, bei denen Marken abgefallen waren, sollten als unfrankiert gelten und mit entsprechendem Porto belegt werden.

Dergleichen Briefe kenne ich keine 10 Stück und ich bin sehr froh, mal solch eines zeigen zu können, zumal ich bisher 2 Stück habe, die aber nicht auf recommandirten Briefen belegbar sind.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.07.2018 17:32:32 Gelesen: 269219# 296 @  
Liebe Freunde,

der folgende Brief ist nicht datiert - und braucht es auch nicht zu sein! Dennoch kann man auf den Tag genau alles bestimmen - warum?



Für die Markenfans unter uns: Schaut euch mal die Marke genau an - die Nr. 16 wurde in waagrechten Streifen aus dem Bogen geschnitten und bei Bedarf, ohne Zuhilfenahme einer Schere, einfach 2 Mal senkrecht gerissen. Hier lief das nicht perfekt ab, aber doch recht manierlich.

Um zum 1. Punkt zurück zu kommen - ich kenne bisher genau 3 Briefe mit diesem, der das zeigt, weswegen ich ihn gekauft habe. Mal sehen, wer das Rätsel als erster knackt.

Ein Blick in die Tariflisten ist nicht nur manchmal sehr hilfreich.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.07.2018 23:25:50 Gelesen: 269032# 297 @  
@ bayern klassisch [#296]

Dann löse ich mal:

Abgesandt im Dezember 1867, als Briefe über 1 - 15 Loth noch 6 Kreuzer kosteten, mit 6 Kreuzern korrekt frankiert.

Zurück geschickt im Januar 1868, als die gleichen Briefe 11 Kreuzer Porto kosteten (statt zuvor 12 Kreuzer, wenn sie nicht frankiert wurden).

Am 1.1.1868 gab es die große Gebührenumstellung in Bayern, die dieser Brief sehr schön nachspielt (und dazu mal franko, mal porto, was ihn noch besser macht).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.07.2018 23:32:01 Gelesen: 269030# 298 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief, der unterfrankiert von Nürnberg nach Frankreich lief. Der Absender frankierte nur 12 Kreuzer lila, Nr. 18, in Erwartung, dass der Brief nur bis 10g = einfach schwer sein würde. Aber er war über 10 - 20g schwer und fiel daher in die 2. Gewichtsstufe.



Daher hatte die Aufgabepost den Job, ihn dem Absender zur Auffrankatur der fehlenden 12 Kreuzer zurück zu geben, was man nicht tat, oder ihn als unterfrankiert zu kennzeichnen, was man tat.

In der linken oberen Ecke notierte man zuerst 1p für "premier port" = 1. Gewicht, dann aber "2" und "affri insuf" für "deux ports" = 2. Gewicht und affranchissement insuffisant = Freimachung ungenügend. Der zuerst abgeschlagene P.D. - Stempel war zu streichen, da sonst in Frankreich hätte kein Nachporto erhoben werden dürfen!

Frankobriefe kosteten 12 Kreuzer = 4 Decimes, Portobriefe 50% mehr. Daher rechnete man: 2 mal 18 Kreuzer = 36 Kreuzer, abzüglich des Wertes der Marke = 24 Kreuzer Nachporto. Diese entsprachen 8 Decimes, die auch notiert wurden.

Von Nürnberg ging es am 7.12.1869 über Forbach nach Paris, wo er 2 Tage später einlief.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.08.2018 17:12:24 Gelesen: 268271# 299 @  
Liebe Freunde,

die Überschrift stimmt hier nicht ganz, aber darüber bitte ich heute einmal wegsehen zu wollen.



Im DinA 5 Format findet man nicht jeden Tag etwas aus alter Zeit, zumal die Entwertung am 29.8.1872 in bläulicher Farbe dem Stück ganz gut steht - aber es ist kein Brief, wie man annehmen möchte, sondern es war und ist eine sehr große Schleife für einen heute leider nicht mehr vorhandenen Inhalt, die zusammen als Drucksache in der 3. Gewichtsstufe lagen.

Ab 1.1.1872 galten für Bayern die gleichen Maßgaben, wie für alle anderen ehemaligen Vertragsstaaten auch: Je 40g Gewicht 1 Kreuzer, so dass wir hier ein Stück über 80 bis 120g vor uns haben, das immerhin noch am selben Tag (!) in Lindau im Bodensee ausgetragen werden konnte.

Ich werde noch die einschlägigen Postvorschriften untersuchen, um festzustellen, ob man nicht hätte "Drucksache", oder "Gedrucktes" vermerken sollen, um auf den Charakter der Postendung hinzuweisen. Damals steckte wohl ein Teil des gedruckten Inhalts (Zeitung ?) vorn und hinten heraus, so dass das leicht zu sehen war, aber gerade bei höheren Gewichtsstufen schrieb man das manchmal dazu, um sie von schweren Briefen zu unterscheiden.

Im übrigen ist das hinten ein Lindauer Stempel Type 20b, kein kleiner Einkreiser, wie man ob des außerordentlichen Formats prima vista annehmen könnte!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.08.2018 13:47:05 Gelesen: 267766# 300 @  
Liebe Freunde,

lange habe ich nach einem gesucht - jetzt habe ich einen gefunden, so wie ich ihn haben wollte.

Wir erinnern uns, dass alle Ortsdaten bei den Halbkreisstempeln in der "Kurve", also dem oberen Teil zu stehen hatten. War der Ort kurz, war das kein Problem, war der Ortsnamen lang, rückten die eher dünnen Buchstaben eben etwas näher zusammen.

Aus der Lameng kenne ich nur einen Halbkreisstempel, bei dem das nicht mehr reichte: Schwarzenbach an der Saale.





Heute zeige ich einen sehr leckeren Brief mit einer Nr. 15 vom 7.9.1868 an die Firma Speiser & Haug in Sonthofen im Allgäu, der den Zusatz "A/S" zwischen dem Datum und "URG" zeigt, also hineingemurkst wurde. Diese Winkler Nr. 12a des Halbkreisers kennt Winkler nur 1863 (ich nicht) und 1869 und 1870. Bei einem mittleren Postort ist es sonderbar, dass ein Stempel 1863 zum Einsatz kam, dann aber erst wieder 1868, wie mein Brief beweist, um dann final 1870 abzutreten.

Darf ich die Sammlerfreunde bitten mal nachzuschauen, ob sie weiterführende Daten dieses Halbkreisstempels kennen/haben?

Gerne wüsste ich auch, ob es noch mehr Halbkreiser gibt, bei denen "Vergessenes" innen im Stempel nachgeholt wurde. Viele können es aber wohl nicht sein.

"On top", wie der Italiener sagt, lese ich noch im Inhalt folgendes: " ... die Beilage wollen Sie besorgen ...". Aha, also hat man dem Brief noch einen weiteren für einen Kunden im Raum Kempten beigeschlossen und damit eine Defraudation begangen, oder wie man Postbetrug damals nannte. Dann hätten wir ja schon 2 Contraventionen auf einen Schlag: Die bayerische Post vermurkst einen Dienststempel und ein Absender betrügt die Aufgabepost um 3 Kreuzer.

Liebe Grüsse von bayern klassisch (glücklich heute ob dieses Briefes!)
 
Gernesammler Am: 07.08.2018 19:35:22 Gelesen: 267717# 301 @  
@ bayern klassisch [#300]

Hallo Ralph,

zu dem Stempel Typ 12a von Schwarzenbach an der Saale wird im Sem, Bayern Ortsstempel von 1849-75 hingewiesen dass dieser auf den Marken 8/13, 14/21 und 22/36 abgeschlagen wurde was ja eine Verwendungszeit ab 1862 bis 1875 inne hat.
Der Stempel von Schwarzenbach am Wald welches ja in der Nähe liegt wurde bis 1884 verwendet.

Der Helbig selbst sagt zu diesem Stempel überhaupt keine Daten aus und im Winkler steht die Verwendungszeit von 1863-69/70, vielleicht fehlt bei Deinem Winkler mittlerweile schon der Bindestrich.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 07.08.2018 19:41:59 Gelesen: 267715# 302 @  
@ Gernesammler [#301]

Hallo Rainer,

als Altbayern - Sammler habe ich den Winkler von 1951 (wenn ich mich recht erinnere); vielen Dank für deine Ergänzung meiner Daten; ich nehme auch an, dass der Stempel vielleicht sogar durchgehend von 1863 bis in die 1870er Jahre verwendet wurde, ohne das jetzt (oder jemals?) belegen zu können, denn so häufig ist er doch nicht, wie die Kataloge suggerieren könnten.

Wenn ich wieder einen sehe, melde ich ihn dir. Jede gute Bayernsammlung sollte solch eine Stempelspezialität haben.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 14.08.2018 21:37:17 Gelesen: 267149# 303 @  
Liebe Freunde,

der folgende Brief war von vorn abgebildet - ein Siegel konnte man gerade so erkennen, aber nicht, welches und ein Teil der Rückseite war gar nicht zu sehen.



Sieht man ihn sich so an, schien es ein Privatbrief gewesen zu sein, der mit folgender Anschrift aufgegeben wurde:

Seiner Hochwohlgeboren Herrn
Herrn Erasmus Freiherrn von
Malsen
k: bayer: Kämmerer, Maltheser Ordens-
Ritter, in
Marzoll Marzoll
bey Reichenhall

fr(ey)

Die Postaufgabe erfolgte in Berchtesgaden am 2.8.1847 (Teilinhalt).

Jetzt, da ich ihn vor mir liegen habe, stellt sich heraus, dass die restliche Siegelseite blank ist - dafür ist die Inschrift des Siegels wunderbar schön erhalten und sagt uns folgendes:

Hofmarschall - Amt S(eyner) Maj(estät) D(es) Königs Ludwig V(on) Bayern

Oha, dachte ich mir - vlt. geruhte die Majestät im schönen Reichenhall zur Sommerfrische zu kuren? Leider blieben meine Ergoogleungsversuche unergiebig, denn ich hätte zu gerne gewußt, ob der König damals dort weilte, oder ob es möglich war, dass das Hofmarschallamt auch ohne ihn korrespondierte.

In jedem Fall ein leckeres Stückchen Post- und bayer. Königsgeschichte, die ich so nicht erwartet hätte - und bezahlt hat hier natürlich niemand etwas, weil hier der Franco - Vermerk nur demonstrieren sollte, dass der Brief frei war, ohne dass einer hätte etwas bezahlen müssen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.08.2018 10:59:36 Gelesen: 266856# 304 @  
Liebe Freunde,

heute darf es gleich mal ein doppeltes Lottchen sein, was die Insinuation angeht.







Ad primum: Brief mit 3 Kreuzern frankiert des Landgerichts Türkheim an den Kaufmann Josef Gerhauser in Kaufbeuren. Als Partei - Sache "I. M. Pöppel, Anton" frankiert, zeigt er siegelseitig den Vermerk: "ins(inuirt) am drei und zwanzigsten Dezbr. 1855 - Unterschrift".

Der Inhalt datiert aber nicht auf den 23.12., sondern vom 19.12.1855, was mich doch etwas verwundert. Es ging um rückständige Hypothekenzinsen, die ein Herr Graf dem Herrn Gerhauser schuldete. Der Brief wurde aber wohl vor Postabgang vom Gerichtsboten angeschleppt, denn die Abstempelung erfolgte erst am 24.12.1855, womit auch dem letzten Sammler klar sein muss, dass an allen Sonn- und Feiertagen in Bayern die Post ihre Dienste verrichtete.







Ad secundum: Brief des Stadt- und Landgerichts Erlangen vom 1.7.1870 an den Advocaten Rapp in Bamberg als Partei - Sache portopflichtig und mit 11 Kreuzer Post für den Advocaten ein Fernbrief über 1 - 15 Loth. Innen, wie schon bei dem Brief zuvor, eine 3 Kreuzer Fiskalforderung des Absendergerichts. Siegelseitig lesen wir: "Ins(inurit) der Post am 1. Juli 1870. Wunderlich".

Der Empfänger hat oben rechts im Inhalt die Kosten aufgeschlüsselt: 11x Porto 6x Empfang. Der eigentliche Brief war am 29.6.1870 verfasst worden, die Insiunation kam 2 Tage später.

Wir werden mal genauer darauf zu achten haben, wann Briefe geschrieben und wann sie insinuiert wurden. Dazu käme noch ein Datum für die Postaufgabe.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
t.knörich Am: 18.08.2018 22:22:00 Gelesen: 266741# 305 @  
Altdeutschland Bayern

Guten Abend,

kann mir ev. jemand sagen, ob man das beigefügte Dokument irgendwo im Netz "übersetzt" einsehen kann ?

Ich kann leider nur "Einführung von Francomarken" entziffern.

Vielen Dank und einen schönen Sonntag !
Timm


 
bayern klassisch Am: 20.08.2018 17:30:59 Gelesen: 266683# 306 @  
Liebe Freunde,

1 Kreuzer gelb Ortsbriefe sind langweilig - aber nicht alle.

Hier einer aus München vom 8.2.1867 an "Seine Wohlgeboren Herrn Dr. Leonhard Kickinger, k. pensionirter Regimentsarzt in München Gabelsbergerstr. No. 6 / 2".



Es fällt mir schwer, eine präzisere Anschrift auf irgendeinem meiner Briefe zu finden, als diese, die alles aufwies, was man sich denken konnte:

Titel, Vorname, Nachname, Stand (Beruf bzw. ehemaliger Beruf), Straße mit Angabe der Hausnummer und des Stocks und den Ort.

Dennoch gelang zu Zustellung zuerst nicht - man gab den Brief dem Briefträger Nr. 46 in München, der ihn nicht zustellen konnte und siegelseitig nicht seinen Briefträgerstempel abschlug, sondern manuell "46 - Nullparaphe" anbrachte und ihn seinem Oberbriefträger zurück gab. Der entwertete die 46 nicht, weil nicht gestempelt, nicht mit seinem roten Oberbriefträgerstempel, sondern gab ihn dem Briefträger Nr. 47 weiter, der ihn offensichtlich auch nicht zustellen konnte.

Auf der Adresse strich man zuerst München, um es dann wieder zu vermerken und fügte "vertatur" = hinten dazu. Das Glück für den Absender war, dass er eine Siegeloblate aufgeklebt hatte: Advokat Dr. Hühnle München. Jetzt war der Brief dem Absender zurück zu geben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bignell Am: 21.08.2018 17:27:37 Gelesen: 266618# 307 @  
@ bayern klassisch [#306]

Hallo Ralph,

München durch München zu ersetzen ist schon klasse, den hätte ich gern mit Wien statt Wien ;)

Aber woran erkennst Du dass Briefträger 47 ihn nicht zustellen konnte und der Brief wieder zurückgeschickt wurde?

Lg, harald
 
briefmarkenwirbler24 Am: 21.08.2018 17:53:45 Gelesen: 266611# 308 @  
@ bignell [#307]

Hallo Harald,

vielleicht weil siegelseitig kein Ankunftsstempel abgeschlagen wurde bzw. nichts darauf hindeutet, dass der Brief zugestellt werden konnte?

But just a guess.

Liebe Grüße

Kevin
 
bayern klassisch Am: 21.08.2018 17:55:54 Gelesen: 266609# 309 @  
@ bignell [#307]

Hallo Harald,

ich mache das daran fest, dass man vorne "München" gestrichen und wieder notiert hatte. Ein Beweis ist es nicht, aber ich stelle es mir so vor.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 23.08.2018 19:24:00 Gelesen: 266502# 310 @  
Liebe Freunde,

ein Brief, der in mehrere Sammlungen passt, ist immer eine Überlegung (zum Kauf) wert. Diese gekauft zu haben bereue ich keine Sekunde.



In Tegernsee am 23.8.1874 als H.D.S. = Herrschaftliche Dienst Sache portofrei aufgegeben, fällt er in meine Mini - Sammlung der persönlichen Postportofreiheiten. Schön!

Adresse: An das Hochwürdige k(öniglich) b(bayerische) prot(estantische) Pfarramt (in) Birk. Über München (23.8.) lief unser Brief nach Birk bei Seybottenreuth, wo er am Folgetag ankam. Der Brief wurde vom Landbriefträger (Landbriefträger - Mini - Sammlung) an den Pfarrer von Birk bei Seybottenreuth ausgehändigt, der ihn öffnete und las.

Siegelseitig sehen wir, dass er nicht gemeint war, denn man notierte: Wurde vom Pfarrer in Birk bei Seybottenreuth geöffnet, gehört aber nach Birk bei Weißenstadt; daher amtlich versiegelt: Kgl. Postexpedition Seybottenreuth, Unterschrift.

Die beiden dunkelroten Dienstsiegel der Postexpedition verschlossen den Brief wieder und man sandte ihn nach Birk bei Weißenstadt, wo er via 25.8. (Markt Schorgast) kurze Zeit später ankam.

Die Adresse musste natürlich auch geändert werden und man ergänzte "Weißenstadt" und unterstrich es blau (fast hätte man es durchgestrichen). Der Pfarrer dort dürfte sich gewundert haben, solch einen Brief ausgehändigt zu bekommen und immerhin war jetzt der 2. Landbriefträger involviert worden (immer noch die Landbriefträger - Mini - Sammlung).

Wegen seiner Weiterleitung passt er auch in die Hin- her und zurück - Mini - Sammlung, so dass ich bald zwei Kopien vorn/hinten anfertigen darf, damit er überall, wo er Sinn macht, vertreten ist.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.08.2018 07:53:10 Gelesen: 265996# 311 @  
Liebe Freunde der gepflegten Bayernphilatelie,

in diesem und anderen Threads spielen die Öffnungszeiten bei der bayerischen Post oftmals eine große Rolle und viele Sammler verstehen davon recht wenig bis gar nichts, wodurch die Interpretation ihrer Briefe gerne Schwierigkeiten bereitet.

Ich versuche hier mal, ohne auf eine konkretes Beispiel eingehen zu wollen, eine Erklärung, wer, wann, wo Poststücke aufgeben konnte.

Für die gesamte Kreuzerzeit galt folgendes:

Alle Hauptexpeditionen am Sitz der Bezirksämter = Hauptbriefpostexpeditionen, Hauptfahrpostexpeditionen und Hauptzeitungsexpeditionen hatten die Schalter von 8.00 bis 20.00 Uhr permanent geöffnet. Es gab keine Mittagspause!

Alle Postämter und Postverwaltungen waren von 8.00 bis 12.00 Uhr und dann wieder von 14.00 bis 19.00 Uhr geöffnet.

Alle Postexpeditonen (die Masse der Poststellen) waren von 8.00 bis 12.00 Uhr und dann wieder von 14.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.

An Sonn- und Feiertagen waren diese Öffnungszeiten reduziert, jedoch hatte auch die kleinste Postexpedition an allen Tagen von Weihnachten, Ostern, Pfingsten und dem Neujahr geöffnet!

Gewöhnliche Poststücke konnten noch bis 1/2 Stunde vor Postabgang bzw. Schalterschluß aufgegeben werden, Poststücke mit Sonderdiensten wie Einschreiben, Wertbriefe, Nachnahmen usw. mussten zwingend 1 Stunde vor Postabgang bzw. Schalterschluß aufgegeben werden.

Hierbei war zu beachten, dass die Pausenzeiten auch verkürzt (nicht verlängert!) werden konnten, wenn es der Dienstbetrieb sinnvoll erscheinen ließ.

Davon völlig getrennt zu sehen sind die Dienstzeiten des Personals bei der Post - diese konnten zu jeder von der Postverwaltung gewünschten Zeit notwendig sein, also auch Nacht- und Wochenenddienste beinhalten.

Beispiel: Wenn eine Kutsche oder ein Zug um 23.00 Uhr bei einer Poststelle mit Poststücken vorfuhr, musste sichergestellt sein, dass mindestens ein Packer und eine Aufsichtsperson anwesend war, der die Poststücke vom Zug in die Poststelle transportierten, um sie dort evtl. weiter zu bearbeiten. Auch dies galt für sämmtliche Sonn- und Feiertage.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.08.2018 09:14:02 Gelesen: 265983# 312 @  
Liebe Freunde,

ein besonders bezeichnendes Beispiel, wie die sog. Briefestempler bei den großen Poststellen ökonomisierend arbeiteten, zeigt dieser Brief vom 30.5.1873 von Nürnberg nach Raab (Györ).



Um die zahllosen Briefe schnell abstempeln zu können, legte er sie sich so zurecht, dass man die Frankatur sehen und entwerten konnte und auch Platz für den Abschlag des Aufgabestempels blieb.

Legte man nun die Kuverts, die ja i. d. R. Einzelfrankaturen aufwiesen, so schräg überlappend auf seinen Arbeitstisch, so kann man sicher 50 - 60% des Platzes, den man brauchen würde, täte man dies nicht, einsparen, bzw. doppelt so viele Briefe vor sich legen, um sie abzustempeln.

Am unteren Abschlag des Einkreisstempels kann man schön sehen, dass dieser für eine Marke auf einem anderen Brief gedacht war, denn bei diesem Brief waren ja schon Marke und Briefpapier selbst gestempelt worden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 03.09.2018 12:05:52 Gelesen: 264420# 313 @  
Liebe Freunde,

wer noch eine superschlaue Idee für eine erstklassige 1-Rahmen-Sammlung braucht, darf sich an dieser einen Vorschrift ergötzen, die sicher auch vice versa taugt und an geeigneten Briefen mangelt es sicher nicht.



Nur eine Vorschrift, aber eine hochinteressante und einen besseren Thread habe ich nicht gefunden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2018 11:44:32 Gelesen: 264319# 314 @  
Liebe Freunde,

wie der Guru der bayerischen Stempelkunde, unser lieber und allseits geschätzter 1. Vorsitzender der ARGE Bayern klassisch e. V. Peter Zollner, in seinen überaus lesenswerten Ausführungen stets so schön schreibt, war die Entwicklung der Stempel in Bayern geprägt vom Willen zum dokumentarischen Stempel. Was hat man nicht alles unternommen, um diesem gerecht zu werden.



Dem gegenüber sehen wir hier die schnöde Praxis im dunklen Abteil eines Bahnpostwagens in Landshut am 14.12.1866 bei einem Brief nach Nürnberg. Die Marke sollte mit dem offenen B.P. - Stempel entwertet werden, was hier unterblieb.

Die Aufgabe mit dem Aufgabeort im Sehnenkasten des Bahnpost - Halbkreisstempels sollte dokumentieren, wo die Auflieferung erfolgte (hier: Direkt im Zug durch Einwurf in den Briefschlitz des Bahnpostwagens).

Darüber hinaus war der Tag, der Monat und die Linie so einzustellen, dass sie im Abschlag gut gesehen werden konnten.

Nichts von alledem erfolgte bzw. klappte hier - so wird der Brief Eingang in meine Contraventions - Sammlung finden und auf einer Seite mit einem perfekten Bahnpostbrief zeigen, wie es damals ging und gehen konnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2018 11:50:56 Gelesen: 264316# 315 @  
Liebe Freunde,



nach langer Zeit kann ich endlich wieder einen 7A - Stempel zeigen: Brief aus München vom 13.6.1863 nach Trostberg, der in Traunstein als Transitstempel am Folgetag mit dem dortigen 7A - Stempel bedruckt wurde, ehe er in Trostberg einlangte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2018 11:54:38 Gelesen: 264315# 316 @  
Liebe Freunde,

bei diesem Brief schwanke ich noch zwischen Platte 5 und 6, tendiere aber doch zur 5, auch weil das Datum hier, der 27.3.1862, ein paar Tage vor dem frühesten einer 6. Platte liegt (liege ich da noch richtig?).



Trotzdem ein netter Brief, wie ich finde, der nach Ullersrieth in den Landpostbezirk von Weiden lief.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2018 12:19:08 Gelesen: 264312# 317 @  
Liebe Freunde,

was tat ein Postler, hier einer der Briefestempler in München, wenn er nicht sicher war, ob er einen Stempel schon auf die aktuelle Stunde umgestellt hatte, oder nicht?



Richtig - er stempelte bei einem Brief hinten, um zu sehen, ob es noch stimmte, was er da eingestellt hatte.

Hier zeigt ein Brief aus München vom 15.3.1857, dass man sicherheitshalber hinten am Nachmittag mit römischer II abstempelte, dann den Stempel auf III = 15.00 Uhr vorstellte und vorne als Aufgabe frisch ins Stempelkissen getaucht, einsetzte.

Dergleichen ist kaum einmal zu beobachten und er passt dadurch perfekt zu meinen Briefen, die dokumentieren, dass nicht jeder Fehler bei der Stempeleinstellung vermeiden konnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2018 12:55:14 Gelesen: 264305# 318 @  
Liebe Freunde,

bei der Porto Nr. 1 finden wir, im Gegensatz zu den Nrn. 2 und 3, die ja fast zeitgleich bis zum Ende der Kreuzerzeit miteinander verwendet wurden, hin und wieder Belege und Marken, die allein mit einem Federzug entwertet wurden.



Zwar war die Entwertung dieser Portomarke nicht expressis verbis vorgeschrieben, aber das war die Entwertung anderer Bayernmarken auch nicht, wenn diese erschienen, so dass doch viele mit Mühlrad- und Ortsstempels annulliert wurden.

Meiner Meinung nach sind Belege mit attraktivem Federzug gar nicht so häufig, wie uns die Katalognotierung Glauben machen will, steht da doch ein Brief mit gestempelter Marke mit 1.100 Euro im eher hochpreisige Segment, während der gleiche Brief mit einer federzugentwerteten Marke lediglich bei 400 Euro angesiedelt ist.

Eine Parteisache aus Kemnach vom 25.5.1870 des Bezirksamtes Kemnath an die Gemeindeverwaltung Kaibitz, ca. 2 km von Kemnatz entfernt, zeigt eine nette Tintenentwertung "Mit 1 Beilage", war also über 1 - 15 Loth schwer.

Bei Parteisachen galt, im Gegensatz zu Briefen der Privaten, der günstigere Frankosatz, zu dem kein Strafporto dazu kam. So kosteten Portobriefe bis 1 Loth in Parteisachen nur 1 Kreuzer, solcher der Privaten aber 3 Kreuzer. Bei höherem Gewicht als Parteisache 2 Kreuzer, bei Privaten 6 Kreuzer!

Leider hatte die bayerische Post diese moderaten Gebühren nicht in 1 Kreuzer Portomarken ummünzen können, so dass schwere Parteisachen aus Gründen der Nominale bis zum März 1871 immer mit einem Kreuzer zuviel = 3 Kreuzer beklebt werden mussten. Erst mit dem 1.4.1871 trug man diesem Umstand Rechnung und emittierte endlich die passende 1 Kreuzermarke, die Nr. 2.

Dazu machte man oft Fehler bei der Taxierung und Behandlung von Parteisachen und klebte sogar hin und wieder Portomarken zu 6 Kreuzern auf die Briefe, was es bei der Briefpost so gar nicht geben konnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.09.2018 10:41:16 Gelesen: 264191# 319 @  
Liebe Freunde,

zu den liebenswerten, kleinen Besonderheiten der facettenreichen Postgeschichte Regensburgs zählen Chargébriefe der 2. Verteilung der Mühlradstempel. Regensburg hatte den geschlossenen 418 zwar von Geiselhöring am 1.12.1856 übernommen, jedoch auch gleichzeitig bereits den offenen 418 von der Regie- und Materialverwaltung Münchens mitgeschickt bekommen. 2 Mühlradstempel braucht kein Mensch, könnte man jetzt denken, doch das wäre vorschnell geurteilt, da Regensburg doch einen erheblichen Arbeitsanfall hatte.



So gab man den alten, geschlossenen 418 an den Chargéschalter und überließ die Normalpost dem offenen 418, weswegen letzter auch absolute Massenware ist, ersterer aber eben nur auf recommandirten Briefen auftaucht.

Hier zeige ich einen 3 Kreuzerbrief an das Bezirksgericht Freising vom 20.12.1863, der unter der Reco-Nr. 675 abgefertigt wurde. Schön auch der rote Versalien - CHARGÉ - Stempel, wie es ab 1.1.1861 die Vorschrift war.

Ich denke, dass er auch gut unter "Schöne Bayernbriefe" gepasst hätte. :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 

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